Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Bernhard Gunther 01 - Feuer in Berlin

Bernhard Gunther 01 - Feuer in Berlin

Titel: Bernhard Gunther 01 - Feuer in Berlin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Philip Kerr
Vom Netzwerk:
treffe zu.
    «In der ersten Zeit, als ich dort arbeitete, waren sie sehr verliebt», sagte sie. «Aber bald darauf verlor sie ihre Arbeit als Lehrerin. Das machte sie ganz fertig. Und es dauerte nicht lange, und sie stritten sich. Nicht, daß er oft dagewesen wäre, wenn ich im Haus war. Aber wenn er da war, stritten sie sich meistens, und damit meine ich keine Kabbeleien wie bei den meisten Ehepaaren. Nein, sie hatten laute, zornige Auseinandersetzungen, beinahe so, als haßten sie sich, und ein paarmal fand ich sie danach weinend in ihrem Zimmer. Also, ich weiß wirklich nicht, worüber sie hätten unglücklich sein sollen. Sie hatten ein hübsches Heim - es war ein Vergnügen, dort zu putzen, ehrlich. Denken Sie nicht, daß sie protzig waren. Ich habe nie gesehen, daß sie Geld für überflüssiges Zeug ausgab. Sie hatte 'ne Menge hübscher Kleider, aber nichts Ausgefallenes.»

    « Und Schmuck? »
    «Ich glaube, sie hatte ein bißchen Schmuck, aber ich kann mich nicht erinnern, daß sie ihn getragen hätte; aber ich war ja auch nur tagsüber dort. Andererseits passierte es mal, daß ich seine Jacke weghängte und ein Paar Ohrringe auf den Boden fielen, und die gehörten nicht zu der Art von Ohrringen, die sie getragen haben würde.»
    «Wie meinen Sie das? »
    «Diese waren für durchstochene Ohren, und Frau Pfarr trug nur Clips. Also dachte ich mir meinen Teil, aber ich sagte nichts. Es ging mich nichts an, was er trieb. Doch ich schätze, daß sie einen Verdacht hatte. Sie war nicht auf den Kopf gefallen. Im Gegenteil. Ich glaube, das war der Grund, warum sie soviel trank.»
    « Trank sie? » «Wie ein Loch.»
    «Was war mit ihm? Er arbeitete im Innenministerium, nicht wahr? »
    Sie zuckte die Achseln. «Es war irgendein Amt bei der Regierung, aber ich könnte nicht sagen, wie es hieß. Er hatte was mit der Justiz zu tun - in seinem Arbeitszimmer hatte er eine Urkunde an der Wand. Egal, über seine Arbeit verlor er kaum ein Wort. Und er achtete sehr darauf, keine Papiere rumliegen zu lassen, die ich vielleicht sehen konnte. Nicht, daß ich sie gelesen hätte, bewahre. Aber er ließ es nicht drauf ankommen.»
    «Arbeitete er viel zu Hause?»
    «Manchmal. Und ich weiß, er verbrachte viel Zeit in dem großen Bürogebäude am Bülowplatz - Sie wissen, früher war es das Hauptquartier der Bolschewiken.»
    «Sie meinen das Haus der Deutschen Arbeitsfront? Aus dem sie die Roten rausgeschmissen haben? »
    «Richtig. Hin und wieder nahm mich Herr Pfarr im Wagen mit. Meine Schwester wohnt in der Brunnenstraße, und normalerweise steige ich nach der Arbeit in die Linie 99 am Rosenthaler Platz. Ab und zu war Herr Pfarr so freundlich, mich bis zum Bülowplatz mitzunehmen, wo ich ihn in das Arbeitsfront-Gebäude gehen sah.»
    «Wann haben Sie sie zuletzt gesehen? »
    «Gestern vor zwei Wochen. Ich hatte Ferien, wissen Sie.
    Eine Kraft-durch-Freude-Reise nach Rügen. Ich sah sie, aber ihn nicht.»
    «Was machte sie für einen Eindruck? »
    «Sie schien glücklich über eine Abwechslung. Nicht nur das, außerdem hatte sie kein Glas in der Hand, als sie mit mir sprach. Sie erzählte mir, sie wolle eine kleine Kur machen. Das tat sie oft. Ich denke, sie machte eine Entziehung.»
    «Verstehe. Und als Sie an diesem Morgen in die Ferdinandstraße gingen, schauten Sie beim Schneider vorbei, ist das richtig, Frau Schmidt?»
    «Ja, das ist richtig. Ich machte für Herrn Pfarr öfter kleine Besorgungen. Er war gewöhnlich zu beschäftigt, in die Geschäfte zu gehen, also ließ er mich gegen Bezahlung Sachen für ihn abholen. Bevor ich in Urlaub ging, fand ich eine Nachricht. Er bat mich, seinen Anzug beim Schneider abzugeben. Man wüßte dort schon Bescheid.»
    «Seinen Anzug, sagen Sie.»
    «Nun, ja, glaube ich.» Ich hob die Schachtel auf. «Was dagegen, wenn ich mal nachsehe? » «Warum nicht? Er ist ja schließlich tot, oder?»
    Kurz bevor ich den Deckel hochhob, hatte ich eine ziemlich sichere Vorahnung, was ich finden würde. Ich lag nicht falsch. Das war unverkennbar das Mitternachtsschwarz, das von den alten Elite-Kavallerieregimentern der Kaiserlichen Armee herstammte, der wagnerianische Doppelblitz auf dem rechten Kragenspiegel und der römische Adler und das Hakenkreuz auf dem linken Ärmel. Die drei Sterne auf dem linken Kragenspiegel wiesen den Träger der Uniform als Hauptmann oder als Inhaber des Phantasieranges aus, den ein Hauptmann in der ss bekleidete. An den rechten Ärmel war ein Stück Papier geheftet. Es war

Weitere Kostenlose Bücher