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Bernhard Gunther 01 - Feuer in Berlin

Bernhard Gunther 01 - Feuer in Berlin

Titel: Bernhard Gunther 01 - Feuer in Berlin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Philip Kerr
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die Achseln. Aber er hatte recht. Als ich Gormann schnappte, war ich eine Zeitlang berühmt. Damals war ich ein guter Bulle.
    Der junge Polizeianwärter nahm seinen Tschako ab und kratzte sich seinen Quadratschädel. «Ja, ja», sagte er; und dann: «Ich werde zur Kripo gehen. Das heißt, wenn sie mich haben wollen.»
    «Sie scheinen ein helles Köpfchen zu sein. Sie sollten es einfach tun.»
    «Danke», sagte er. «He, wie wär's mit einem Tip? »
    Ich zuckte die Achseln. «Versuchen Sie's mit Scharhorn um drei in Hoppegarten. Verdammt, ich weiß es nicht. Wie ist Ihr Name, junger Mann?»
    « Eckhart », sagte er. «Wilhelm Eckhart. »
    «Also, Wilhelm, erzählen Sie mir mal was über den Brand. Zuerst: Wer ist der Pathologe bei diesem Fall?» «Irgendein Bursche vom Alex. Ich glaube, er hieß Upmann oder Illmann.»
    « Ein alter Mann mit einem kleinen Kinnbart und randloser Brille? » Er nickte. «Das ist Illmann. Wann war er hier? »
    «Vorgestern. Er und Kommissar Jost.»
    «Jost? Gar nicht seine Art, sich die Flossen schmutzig zu machen. Ich hätte gedacht, es wäre mehr nötig als bloß der Mord an einer Millionärstochter, daß er seinen netten Arsch hochkriegt.» Ich warf meine Zigarette weg, aber nicht in Richtung auf das ausgebrannte Haus: Man mußte das Schicksal ja nicht herausfordern.
    « Ich hörte, es soll Brandstiftung gewesen sein », sagte ich.
    « Stimmt das, Wilhe1m ? »
    «Riechen Sie doch mal», sagte er.
    Ich atmete tief ein und schüttelte den Kopf. «Riechen Sie das Benzin nicht? »
    « Nein. In Berlin stinkt es immer so.»
    «Vielleicht weil ich hier schon so lange stehe. Nun, man hat im Garten einen Benzinkanister gefunden, also denke ich, daß alles dafür spricht.»
    «Hören Sie, Wilhe1m, hätten Sie etwas dagegen, wenn ich mich bloß mal schnell umsehe? Das würde mir ersparen, viele Formulare auszufüllen. Früher oder später werden Sie mich sowieso einen Blick ins Haus werfen lassen.»
    «Gehen Sie nur rein, Herr Gunther», sagte er und öffnete das Haupttor. «Gibt ohnehin nicht viel zu sehen. Sie haben säckeweise Zeug mitgenommen. Ich zweifle, daß es etwas gibt, das für Sie interessant sein könnte. Ich weiß beim besten Willen nicht, warum ich noch hier bin.»
    « Ich schätze, für den Fall, daß der Mörder an den Schauplatz des Verbrechens zurückkehrt», sagte ich aufreizend.
    «Mein Gott, halten Sie das für möglich?» keuchte der Junge. Ich schürzte die Lippen. «Wer weiß?» sagte ich, obwohl ich persönlich von einem solchen Fall nie gehört hatte. «Ich werde mich jedenfalls mal umsehen. Vielen Dank, ich weiß das zu schätzen.»
    « Keine Ursache.»
    Er hatte recht. Es gab nicht viel zu sehen. Der Mann mit den Streichhölzern hatte gute Arbeit geleistet. Ich sah an der Vordertür nach, doch dort lag so viel Schutt, daß ich nicht wußte, wo ich hintreten sollte. Seitlich fand ich ein Fenster, das zu einem anderen Zimmer gehörte, das besser begehbar zu sein schien. Ich kletterte hinein, weil ich hoffte, wenigstens den Safe zu finden. Es war nicht so, daß meine Anwesenheit hier nötig war. Ich wollte mir bloß eine Vorstellung vom Tatort machen. Ich kann so besser arbeiten: Ich brauche ein Bilderbuch im Kopf. Darum war ich nicht allzu enttäuscht, als ich feststellte, daß die Polizei den Safe bereits weggeschafft hatte. Nur noch eine gähnende Öffnung in der Mauer war zurückgeblieben. Ich habe ja immer noch Illmann, sagte ich mir.
    Als ich zum Tor zurückkam, stieß ich auf Wilhe1m, der eine alte, etwa sechzigjährige Frau tröstete, deren Gesicht tränenüberströmt war.
    «Die Putzfrau », erklärte er. «Sie ist gerade eben aufgetaucht. Offenbar ist sie in Urlaub gewesen und hat nichts von dem Feuer erfahren. Die arme alte Seele hat einen Schock.» Er fragte sie, wo sie wohne.
    «Neuenburger Straße », schniefte sie. «Mir geht's wieder gut, danke Ihnen, junger Mann.» Sie zog ein kleines Spitzentaschentuch aus ihrer Manteltasche, das in ihren großen, bäuerlichen Händen so fehl am Platze schien wie ein Häkeldeckchen in denen von Max Schmeling und für den Zweck, zu dem es bestimmt war, ganz ungeeignet: Sie schneuzte sich die schrumpelige Nase mit derartiger Heftigkeit und Lautstärke, daß ich versucht war, den Hut auf meinem Kopf festzuhalten. Dann wischte sie sich ihr großes, vierschrötiges Gesicht mit dem durchweichten Tuch ab. Da ich mir von ihr ein paar Informationen über den Pfarrschen Haushalt erhoffte, bot ich der alten Schachtel an, sie mit

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