Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Bernhard Gunther 03 - Alte Freunde neue Feinde

Bernhard Gunther 03 - Alte Freunde neue Feinde

Titel: Bernhard Gunther 03 - Alte Freunde neue Feinde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Philip Kerr
Vom Netzwerk:
an der Cornell-Universität. Während des Krieges hatte er einen untergeordneten Posten beim Geheimdienst, und nach dem Krieg arbeitete er als Entnazi fizierungsoffizier. Er war ein kluges Kerlchen, hatte bald ein eigenes kleines Geschäft aufgezogen und verkaufte Persil scheine an Alte Kameraden. Dann kam er zum CIC, arbeitete im Innendienst und als Crowcass-Verbindungsoffizier im Berliner Document Center. Natürlich hielt er seine alten Schwarzmarkt-Kontakte aufrecht, und zu dieser Zeit war er uns in der Org als jemand bekannt geworden, der unserer Sa che Verständnis entgegenbrachte. Wir nahmen in Berlin mit ihm Kontakt auf und boten ihm eine Geldsumme, wenn er uns von Zeit zu Zeit einen kleinen Dienst erweisen würde.
    Erinnern Sie sich, daß ich Ihnen davon erzählte, wie einige von uns ihren Tod fälschten und sich neue Identitäten zuleg ten? Also, das war Albers - der Max Abs, an dem Sie inter essiert waren. Es war seine Idee. Aber die grundlegende Schwäche einer neuen Identität, vor allem, wenn sie so rasch hergestellt werden muß, besteht natürlich darin, daß ihr eine Vergangenheit fehlt. Bedenken Sie, Berni. Weltkrieg, jeder diensttaugliche Deutsche zwischen zwölf und fünfundsech zig stand unter Waffen, und für mich, Alfred Nolde, gab es keine Unterlagen über seinen Wehrdienst. Wo war ich? Was machte ich? Wir hielten uns für sehr schlau, als wir unsere wirklichen Identitäten vernichteten und die Akten den Amis in die Hände fallen ließen, aber statt dessen beschwor das bloß neue Fragen herauf. Wir hatten keine Ahnung, daß sich das Document Center als so umfassend erweisen würde. Es hat so erfolgreich gearbeitet, daß es möglich wurde, jede Antwort, die ein Mann auf seinem Entnazifizierungs-Frage bogen gab, nachzuprüfen.
    Viele von uns arbeiteten zum damaligen Zeitpunkt für die Amerikaner. Heute paßt es ihnen natürlich in den Kram, in bezug auf die Vergangenheiten unserer Org-Mitglieder ein Auge zuzudrücken. Aber was wird morgen sein? Politiker pflegen ihre Politik zu ändern. Im Augenblick sind wir

    Freunde im Kampf gegen den Kommunismus. Aber wird das auch noch in fünf oder zehn Jahren so sein?
    Also präsentierte Albers einen neuen Plan. Er fabrizierte für die neuen Identitäten unserer ranghöheren Leute neue Vergangenheiten, natürlich auch für sich selber. Danach hat ten wir alle kleinere, weniger tadelnswerte Pöstchen in der SS und der Abwehr innegehabt, als es in Wirklichkeit der Fall gewesen war. Als Alfred Nolde war ich Oberscharführer in der SS-Personalabteilung. Meine Akte enthält alle meine per sönlichen Daten: sogar die über meine Zähne. Im Krieg ver hielt ich mich unauffällig und ziemlich untadelig. Zugege ben, ich war ein Nazi, aber nie ein Kriegsverbrecher. Das war jemand anderer. Die Tatsache, daß ich zufällig jemandem na mens Arthur Nebe ähnele, spielt keine Rolle.
    Jedoch im Document Center wird Sicherheit großge schrieben. Es ist unmöglich, Unterlagen herauszuschmug geln. Aber es ist vergleichsweise einfach, Unterlagen rein zuschaffen. Niemand wird durchsucht, wenn er das Center betritt, nur wenn er es verläßt. Das war Lindens Aufgabe. Einmal im Monat brachte Becker neue Akten, gefälscht von Albers, nach Berlin. Und Linden legte sie im Archiv ab. Das war natürlich, bevor wir von Beckers russischen Freunden Wind bekamen.»
    «Warum wurden die Fälschungen hier angefertigt und nicht in Berlin?» fragte ich. «Auf diese Weise hätten Sie kei nen Kurier nötig gehabt.»
    «Weil sich Albers weigerte, in die Nähe Berlins zu ziehen.
    Es gefiel ihm hier in Wien, nicht zuletzt deshalb, weil Öster reich das ideale Sprungbrett ist, wenn man verduften will. Es ist leicht, über die Grenze zu gelangen, nach Italien, dann in den Mittleren Osten, Südamerika. Viele von uns sind in den Süden gezogen. Wie Vögel im Winter, verstehen Sie?»
    «Was ging also schief? »
    «Linden wurde habgierig, das war's, was schiefging. Er wußte, daß das Material, das er bekam, gefälscht war, aber er konnte nicht kapieren, welche Bedeutung es hatte. Ich glaube, anfangs war es bloße Neugier. Er fing an, das Zeug, das wir ihm gaben, zu fotografieren. Und dann nahm er die Dienste eines jüdischen Ehepaars in Anspruch - Nazijäger -, um festzustellen, welcher Art diese neuen Akten, wer diese Männer waren.»
    « Die Drexlers.»
    « Sie arbeiteten mit der Kommission der Armee zur Unter suchung von Kriegsverbrechen zusammen. Vermutlich hat ten die Drexlers keine Ahnung, daß

Weitere Kostenlose Bücher