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Bernhard Gunther 03 - Alte Freunde neue Feinde

Bernhard Gunther 03 - Alte Freunde neue Feinde

Titel: Bernhard Gunther 03 - Alte Freunde neue Feinde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Philip Kerr
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anfangen. Und das können wir kaum schaffen, wenn der Krieg uns wie ein übler Gestank folgt.» Ich wollte noch mehr von ihm erfahren, also stimmte ich zu. Darauf fragte ich nach dem Anderen Ufer.
    «Ist nicht gerade der Ort, wo ich mich von meiner Alten gern erwischen lassen würde. Wird von einer Schwuchtel na mens Kathi Fiege geführt. Es wimmelt dort von solchen Ty pen. Aber es gibt nie irgendwelchen Ärger, abgesehen von einem besoffenen Ami hin und wieder. Und das kann man kaum Ärger nennen. Und wenn es stimmt, was man munkelt, werden wir alle bald Amis sein - zumindest wir alle im ame rikanischen Sektor, oder? »

    Ich dankte ihm und ging zur Tür. « Eine Sache noch, Wachtmeister», sagte ich und drehte mich auf dem Absatz um. « Die Drexlers. Finden die denn mal einen Kriegsverbre cher? »
    Das lange Gesicht des Wachtmeisters nahm einen amüsier ten, verschlagenen Ausdruck an.
    «Nicht, wenn wir's verhindern können.»
    Die Drexlers wohnten nicht weit vom Polizeipräsidium entfernt in einem gerade wiederhergestellten Gebäude nahe der S-Bahn-Linie und gegenüber einer kleinen Schule. Aber niemand öffnete, als ich an die Tür der Wohnung in der ober sten Etage klopfte.
    Ich steckte mir eine Zigarette an, um den durchdringenden Geruch eines Desinfektionsmittels aus der Nase zu vertreiben, der über dem Treppenabsatz hing, und klopfte abermals. Als ich zu Boden blickte, sah ich dicht vor der Tür zwei Zigaret tenkippen liegen, die unerklärlicherweise nicht entfernt wor den waren. Es sah nicht so aus, als wäre in letzter Zeit jemand durch diese Tür gegangen. Als ich mich niederbeugte, um die Kippen aufzuheben, wurde der Geruch noch stärker. Ich ließ mich in den Liegestütz fallen, preßte meine Nase an den Schlitz zwischen Tür und Fußboden und würgte, als die Luft aus dem Inneren der Wohnung in meine Kehle und Lunge drang. Ich rollte mich rasch zur Seite und hustete die Hälfte meiner Eingeweide auf die nach unten führende Treppe.
    Als ich wieder Luft holen konnte, stand ich auf und schüt telte den Kopf. Es schien kaum denkbar, daß jemand in einer solchen Atmosphäre leben konnte. Ich warf einen Blick nach unten ins Treppenhaus. Niemand war zu sehen. Ich wich von der Tür zurück und trat mit meinem gesunden Bein kräftig gegen das Schloß, doch es gab kaum nach. Wieder warf ich einen Blick ins Treppenhaus, um festzustellen, ob der Lärm jemanden aus der Wohnung gelockt hatte. Nachdem ich mich davon überzeugt hatte, daß niemand auf mich auf merksam geworden war, trat ich noch einmal zu.

    Die Tür sprang auf, und ein entsetzlicher, pestilenzartiger Gestank strömte heraus, der so stark war, daß ich einen Augenblick zurücktaumelte und um ein Haar die Treppe hin unterfiel. Ich zog den Aufschlag meines Mantels über Nase und Mund, sprang in die abgedunkelte Wohnung, und als ich den schwachen Umriß eines Vorhangvolants erspähte, zog ich den schweren Samtstoff zur Seite und riß das Fenster auf.
    Kalte Luft fegte die Tränen aus meinen Augen, als ich mich in die frische Luft hinausbeugte. Schulkinder auf dem Nach hauseweg winkten mir zu, und ich winkte schwach zurück.
    Als ich sicher war, daß der Durchzug zwischen Tür und Fenster den Raum gelüftet hatten, schlich ich geduckt im Zimmer umher, ohne zu wissen, was ich suchte. Der Geruch war penetrant. Ich glaubte nicht, daß man beabsichtigt hatte, damit eine Seuche zu bekämpfen, die die Kraft eines bösarti gen Arbeitselefanten hätte haben können. Ich ging zur Vor dertür und bewegte sie in den Angeln hin und her, um frische Luft durchzufächeln, während ich den Tisch, die Stühle, die Bücherschränke, die Aktenschränke, die Stapel von Büchern und Papieren musterte, die den kleinen Raum füllten. Dahin ter war eine offene Tür und das Fußende eines Messingbett gestells zu sehen.
    Mein Fuß stieß gegen etwas, das auf dem Boden lag, als ich dem Schlafzimmer zustrebte. Ein billiges Blechtablett, wie man es in Bars oder Cafes findet.
    Wäre nicht der Blutstau in den bei den Gesichtern gewesen, die Seite an Seite auf ihren Kissen lagen, hätte man denken können, sie schliefen noch. Wenn dein Name auf jemandes Todesliste steht, gibt es schlimmere Arten zu sterben, als durch Ersticken im Schlaf.
    Ich zog die Bettdecke zurück, öffnete Herrn Drexlers Schlafanzugjacke und enthüllte einen stark geschwollenen Bauch, marmoriert von Adern und Bläschen wie ein Stück Gorgonzola. Ich drückte ihn mit dem Mittelfinger ein: Er fühlte sich gespannt

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