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Bernhard Gunther 03 - Alte Freunde neue Feinde

Bernhard Gunther 03 - Alte Freunde neue Feinde

Titel: Bernhard Gunther 03 - Alte Freunde neue Feinde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Philip Kerr
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nach Wien kommen zu lassen. Es ist ja nicht so, als ob es hier keine Pri vatdetektive gebe. Ich nehme oft selber ihre Dienste in An spruch, und sie kennen Wien besser als Sie. Ich hoffe, Sie nehmen mir nicht übel, daß ich das gesagt habe. Ich meine, Sie kennen diese Stadt überhaupt nicht, habe ich recht? »
    «Ich weiß Ihre Offenheit zu schätzen, Dr. Lieb!», entgeg nete ich, obgleich ich sie überhaupt nicht schätzte. «Und Sie haben recht. Ich bin tatsächlich noch nie in Wien gewesen. Also lassen Sie mich genauso offen sprechen. Ich habe fünf undzwanzig Jahre Polizeiarbeit auf dem Buckel, und ich bin nicht sonderlich geneigt, auch nur einen Pifferling dafür zu geben, was Sie denken. Warum Becker mich angeheuert hat und nicht einen hiesigen Schnüffler, ist seine Sache. Die Tat sache, daß er mich großzügig honorieren will, ist meine Sache. Dazwischen ist nichts, weder für Sie noch für einen anderen. Nicht im Augenblick. Wenn Sie vor Gericht gehen, werde ich aufIhrem Schoß sitzen und Ihr Haar kämmen, wenn Sie es wollen. Aber bis dahin lesen Sie Ihre Gesetzbücher, und ich werde mich darum kümmern, was wir tun werden, damit wir den belämmerten Hundesohn freikriegen. »
    «Das reicht», knurrte Liebl, und sein Mund schien sich zu einem Lächeln verziehen zu wollen. «Die Liebe zur Wahrheit steht Ihnen ziemlich gut. Wie die meisten Anwälte habe ich eine verborgene Bewunderung für Leute, die zu glauben

    scheinen, was sie sagen. Ja, ich empfinde große Hochachtung vor der Rechtschaffenheit anderer, wenn auch nur, weil wir Anwälte so durch und durch verschlagen sind.»
    «Ich dachte, Sie hätten sich deutlich genug ausgedrückt.» «Eine bloße Finte, versichere ich Ihnen», sagte er überle gen. Wir ließen mein Gepäck in einer behaglich aussehenden Pension im 8. Bezirk im amerikanischen Sektor und fuhren weiter zu Liebls Kanzlei in der Innenstadt. Wie Berlin war Wien unter den vier Mächten aufgeteilt, von denen jede einen eigenen Sektor kontrollierte. Der einzige Unterschied war, daß Wiens Innenstadt, umgeben von einem weit ge schwungenen Boulevard von Grandhotels und Palästen, dem Ring, der Internationalen Patrouille aller vier Mächte zu gleich unterstand. Ein weiterer Unterschied, der rascher ins Auge fiel, war der Zustand der österreichischen Hauptstadt. Gewiß, die Stadt wies einige Bombenschäden auf, aber im Vergleich zu Berlin sah Wien ordentlicher aus als das Schau fenster eines Bestattungsinstitutes.
    Als wir endlich in Liebls Kanzlei saßen, suchte er Beckers Akte heraus und ging mit mir die Fakten des Falles durch.
    «Was am meisten gegen Becker spricht, ist natürlich die Tatsache, daß er im Besitz der Mordwaffe war», sagte Liebl und reichte mir ein paar Fotos der Waffe, mit der Captain Linden getötet worden war.
    «Walther P 38», sagte ich. «Spezialhandgriff. Im letzten Kriegsjahr habe ich selber so eine benutzt. Sie klappern ein bißchen, aber wenn man den ungewohnt schwergängigen Abzug mal beherrscht, kann man damit ziemlich genau schießen. Obwohl mir der außen liegende Hahn nie gelegen hat. Nein, ich selber ziehe die PPK vor.» Ich gab die Fotos zu rück. «Haben Sie Fotos von der Leiche des Captain? »
    Liebl gab mir mit offensichtlichem Abscheu einen Um schlag. «Schon seltsam, wie sie aussehen, wenn sie wieder zurechtgemacht sind », sagte ich und betrachtete die Fotos. «Man schießt einem Mann mit einer 3 8er ins Gesicht, und er

    sieht nicht schlimmer aus, als hätte er einen Maulwurf aus gebuddelt. Gut aussehender Hurensohn, das muß man ihm lassen. Hat man die Kugel gefunden? »
    «Nächstes Foto.»
    Ich nickte, als ich es fand. Es gehört nicht viel dazu, einen Mann umzubringen, dachte ich.
    «Die Polizei hat außerdem mehrere Stangen Zigaretten in Herrn Beckers Wohnung gefunden», sagte Liebl. «Zigaret ten derselben Marke, wie man sie auch in dem alten Atelier fand, in dem Linden erschossen wurde.»
    Ich zuckte die Achseln. «Er rauchte gern. Ich sehe nicht, was ein paar Schachteln Zigaretten ihm anhaben könnten.»
    «Nein? Dann will ich's Ihnen erklären. Es waren Zigaret ten, die aus der Tabakfabrik in der Thaliastraße gestohlen waren, die ganz in der Nähe des Ateliers liegt. Wer immer die Zigaretten gestohlen hat, er benutzte das Atelier, um sie zu lagern. Als Becker Captain Lindens Leiche fand, riß er sich ein paar Stangen unter den Nagel, bevor er nach Hause gmg.»
    «Typisch Becker, stimmt», seufzte ich. «Er hat schon im mer lange Finger

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