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Bernstein-Connection - Klausner, U: Bernstein-Connection

Bernstein-Connection - Klausner, U: Bernstein-Connection

Titel: Bernstein-Connection - Klausner, U: Bernstein-Connection Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Uwe Klausner
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ihm allerdings jedes Mittel recht: »Doch nicht etwa zwei US-Agenten?«
    Mielke verneinte.
    »Ein Agent und seine Kontaktperson?«
    »Das schon eher.«
    Zaisser schaute auf und warf Mielke einen unwirschen Blick zu.
    »Ein Verräter aus den eigenen Reihen und eine unbekannte Person, vermutlich Amerikaner.«
    Zaisser pfiff überrascht durch die Zähne. »Tatsächlich?«
    »Mit einem Faible für teure Klamotten, Salonlöwe durch und durch.«
    »Und das Prachtexemplar rechts von ihm?«
    »Ist der Dreckskerl, mit dem ich von heute an eine Rechnung offen habe.«
    »Aus den eigenen Reihen, sagen Sie?«
    Mielke nickte, drehte die geöffnete Mappe um und bot sie Zaisser dar. »Bitte.«
    Binnen Sekunden um Jahre gealtert, schob Zaisser das Foto beiseite, nahm das Geheimdossier entgegen und vertiefte sich in ein Schriftstück, auf dem sich die Aufschrift ›streng geheim!‹ befand. Bis er sich wieder gefangen hatte, vergingen mehrere Minuten, und selbst dann kam er aus dem Kopfschütteln nicht mehr heraus. »Rembrandt?«, stieß er plötzlich hervor, nachdem er die Akte zum wiederholten Mal gelesen hatte.
    »Sein Deckname«, erläuterte Mielke, in einem Tonfall, der seine Verachtung überdeutlich werden ließ. »Mit richtigem Namen heißt das Schwein Curt Holländer und stammt aus …«
    »Jahrgang 1914, geboren in Ostpreußen, Abitur, unmittelbar danach Studium der Kunstgeschichte an der Friedrich-Wilhelms-Universität«, rezitierte Zaisser, immer noch nicht ganz bei der Sache.
    »Von daher auch sein Pseudonym.«
    »Wie originell!«, grummelte Zaisser und murmelte: »Mit 22 Eintritt in die SS, Dienst in der SS-Panzer-Division ›Das Reich‹ und kurz vor Kriegsende in der ›Leibstandarte Adolf Hitler‹. Gefangennahme durch die Rote Armee.« Puterrot vor Empörung, klappte der Minister den Aktendeckel zu und funkelte Mielke wutentbrannt an. »Können Sie mir verraten, Sie Experte, wie es sein kann, dass sich ein gestandener Faschist wie dieser … dieser …«
    »Holländer.«
    »Belassen wir es lieber bei seinem Decknamen«, schnaubte Zaisser, warf einen Blick auf das Foto und knurrte: »Und aus welchem Grund ist dieser Rembrandt nicht auf der Stelle exekutiert oder auf Nimmerwiedersehen nach Sibirien deportiert worden?«
    »Spitzeldienste im Kriegsgefangenenlager. Verrat von Fluchtplänen und detaillierte Angaben über die Vita seiner Kameraden. Speziell über diejenigen aus der SS.«
    »Verstehe.« Um einiges nachdenklicher, stützte Zaisser die Ellbogen auf die Schreibtischkante und ließ sein Gesicht hinter den Handflächen verschwinden. »Und in welcher Abteilung treibt sich die Ratte herum?«
    »In der HVA.« [22]
    »Wie praktisch.«
    »Als OibE.«
    »Ganz schöner Flurschaden, Mielke. Und das ausgerechnet jetzt.«
    »Dennoch kein Anlass zum Pessimismus, wenn die Bemerkung gestattet ist.«
    Zaisser hob den Kopf und sah Mielke entgeistert an. »Und worauf – wenn die Bemerkung gestattet ist –«, äffte er seinen Gesprächspartner nach, »gründet sich Ihre Zuversicht?«
    Die Antwort der grauen Eminenz im Ministerium für Staatssicherheit kam prompt. »Darauf, dass Leutnant Lippmann, ein zuverlässiger Kader in Westberlin, ihm seit geraumer Zeit auf den Fersen ist. Übrigens der Mann, der Holländer bei seinem kleinen Plausch im Café Kranzler abgelichtet hat. Unbemerkt, wie ich wohl nicht extra hinzufügen muss.« Ein Lächeln, für seine Verhältnisse fast eine Entgleisung, huschte über Mielkes Gesicht. »Ihre Direktiven, Genosse Minister?«
    »Unauffällige Beschattung«, erwiderte Zaisser, plötzlich wie ausgewechselt. »Zumindest so lange, bis wir wissen, mit wem dieser Holländer in Verbindung steht. Und in welcher Sache. Liquidierung nur bei Fluchtgefahr, ist das klar? Erst die Arbeit, dann das Vergnügen. Mit anderen Worten – sollten wir den Schlamassel, in dem wir stecken, heil überstehen, knöpfe ich mir diesen Holländer vor.« Zaisser setzte eine grimmige Miene auf, noch verbissener, als er ohnehin wirkte. »Höchstpersönlich.«
    »Ihr Wunsch sei mir Befehl, Genosse.«
    »Wenn wir gerade dabei sind – worum hat es sich in dem Gespräch zwischen Rembrandt und diesem Yankee-Fatzke überhaupt gedreht?«
    Fast schon an der Tür, hielt Mielke inne und drehte sich ohne erkennbare Anzeichen von Eile um. »Dem Vernehmen nach um das Bernsteinzimmer«, antwortete er, ein sibyllinisches Lächeln im Gesicht. »Hatte ich das nicht erwähnt?«
     

11
     
    Ostberlin, Bahnhof Friedrichstraße | 22.45 h
     
    Er

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