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Bernstein-Connection - Klausner, U: Bernstein-Connection

Bernstein-Connection - Klausner, U: Bernstein-Connection

Titel: Bernstein-Connection - Klausner, U: Bernstein-Connection Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Uwe Klausner
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Unschuldsmiene auf, und die graubraun schimmernden Augen nahmen einen treudoofen Ausdruck an. »Das sagt gerade der Richtige. Oder wollen Sie etwa behaupten, es habe Sie mal eben so nach drüben verschlagen? Aus Spaß an der Freude und um ein bisschen auf den Putz zu hauen?«
    »Ich zähle jetzt bis drei, Theo. Wenn du bis dahin nicht die Kurve gekratzt hast, kriegst du dermaßen was vor den Latz geknallt, dass du deine Weibergeschichten die nächsten paar Monate vergessen kannst, ist das klar?«
    »Alles, bloß das nicht, Herr Kommissar!«, wehrte Morrell händeringend ab. »Etwas Schlimmeres könnte mir wirklich nicht passieren.«
    »Hast du eigentlich nichts Besseres zu tun, als Fotos von mir zu schießen?«
    »Jetzt kommen Sie schon«, warf der Boulevardreporter besänftigend ein, darauf bedacht, nicht noch mehr Unmut zu erregen. Im Umgang mit Gesetzeshütern war er zwar einiges gewohnt, auf eine Auseinandersetzung mit Sydow, den er sehr schätzte, wollte er es dennoch nicht ankommen lassen. »Sie wissen ebenso gut wie ich, was von einem Angehörigen meiner Zunft erwartet wird.«
    »Und das wäre?«
    »Sensationsmeldungen, Herr Kommissar. Das Volk giert geradezu danach. Traurig, aber wahr. Noch ein paar Fotos wie das von den beiden Steinewerfern, und ich kann vorzeitig in Rente gehen.«
    »Soll das etwa heißen, du …«, begann Sydow, brach jedoch unvermittelt ab, um das Taxi herbeizuwinken, das er auf der gegenüberliegenden Straßenseite erspäht hatte.
    »Das soll heißen, dass ich mein Tagespensum erfüllt habe – genau«, versetzte Morrell mit Blick auf Sydows schmerzverzerrte Miene, als dieser Anstalten machte, in das bereitstehende Taxi zu steigen. »Mehr als erfüllt, um es genau zu sagen.«
    »Wie heißt sie denn?«, hänselte ihn Sydow, begrüßte den Fahrer mit einem Kopfnicken und ließ sich erschöpft auf den Beifahrersitz fallen. »Komm schon, Morrell, mirkannst du es ruhig sagen.«
    Zu seinem Erstaunen reagierte der schöne Theodor nicht so, wie es Sydow erwartet hatte. Der Reporter drehte den Spieß um und fuhr mit dem Zeigefinger genüsslich über den sorgsam zurechtgestutzten Oberlippenbart. »Bei allem Respekt, Herr Kommissar. Heißen wäre vermutlich zutreffender.« Im Mundwinkel des 42-Jährigen, der erheblich jünger wirkte, bildeten sich zarte Grübchen. »Hier, Herr Kommissar – frisch aus der Dunkelkammer«, versetzte Morell und reichte ihm die Schwarz-Weiß-Aufnahme, die er aus seinem Jackett gezogen hatte und auf der zwei Männer in einem amerikanischen Straßenkreuzer abgebildet waren, an Sydow weiter. »Als Wiedergutmachung sozusagen.«
    »Besten …« Einigermaßen verblüfft, brach Sydows Dankesbezeugung jäh ab. Als fürchte er, einer Halluzination zu unterliegen, irrte sein Blick zwischen Morrell und dem Fahrer des Chevrolet hin und her. »Wo hast du denn die Aufnahme her, Theo?«, brach es schließlich aus ihm hervor, was der Angesprochene mit einem amüsierten Stirnrunzeln quittierte.
    »Wusste ich’s doch, dass Sie das interessiert, Herr Kommissar.«
    »Das kannst du aber laut sagen«, erwiderte Sydow mit neu erwachter Energie, steckte das Foto ein und sah Morrell grinsend an. »Einsteigen, aber ein bisschen plötzlich!«

Fünf
     
     
     
    Westberlin
     
    (17.06.1953, am Nachmittag)
     

Schwalbe V
     
     
     
    Berga an der Elster, Thüringen
     
    (10.04.1945)
     
     
     
     
    ››Schwalbe V‹ war der Tarnname für eine der größten unterirdischen Baustellen in Hitlers Reich. Bis zu 1.800 KZ-Häftlinge aus Buchenwald, 800 Kriegsgefangene und 500 deutsche Bergleute gruben unter Aufsicht der ›Organisation Todt‹ eine Produktionsstätte in das Gestein der Hügellandschaft bei Berga, in der Heizöl zu Flugbenzin verarbeitet werden sollte. Kurz vor der Fertigstellung der gigantischen Untergrundraffinerie musste die Baustelle vor den anrückenden US-Truppen geräumt werden. In den folgenden Tagen wurden die Querstollen der Fabrikationsstätte gesprengt. Es war eine Präzisionsarbeit, die den Zugang zur Innenwelt verschloss. Was sollte die mühsame und gefährliche Sprengung für einen Sinn haben? Was mochte sich hinter dem Geröll verbergen? Weder die Amerikaner, die 1945 die Region besetzten, noch die Sowjets, zu deren Besatzungszone sie dann gehörte, hatten das abgeschottete Hydrierwerk jemals systematisch inspiziert. ›Schwalbe V‹ ist bis heute das größte unerforschte Geheimnis unter bundesdeutschem Boden. Alle halsbrecherischen Unternehmungen, in das

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