Bernstein Verschwörung
Sie
trotteten nebeneinander her über den Korridor der
Behörde.
»Hast du doch
gehört«, erwiderte Tom. »Einsatz. Anscheinend
sterben in Wuppertal mehr Leute, als es dem alten Kommissar lieb
ist. Er hat jedenfalls einen ziemlich überarbeiteten Eindruck
auf mich gemacht.«
»Das hängt
mit der Sache im Bunker zusammen«, bemerkte Mehrmann. Er
blieb stehen. Die Hände hatte er in den Hosentaschen
versenkt.
»Wieso?«
Domme wusste nicht, worauf Daniel Mehrmann hinauswollte.
»Man, denk nach:
Ulbricht war plötzlich ziemlich hektisch. Ich glaube aber
nicht, dass es einen neuen Toten in der Stadt gegeben hat,
Tom.«
»Na, was denn
sonst? Das ist doch sein Job.« Thomas Brinks zuckte mit den
Schultern. Er schlug sich die Kapuze seines Pullis über den
Kopf.
»Ja, oder es ist
sein Job, verschwundene Leichen aufzufinden.« Mehrmann
grinste.
»Ich blick das
nicht«, erwiderte Brinks kopfschüttelnd. »Habt ihr
Blindfische denn nicht gesehen, dass Ulbricht im Rausgehen die
Mappe mit dem Fall des Bunkers mit genommen hat? Das würde er
wohl kaum tun, wenn man ihn zu einem neuen Fall
ruft.«
Mehrmanns Freunde
hatten keine Einwände. Sie folgten ihm zum Ausgang des
Präsidiums und konnten gerade noch sehen, wie sich ein ziviler
Einsatzwagen mit quietschenden Reifen über die B 7 in Richtung
Elberfeld entfernte.
11.15 Uhr,
Müllverbrennungsanlage Küllenhahn
Die Kollegen vom
Streifendienst hatten die Anlage großflächig abgesperrt.
Man hatte die Kipphalle sofort geschlossen. Fahrzeuge, die hier
gerade ihren Abfall entladen hatten, wurden festgehalten; neue
Anlieferungsfahrzeuge kamen nicht mehr auf das Gelände. Sie
mussten vor der großen Waage warten, die sich außerhalb
der Müllverbrennungsanlage befand. Es hatte sich bereits ein
langer Stau von orangefarbenen Müllfahrzeugen gebildet, der
die Straße Korzert verstopfte. Schlecht gelaunte
Müllmänner standen beisammen und diskutierten
aufgebracht. Für sie rückte der Feierabend in weite
Ferne. »Die Gerüchteküche brodelt schon«,
kommentierte Heinrichs, der hinter dem Steuer des Dienstwagens
saß und sich durch die Schlange der wartenden Müllautos
kämpfte. »Solange nichts nach draußen dringt, kann
uns das egal sein«, erwiderte Ulbricht. Als er Osterholz, den
Pressefotografen, an der Waage herumlungern sah, verschlechterte
sich seine Laune schlagartig. »Der hört doch den
Polizeifunk ab«, giftete er. Heinrichs ersparte sich eine
Antwort. Ihm genügte es schon, dass man dem Fotografen den
Zutritt zur Anlage verwehrt hatte. Als er die Einfahrt zur Waage
erreicht hatte, sprang ein Mitarbeiter aus dem gläsernen Bau
und hetzte wie von der Tarantel gestochen die Stufen herunter. Er
gestikulierte wild.
Heinrichs ließ
die Seitenscheibe herunter, und Ulbricht beugte sich nach links, wo
der Mitarbeiter, ein untersetzter Mittvierziger mit ergrautem Haar,
sein puterrotes Gesicht ins Wageninnere hielt und gerade zu einer
Schimpfkanonade ansetzte. Doch er verstummte, als Ulbricht ihm den
Dienstausweis vor die Nase hielt. »Nun regen Sie sich mal
nicht künstlich auf«, murmelte der Kommissar und
wunderte sich ein wenig darüber, dass er selbst so ruhig
blieb. »Machen Sie die verdammte Schranke auf, und wir
kümmern uns um Ihren …
Sondermüll.«
Der Mitarbeiter der
Müllverbrennung nickte, schlug die Hacken zusammen und wollte
sich abwenden, doch jetzt war es Heinrichs, der ihn aufhielt, indem
er ihn am Unterarm packte.
»Noch
etwas«, sagte er und deutete mit dem Daumen nach hinten, wo
Osterholz herumstand. »Der darf nicht auf das Gelände,
unter keinen Umständen. Und Sie halten bitte jegliche
Informationen zurück.«
»Jawoll, die
Herren. Aber was ist das für ein Aufwand? Ich weiß von
einer technischen Störung in der Anlage.«
»Das ist auch
gut so«, erwiderte Ulbricht und steckte seinen Dienstausweis
zurück in die Innentasche seines Trenchcoats. »Einen
schönen Tag noch.« Er gab seinem Assistenten ein
Zeichen, und Heinrichs trat das Gaspedal durch, nachdem der
Angestellte wieder in seinem Glashaus verschwunden war und die
Schranke geöffnet hatte. »Wo müssen wir
hin?«, fragte Heinrichs, der sich auf dem
Betriebsgelände der Müllverbrennung nicht auskannte.
Ulbricht tippte darauf, dass er noch nie selber seinen
Müll hierher befördert
hatte.
»Im Zweifelsfall
fahren wir immer dahin, wo die Streifenwagen kreuz und quer
stehen.«
Lange suchen musste
Heinrichs nicht. Die Kollegen hatten sich seitlich von der
großen
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