Bernstein Verschwörung
Händen.
»Wir liefern Johannes Alt nicht ans Messer, wenn wir
über die katastrophale Finanzlage der Stadt berichten.«
Manchmal hasste er die Loyalität von Michael Eckhardt
gegenüber den oberen Zehntausend der Stadt.
»Das haben wir
bereits bei der Vorstellung des Haushaltssicherungskonzeptes zur
Genüge getan«, wetterte Eckhardt und setzte die
Wanderung durch sein Büro fort. Er blieb am Fenster stehen und
blickte auf den Fluss, der jenseits der vierspurig ausgebauten
Friedrich-Engels-Allee gen Westen zog. Das grüne Gerüst
der Schwebebahn spannte sich wie ein riesiger, stählerner
Tausendfüßer über die Wupper. Ohne sich von dem
Anblick abzuwenden, murmelte Michael Eckhardt: »Wir
können unmöglich Benzin ins Feuer gießen.«
Nun drehte er sich zu Stefan um. »Wie stellen Sie sich das
vor?«
»Ich will auch
keine Schlagzeilen um jeden Preis«, beschwichtigte Stefan
ihn. Im vergangenen Jahr hatte Eckhardt ihn zum Chef vom Dienst
ernannt. Damit war er für die Personal- und Studioplanung
ebenso mitverantwortlich wie für den Sendeinhalt der
Wupperwelle. Und er war Eckhardts Stellvertreter, eine Aufgabe, die
nicht immer ganz leicht war, wie Stefan sich eingestehen musste.
»Ich dachte eher an eine saubere Recherche im Hintergrund.
Natürlich dauert das ein wenig länger, aber bevor die
Lage in der Stadt womöglich eskaliert, können wir mit
Fakten auftrumpfen.«
»Aber wie soll
das funktionieren? Sie können unmöglich beim Presseamt
anrufen und denen unbequeme Fragen stellen, auf die Sie sowieso
keine oder ausweichende Antworten bekommen
würden.«
»Ich arbeite
gern mit der Pressestelle im Rathaus zusammen«, erwiderte
Stefan. Er war sich selber nicht darüber im Klaren, wie er aus
dem zweifelhaften Hinweis, den er und Heike von Kalla erfahren
hatten, zu einer sauberen Geschichte für das Radio kommen
sollte. Dann gab er sich einen Ruck: »Angeblich hat es
Morddrohungen gegen den Oberbürgermeister unserer Stadt
gegeben.« Eckhardts Gesichtsfarbe änderte sich
schlagartig. »Was haben Sie gesagt?«
»Es sind nur
Gerüchte«, beschwichtigte Stefan eilig. »Aber es
scheint was an der Geschichte dran zu sein. Nur kann ich das nicht
für den Sender verwenden.«
»Ich will
wissen, wie Sie an solche Informationen kommen.«
»Tut mir
leid.« Stefan erhob sich mit ernstem Gesicht und stellte die
leere Tasse auf Eckhardts Schreibtisch ab. »Das ist absolut
geheim. Aber ich werde an der Sache dranbleiben.« Schnell
verließ er das Büro und hoffte, dass Eckhardt ihm nicht
folgte.
Er machte sich an
seinem Schreibtisch zu schaffen und recherchierte im Internet.
Vielleicht sollte er bei der Polizei anrufen und dort fragen, ob
man den Bürgermeister tatsächlich schon unter
Personenschutz gestellt hatte. Wahrscheinlich, so überlegte er
weiter, würde man ihm wohl kaum bestätigen, dass das der
Fall war. Eine Panik sollte um jeden Preis verhindert werden, und
so sparte sich Stefan den Versuch, die Presseabteilung des
Polizeipräsidiums
anzurufen.
Polizeipräsidium, 15.30
Uhr
»Ich habe die
Schnauze so voll - meine Klamotten stinken nach Müll, und am
liebsten würde ich den ganzen Tag kotzen.«
Ulbricht ließ
die Akte, in der er blätterte, sinken und betrachtete seinen
Assistenten, der wütend ins Büro stürmte und sich
unaufgefordert auf einen freien Stuhl setzte. Kommissar Verdammt
grinste, als er die Ausdrucksweise seines Assistenten
bemerkte.
Vielleicht würde
ja doch noch etwas aus ihm, dachte er und verwarf die Idee, die
Füße vom Tisch zu nehmen. Er legte den Ordner auf den
Schreibtisch und lehnte sich weit in seinem Sessel zurück. Mit
hinter dem Kopf verschränkten Armen betrachtete er Frank
Heinrichs, der an sich schnüffelte und das Gesicht zu einer
angewiderten Fratze verzog. In der Tat roch er penetrant nach
Müll, nachdem er sich offenbar mit vollem Körpereinsatz
an der Suchaktion im Müllheizwerk auf Küllenhahn
beteiligt hatte.
Ulbricht hatte sich
zeitig aus dem Staub gemacht und Heinrichs die Einsatzleitung auf
Küllenhahn übertragen. Er hatte sich administrativen
Aufgaben zugewandt. So kurz vor der Pension noch in Tonnen von
Müll herumzustochern, das musste er sich wirklich nicht antun.
Vor einer Viertelstunde war Heinrichs ins Präsidium
zurückgekommen - die Kollegen waren noch an der
Müllverbrennung damit beschäftigt, den Bunker nach
möglichen weiteren Leichen oder nach Spuren, die mit der
ersten Leiche in Zusammenhang standen, zu durchsuchen. Die
Identifikation
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