Bernstein Verschwörung
»Die
Patronenhülse stammt vom gleichen Hersteller wie die
Hülsen, die wir im Luftschutzbunker an der
Münzstraße gefunden haben; somit ist die
Wahrscheinlichkeit, dass es sich um die gleiche Waffe handelt, mit
der auch im Bunker geschossen wurde, sehr
groß.«
»Sie machen
Witze, verdammt.« Ulbricht hieb mit der flachen Hand auf den
Schreibtisch.
»Leider
nein.« Heinrichs blätterte mit wichtiger Miene in den
Unterlagen auf seinem Schoß. »Ein Fabrikat, das in der
Ukraine hergestellt wird. Bei der Tatwaffe handelt es sich in
beiden Fällen um eine Walther P 22 Long Rifle.
«
»Russen«,
murmelte Ulbricht gequält. »Es sind
Russen.«
»Russenmafia?«, sprach
Heinrichs das aus, was der Leiter des KK 11
befürchtete.
»Das will ich
nicht hoffen.« Norbert Ulbricht schüttelte den Kopf.
»Aber es scheint festzustehen, dass es einen Zusammenhang
zwischen dem Mord an Trautler und dem Mord an dem jungen Russen im
Bunker gibt.«
»Bei der P 22
handelt es sich um eine Pistole, die gern von Sportschützen
genutzt wird. Vielleicht ein Ansatzpunkt.«
»Dann klopfen
Sie sämtlichen Schützenvereinen und Sportschützen im
Bergischen Land auf den Busch«, ordnete Ulbricht an.
»Und durchsuchen Sie die Datenbänke, ob eine derartige
Waffe irgendwo vermisst gemeldet wurde. Aber zunächst
konzentrieren Sie sich auf die
Sportschützen.«
Heinrichs war
skeptisch. »Glauben Sie, dass dort ein Russe zu finden
ist?«
Er beugte sich weit
über die Schreibtischplatte zu seinem Assistenten hinüber.
»Haben Sie eine bessere Idee? Vielleicht hat jemand aus
diesen Kreisen seine registrierte Waffe an einen Freund, an einen
russischen Freund meine ich, verliehen.«
»Der Chef des
städtischen Gebäudemanagements war auch zuständig
für die Bunker, soviel ich weiß«, überlegte
Heinrichs. »Ich werde nachfragen. Vielleicht finden wir hier
unseren Zusammenhang.«
»Worauf warten
Sie noch?«, fragte Ulbricht, als das Telefon auf seinem
Schreibtisch anschlug. Er meldete sich knapp, bellte ein paar mal
»ja« und »kenne ich« in den Hörer,
sagte dann »sollen hochkommen, kennen den Weg« und warf
den Hörer auf die Gabel des altmodischen Gerätes. Er
starrte Heinrichs an.
»Wir haben
Besuch«, sagte er. »Vielleicht sollten Sie noch
bleiben.«
Heinrichs, der die
Mappe zugeschlagen hatte und sich erheben wollte, zuckte mit den
schmalen Schultern und blieb sitzen.
»Was macht die
Ortung des Telefons, von dem aus bei Trautler angerufen
wurde?«
»Ein
Prepaid-Handy, es ist schwer, an die Daten des registrierten
Besitzers zu kommen«, erwiderte Heinrichs und rückte
sich die blau gerahmte Brille zurecht. »Aber ich bleib
dran.«
Als es zaghaft an der
Tür klopfte, wandten sie beide den Kopf, und Ulbricht rief:
»Herein!«
Daniel Mehrmann,
Thomas Brinks und Dominik Müller betraten das Büro des
Ersten Kriminalhauptkommissars. Sie grüßten ein wenig
kleinlaut und traten erst auf Ulbrichts Aufforderung näher.
Heinrichs erhob sich und lümmelte sich auf der Fensterbank
neben den vertrockneten Ableger eines Benjaminbäumchens,
während Mehrmann und Domme sich auf die Besucherstühle
setzten. Domme schien es nicht zu stören, dass über der
Lehne seines Stuhles der Mantel des Kommissars hing. Müller
blieb stehen und amüsierte sich über Ulbrichts
Gesichtsausdruck, als Domme den Mantel des Kommissars mit seinem
Rücken bügelte.
»Ist Ihnen noch
etwas zum Mord im Bunker eingefallen?«, eröffnete
Ulbricht das Gespräch.
Mehrmann, der offenbar
Anführer und Sprecher der Rapper war, räusperte sich. Er
griff in die Tasche seines Sweatshirts und zog eine Selbstgebrannte
CD hervor, die er vor Ulbricht auf den Schreibtisch legte.
»Darauf ist das Gespräch zu hören, dass wir Ihnen
geschildert haben«, erklärte Mehrmann.
»Wie
bitte?« Ulbricht verstand die Welt nicht mehr. »Wir
haben einen Freund, der russisch spricht«, erklärte der
junge Musiker. Nun zwinkerte er Ulbricht mit seinen grünen
Augen zu. »Er war so nett, uns die Unterhaltung zu
übersetzen.«
»Was?«
Ulbricht schüttelte den Kopf. »Ich hoffe, Ihr Freund
ist…«
»Er ist absolut
vertrauenswürdig«, beschwichtige Mehrmann den
aufgebrachten Kommissar. »Wie kommen Sie an die
Aufnahme?« Mehrmann schilderte den beiden Beamten, dass das
Aufnahmegerät zur Tatzeit offenbar weitergelaufen war, ohne
dass die jungen Männer das bemerkt hatten. »Über
was haben die Männer denn gesprochen, bevor die Schüsse
fielen?«, fragte Heinrichs.
Mehrmann griff in
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