Bernstein Verschwörung
»Weitere
Themen?«
»Der OB nutzt
einen Dienstwagen samt Chauffeur«, bemerkte Stefan.
»Das kommt in schweren Zeiten nicht gut an. Was wäre,
wenn er stattdessen ein Taxi nutzen würde?«
»Am billigsten
käme es den Steuerzahlern, wenn er das Fahrrad nutzen
würde«, konnte sich Karin Dahl nicht verkneifen. Sie
spielte mit einer ihrer kastanienbraunen Locken und zwinkerte
Stefan zu. Es war ein offenes Geheimnis im Kollegenkreis, dass sie
sich Hoffnungen machte, Heike eines Tages an Stefans Seite
ablösen zu können. Und genauso offen war das Geheimnis,
dass Stefan sich nichts aus ihr machte. Er schätzte sie als
Kollegin und liebte mitunter ihre spitzen und humorvollen
Bemerkungen, mehr aber auch nicht.
Einige Kollegen
schmunzelten, doch Eckhardt ging nicht auf Karin Dahls Kommentar
ein.
Der Chefredakteur
überlegte, dann schüttelte er den Kopf. »Das hat
schon alles Hand und Fuß, was im Rathaus geschieht.
Sicherlich haben sich die Stadtverordneten Gedanken über die
Notwendigkeit eines Dienstwagens gemacht, bevor sie mit dem
Haushaltssicherungskonzept an die Öffentlichkeit gegangen
sind.«
Stefan machte sich
einige Notizen. Er schwieg und beschloss, auf eigene Faust zu
recherchieren. Es war die leichteste Übung für ihn,
Fakten und Zahlen aus der Taxizentrale zu bekommen. Dafür
genügte ein Anruf bei Kalla. Heike warf Stefan einen
triumphierenden Blick zu, als die Tür des Besprechungszimmers
aufflog. Roland Krachts Gesicht war tiefrot, und er murmelte eine
Entschuldigung.
»Heike, du hast
Besuch«, sagte er ein wenig kleinlaut. Es war ein absolutes
Tabu, die morgendlichen Redaktionssitzungen zu stören. Nur
wenige Ausnahmen rechtfertigten es, in das Meeting zu platzen. Und
Heike sah Eckhardt an, dass er auf die Erklärung seines
Nachrichtenredakteurs sehr gespannt war.
Doch Kracht schwieg.
»Es ist sehr wichtig«, sagte er stattdessen an Heike
gewandt.
Eckhardt seufzte
vorwurfsvoll und fuchtelte dann mit einer Hand in der Luft herum.
»Gehen Sie schon, Frau Göbel. Wann kann ich mit dem
Beitrag über die Finanzlage der Stadt
rechnen?«
»Heute
Mittag«, erwiderte Heike eilig. Sie war aufgestanden und
hatte sich Block und Stift geschnappt.
»Entschuldigung.« Dann war sie draußen.
»Was soll das?«, fragte sie an Roland Kracht gewandt.
»Du weißt doch, dass Eckhardt die Redaktionskonferenz
heilig ist.«
»Klar, aber ich
glaube, dass er dir das diesmal verzeihen kann.«
»Wer ist denn
der geheimnisvolle Besucher?«
»Kalla
Weinberger, der Taxifahrer. Und er hat darauf bestanden, dass er
dich auf der Stelle sprechen muss. Es geht um eine
Exklusivgeschichte.«
»Na toll.«
Heike befürchtete, dass Kalla ihr jetzt wieder eine halbgare
Geschichte verkaufen wollte, die sie aus irgendwelchen Gründen
dann doch nicht senden durfte. Sie hatten das
Großraumbüro der Redaktion erreicht. Kalla hockte an
einem der verwaisten Schreibtische und sprang aufgeregt in die
Höhe, als Heike auf der Bildfläche erschien.
»Mensch Heike,
da bist du ja endlich!«
»Was machst du
denn für Geschichten?«, fragte sie. »Die Sitzung ist in zehn
Minuten vorbei, dann hätten wir reden können.«
»In zehn Minuten
könnte es zu spät sein.« Kalla druckste herum. Er
blickte erst Heike, dann Kracht an.
»Können wir
unter vier Augen sprechen?«
»Klar«,
murmelte Kracht. »Ich muss sowieso sehen, dass ich die
Nachrichten fertig kriege, ist gleich wieder soweit.« Er zog
beleidigt ab und verschanzte sich hinter seinem Monitor, um dort
stakkatoartig auf der Tastatur herumzuhacken.
Heike zog den
völlig aufgelösten Kalla in das kleine Aufnahmestudio. Es
stand leer und wurde nur selten genutzt. Nachdem Heike die
gläserne Tür ins Schloss gedrückt hatte, waren sie
von der Außenwelt isoliert, denn kein Geräusch drang in
die Kabine, keines heraus. Sie sanken auf die Drehstühle.
»Also«, sagte Heike. »Schieß los, hier sind
wir ungestört.«
»Werner hat mich
vor einer Viertelstunde angerufen. Du weißt schon, mein
Kumpel und der Fahrer von Johannes Alt. Es ist was Schlimmes
passiert, Heike.« Heike musste sich ein Grinsen verkneifen.
Kalla war ein lieber Kerl, aber manchmal bot er seinen Mitmenschen
eine unfreiwillige Komik. Dies war einer der Momente, nur schien
Kalla nicht zum Scherzen zumute zu sein. »Der Chef vom
Gebäudemanagement ist tot.« Er strich nervös
über die Oberfläche des Pultes und wich ihren Blicken
aus.
Heike spürte, wie
sich ihre Kopfhaut zusammenzog. »Das ist ein
Scherz.«
Kalla
Weitere Kostenlose Bücher