Bernstein Verschwörung
nicht viel erkennen konnte, erkannte Mirja eine
gewisse Ähnlichkeit zu den Klitschko-Brüdern. Sie wich
zurück und ahnte, dass dies Alexanders Mörder waren.
Warum kreuzten sie hier auf? Reichte es noch nicht, dass sie ihr
den Freund genommen und ihr junges Glück zerstört
hatten?
Warum waren sie
gekommen?
Mirja fand keine Zeit,
sich darüber Gedanken zu machen.
»Schnauze halten
und rein da.« Der Jüngere der beiden fuchtelte mit der
Waffe herum und deutete auf Mirjas Wohnung. Sie fand nicht die
Zeit, einen klaren Gedanken zu fassen, spürte, wie ihr
Herzschlag sich beschleunigte und handelte mechanisch, als sie den
Eingang freigab und die Männer
hereinließ.
Wichlinghausen,
18.50 Uhr:
Die Steile
Straße im Herzen von Wichlinghausen machte ihrem Namen alle
Ehre. Die Sonne stand schon tief, als Heinrichs den Dienstwagen in
die kleine Sackgasse lenkte, die von der Wichlinghauser
Straße abzweigte. Ulbricht, der nachdenklich auf dem
Beifahrersitz des grauen VW Touran lümmelte, zog einen
zerkitterten Zettel aus der Tasche seines leichten Trenchcoats und
studierte die Adresse. Der Umstand, dass es sich dem Namen nach
ebenfalls um einen Russen handeln könnte, hatte Ulbricht keine
Ruhe gelassen, und so hatte er seinen Assistenten dazu
gedrängt, zu später Stunde noch einmal auszurücken,
um vor Ort zu ermitteln.
Inzwischen hatte
Heinrichs den Wagen neben einer hüfthohen Mauer geparkt -
leider so ungünstig, dass er kaum die Tür öffnen
konnte und sich zwischen Tür und Mauer hindurchquetschen
musste. Ulbricht, der bereits in der Abendsonne stand, beobachtete
amüsiert den dämlichen Anblick, den sein Assistent beim
Aussteigen bot. »Kolja Smirnow, wohnhaft in Steile
Straße 6«, las Ulbricht von seinem Zettel ab,
während er den Blick über die umliegenden Häuser
schweifen ließ. Aus einem offenen Fenster schallte
türkische Musik in die Hinterhofszenerie, in einem Garten
wurde gegrillt. Als Ulbricht den würzigen Duft durch die Nase
einsog, spürte er, dass er Hunger hatte. Kein Wunder, seine
letzte Mahlzeit lag fast sechs Stunden zurück.
Heinrichs grinste, als
Ulbricht den Namen des Gesuchten nannte.
»Was grinsen Sie
so blöd?«, bellte Ulbricht. »Ja, Smirnow, wie der
Penner-Wodka. Aber machen Sie sich nicht zu viele Gedanken
über den Namen - er ist der häufigste Nachname in
Russland, so wie bei uns Müller, Meier oder
Schmidt.«
»Das da ist
es.« Heinrichs ging nicht auf die Belehrung seines Chefs ein.
Stattdessen rümpfte er die Nase und deutete mit dem Kinn auf
das Haus zu seiner Linken. Ein Mietshaus aus den späten
Fünfziger Jahren des letzten Jahrhunderts; die Fassade war
irgendwann einmal weiß gewesen. Neben dem überdachten
Eingang reckte sich eine Distel der Sonne entgegen, eine Hummel
schwirrte umher. Seite an Seite gingen die Beamten auf den
Hauseingang zu. Der dicken alten Frau, die im Paterre auf einem
Kissen im Fenster lehnte, nickten sie zu. Während sie die
Namensschilder auf dem Klingelbrett studierten, ignorierten sie die
argwöhnischen Blicke der Alten. »Hier«, sagte
Heinrichs so laut, dass sie von ihrem Fensterplatz aus
mithören konnte. »Smirnow.« Er nickte seinem
Vorgesetzten zu und legte einen Finger auf den Klingelknopf. Im
Haus ertönte eine schrille Glocke. Sie warteten einen Moment,
und als sich nichts tat, drückte Heinrichs noch einmal auf die
Klingel. Diesmal ließ er den Zeigefinger länger auf dem
Knopf ruhen. Irgendwo im Haus begann ein Hund zu kläffen. Die
Haustür blieb aber zu. »Der ist nicht da«, wurden
sie von der alten Frau belehrt. Ulbricht trat einen Schritt
zurück und blickte zu der Frau, die die rechte Wohnung im
Parterre bewohnte, fragend an. »Wissen Sie vielleicht, wo er
ist?«
»Weggefahren ist
er. Mit seinem Freund. Ich glaub ja, dass der inzwischen auch hier
wohnt. Aber angemeldet ist der Freund nicht, ich habe extra mit dem
Wiesner gesprochen.«
»Wer ist der
Wiesner?« Heinrichs hatte sich zu Ulbricht
gesellt.
»Der
Hausmeister, arbeitet im Auftrag der Immobilienfirma, der das Haus
gehört. Wiesner sagt, der Smirnow sei alleine da gemeldet. Und
wir zahlen das ganze Wasser und die Gebühren für den
Müll. So etwas ist eine Unverschämtheit, aber als alte
Frau, da ist man ja machtlos.« Sie erhob sich vom
Fensterbrett und rieb sich die Ellenbogen. Erst jetzt sahen die
Kommissare, dass sie einen blütenweißen Haushaltskittel
trug. »Was denken Sie sich, wenn ich dem was sage - da hab
ich doch gleich ein Messer im
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