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Bernsteinaugen und Zinnsoldaten

Bernsteinaugen und Zinnsoldaten

Titel: Bernsteinaugen und Zinnsoldaten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joan D. Vinge
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heute eine Party feiere. Ich habe eine ganze Flasche Champagner getrunken. Ja, ich feierte die Party … wir feierten. Ozymandias und ich. Unser privates 1000-AE-Fest. Lieber spät als nie. Wenigstens hatten wir auch einen konkreten Anlaß zum Feiern – die Fotos. Und wenn das Fest auch nicht ganz so fröhlich war, wie es hätte sein können – ich schätze, das werde ich beim nächsten Fest, bei 2000-AE, vergessen haben. Sie werden jetzt rascher und rascher eintreffen, diese Feste. Vielleicht erlebe ich sogar noch die 8000-AE-Feier. Ach, zum Teufel, ich werde mich auf 10 000 einstellen …!
    Nachdem wir die Flasche Champagner leer getrunken hatten – Ozymandias hält den 98er für einen ausgezeichneten Jahrgang, Gott sei Dank kann er nicht so schnell trinken wie ich –, legte ich meine Strauß-Walzer und die Barkarole auf. Oh, die Berliner Philharmoniker! Ihre Berührung muß wie der Kuß eines Geliebten sein. Ich schaltete ein Bild von draußen auf den großen Schirm, ein Ballsaal voller Sterne tanzte mit meinem Schatten. Und teilweise tanzte ich sogar nicht in einem Sprunganzug zwischen Kopfhörern und Instrumenten, sondern in Samt und Seide über das Parkett eines Ballsaals im Wien des neunzehnten Jahrhunderts. Was hätte ich nicht alles dafür gegeben, wirklich einen einzigen Augenblick dort sein zu dürfen. Kein Leben lang, kein Jahr, nicht einmal einen Abend, nur für einen Walzer.
    Auch etwas, was mir nie möglich sein wird. Es gibt so vieles, was uns immer verschlossen bleiben wird, aus welchen Gründen auch immer, jedem von uns … Zeit, Talent, die Zufälle des Lebens. Wir alle befinden uns auf einer Reise in die Unendlichkeit. Wenn wir Glück haben, bekommen wir eine Arbeit, die uns am Herzen liegt, oder einen Menschen … oder beides, wenn wir sehr viel Glück haben.
    Ich habe ja noch Weems. Manchmal sehe ich uns als lang verheiratetes Paar, das im Lauf der Jahre zu einem tiefen gegenseitigen Verständnis erwachsen ist. Wir waren nie ein Herz und eine Seele, weiß Gott, aber wir fühlen uns in der Gegenwart des anderen behaglich …
    Wird höchste Zeit, daß ich ihm antworte.
     

 
Nachwort
     
    Blick aus der Höhe entstand nach der Passage einer Artikels aus Analog . Der Artikel, den Dr. Robert L. Forward verfaßt hatte, handelte von einem bemannten astronomischen Observatorium, das sich aus dem Sonnensystem entfernt, um das Weltall zu erforschen. In dem besagten Artikel stellte Dr. Forward kurz Spekulationen darüber an, was für eine Person wohl ihr Leben ganz einer solchen Aufgabe widmen würde. Diese Geschichte hier war der Versuch, diese Frage zu beantworten.
    Viele Schriftsteller können nicht von einer neuen Idee sprechen, bevor die Geschichte, die daraus entsteht, geschrieben ist, denn das Sprechen über die Idee nimmt die Notwendigkeit, sie auszudrücken, woraufhin die Geschichte niemals zu Papier gebracht wird. Ich gehöre aber zu der Gruppe von Autoren, die unbedingt über eine Idee sprechen müssen –denn ich bin der Meinung, der Austausch von Gedanken darüber enthüllt Perspektiven, über die man vorher vielleicht nicht näher nachgedacht hat, was dem Prozeß des Schaffens nur zuträglich sein kann. Ich habe mich mit Vernor über diese Geschichte unterhalten – übrigens hat er bei allen Stories mehr oder weniger als technischer Berater mitgewirkt –, und aus diesen Diskussionen heraus entstand die Idee einer Frau ohne jegliche Immunreaktionen. (Der Papagei kam dazu, weil ich eine Art Gefährten für sie haben wollte, nach Möglichkeit für lange Zeit. Und da Papageien eben sehr langlebig sind, hat sie eine gute Chance, Ozymandias wirklich als Lebensgefährten behalten zu können.) Diese Geschichte gefällt mir aus einer Reihe von Gründen ganz besonders, hauptsächlich aber wegen der Allgemeingültigkeit von Emmylous Krise und deren Lösung. Wir befinden uns alle auf einer Reise – und für keinen von uns gibt es ein Zurück. Wir haben im Grunde genommen nur eine Wahl, nämlich das Beste aus den Möglichkeiten zu machen, die uns vorherige Entscheidungen noch lassen.
    Blick aus der Höhe ist die erste wirklich erfolgreiche Kurzgeschichte, die ich geschrieben habe. Normalerweise schreibe ich längere Texte – meine „Kurz“-Geschichten umfassen immer etwa 15000 bis 25000 Wörter. Eine echte Kurzgeschichte (unter 7500 Wörter) ist wahrscheinlich die Art von Prosa, die am schwersten zu schreiben ist, denn es erfordert viel konzentrierte Arbeit, reale Charaktere zu erschaffen und

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