Bernsteinsommer (German Edition)
ihre Zunge zu spüren erhitzten seine Haut, und er ersehnte verzweifelt die Willenskraft, die er brauchen würde, um sich ganz von ihr zu lösen.
„Kira …“ Zischend sog er die Luft ein, als er ihre Hände auf seiner nackten Brust fühlte, denn er hatte noch nicht einmal bemerkt, dass sie ihm das Hemd aufgeknöpft hatte.
„Kira“, sagte er noch einmal und umfasste ihre Oberarme, um sie endgültig aufzuhalten – sie und nicht zuletzt auch sich.
„Was? Was ist denn los mit dir?“, fragte sie schwer atmend.
„Wir sollten uns damit noch ein wenig Zeit lassen, okay?“
„Warum? Wir sind erwachsen und wollen es beide. Warum, um Himmels willen, willst du warten?“
Natürlich stellte sie genau die Frage, die er unter anderen Umständen auch gestellt hätte. Er wusste selbst, dass ihr seine Reaktion untypisch erscheinen musste. Und sie hatte absolut recht damit. Er war normalerweise nicht der Mann, der in so einer Situation zögerte. Und genau in diesem Augenblick verursachtesein Körper, der so vehement nach Erlösung verlangte, ihm Höllenqualen. Vor allem, weil sie sich schon wieder an ihn drückte.
„Berühr mich! Fass mich an, Finn!“
„Himmel, Kira, was machst du mit mir!“
2. KAPITEL
E r hatte es verbockt, das war ihm klar.
Er hatte es so sehr verbockt, wie man es nur verbocken konnte. Und er hatte nicht die geringste Ahnung, wie er das Edgar Lengrien erklären sollte. Erschüttert und gleichzeitig zornig starrte Finn in seinen Kaffee. Er hatte eine schlaflose Nacht verbracht. Vollkommen schlaflos – und das aus mehreren Gründen. Maßlose Wut auf sich selbst und ungestilltes und ungezügeltes Verlangen nach Kira waren nur zwei der Gründe. Allein diese beiden Ursachen wären schon genug gewesen, um ihn nicht schlafen zu lassen.
Niemals würde er ihren Blick vergessen, als er sich mit einem Ruck, fast gewaltsam, von ihr losgerissen hatte und einfach fortgegangen war, so schnell es nur ging.
Die Sache war ihm vollkommen aus dem Ruder gelaufen.
Hirnloser Idiot!
Sicherlich fühlte sie sich unglaublich erniedrigt und zurückgestoßen, im wahrsten Sinne des Wortes. Er kannte die Frauen. Keine Frau konnte mit so einer Zurückweisung umgehen. Dabei hatte er doch angefangen, mein Gott! Wie hatte er nur so weit gehen können? Niemals hätte er Kira Lengrien küssen dürfen! Niemals! Nicht so!
Aber es war geschehen – und nun musste er sehen, ob noch irgendetwas zu retten war. Was, zum Teufel, sollte er ihr sagen, wenn er ihr das nächste Mal begegnete?
Vielleicht, dass er verheiratet war und sich nur für einen Moment vergessen hatte? Finn lachte bitter auf. Nein! Er wusste selber, dass er diese Lüge niemals über die Lippen bringen würde. Da könnte er ja gleich behaupten, in Wahrheit homosexuell zu sein. Genauso lächerlich!
Finn stieß einen lauten Fluch aus und schob seine leere Kaffeetasse weg. Wenn Kira Lengrien jetzt beschloss, nie wieder ein einziges Wort mit ihm zu wechseln, konnte er ihr das noch nicht einmal verübeln. Das Problem war nur, dass er ihrem Vater versprochen hatte, auf sie aufzupassen, so gut es ebenging. Möglichst Tag und Nacht. „Sieh zu, dass du dich mit ihr anfreundest, mein Junge. Sie darf um Himmels willen nur nicht erfahren, dass ich dich geschickt habe, das ist deine oberste Priorität. Sobald sie herausfindet, dass wir uns kennen, wird sie eins und eins zusammenzählen. Sie hat es schon immer gehasst, wenn ich zu sehr auf sie aufpassen wollte. Kira ist ein aufgeschlossenes Mädchen. Sie wird von ganz allein viel Zeit mit dir verbringen wollen, wenn sie dich erst mag. Und sie wird dich mögen, das weiß ich“, hatte Edgar leichthin gesagt.
Sehr witzig, Edgar! Wirklich sehr witzig! Bei Tag und bei Nacht! Du hast nur vergessen zu erwähnen, dass deine Tochter das aufreizendste Geschöpf auf dieser Erde ist – und dass ich, wahrscheinlich bis zu meinem Tode, kein erotischeres Geräusch mehr hören werde als ihr leises Lachen.
Auch Kira hatte nicht geschlafen. Und die Gründe dafür waren denen von Finn sehr ähnlich. Dennoch hätte Finn Andersen sich wahrscheinlich sehr gewundert, wenn er ihre derzeitigen Gedankengänge hätte verfolgen können, denn sie war nicht so wütend auf ihn, wie er annahm.
Sicher, er hatte sie zutiefst enttäuscht und sexuell frustriert zurückgelassen. Und, ja, sie hatte Finn Andersen die halbe Nacht auf den Mond gewünscht, doch dann hatte sie unglücklicherweise ein wenig genauer über den Abend nachgedacht und letztlich auch
Weitere Kostenlose Bücher