Bernsteinsommer (German Edition)
bekannte Kinderbuchautorin, isteine gute Freundin von mir. Um genau zu sein, ist sie sogar meine beste Freundin und gleichzeitig auch meine einträglichste Auftraggeberin. Wir sind schon seit frühester Kindheit unzertrennlich, daran hat auch der große Atlantik niemals etwas ändern können. Sie und ich sind praktisch zusammen aufgewachsen. Ihre Eltern wohnten in einem kleinen Haus auf dem Grundstück meines Vaters. Christinas Vater war unser Gärtner, und ihre Mutter führte Papa schon den Haushalt, als er und meine Mutter noch zusammenlebten. Leider sind ihre Eltern schon seit mehreren Jahren tot, aber Christina ist irgendwie immer Bestandteil unserer Familie geblieben. Sie ist inzwischen wirklich sehr erfolgreich mit ihren Büchern. Jetzt soll sogar eine Geschichte von ihr verfilmt werden. Hast du schon mal von ihr gehört?“
Finn schüttelte lächelnd den Kopf, dabei massierte er sich gedankenverloren mit der linken Hand seinen rechten Bizeps. Als ihr Blick sofort dorthin wanderte, zog Finn schnell die Hand fort und griff noch einmal nach seinem Glas. „Tut mir leid, ich lese nur selten Kinderbücher.“
Wieder lachte sie. „Ach Finn!“
Mit einer nervös anmutenden Bewegung schob sie sich eine Haarsträhne hinter das rechte Ohr und bedachte ihn mit einem intensiven Blick. Innerhalb von Sekunden war die Stimmung zwischen ihnen umgeschlagen. Wie gebannt verfolgte Finn nun seinerseits jede ihrer Bewegungen. Als sie ebenfalls einen Schluck von ihrem Wein nahm und sich anschließend über die Unterlippe leckte, spürte er bereits, wie sein Blut zu kochen begann. Die greifbare Spannung zwischen ihnen wurde ihm langsam zu viel, denn inzwischen war unübersehbar, dass Kira Lengrien offen mit ihm flirtete. Unter normalen Umständen hätte er jetzt innerlich laut „Bingo“ gerufen und wäre voller Freude auf ihren Flirtversuch eingegangen. Aber dies hier war nun einmal keine normale Situation. Jedenfalls nicht für ihn. Kira Lengrien war sein Job – mehr durfte er in ihr nicht sehen. Also drückte er sein Rückgrat durch und erhob sich bedächtig. „Ich denke, es wird langsam Zeit für mich.“
Ihre meerblauen Augen blickten ihn ein wenig erschrocken an. „Schon? Es ist doch noch nicht einmal halb zehn.“
„Das Dachgeschoss. Ich will früh aufstehen.“
Seine Stimme klang plötzlich so kühl und distanziert, dass Kira sich sofort fragte, ob sie in den letzten Minuten etwas Falsches gesagt haben könnte, aber ihr mochte nichts einfallen. Etwas ratlos erhob auch sie sich und folgte ihm zur Haustür. Noch vor wenigen Augenblicken hätte sie schwören können, dass sie in Finn Andersens Augen echtes männliches Interesse gesehen hatte. Trotzdem zweifelte sie für einen Moment, ob dieser Eindruck tatsächlich richtig gewesen war, doch schon in der nächsten Sekunde verwarf sie diesen Gedanken wieder. Sie hatte sich das Verlangen in seinem Blick nicht eingebildet, dessen war sie sich ganz sicher. Nur wusste sie nicht, warum er sich plötzlich so seltsam unnahbar benahm. Schließlich hatte sie doch wohl genug Signale ausgesendet, oder?
Jetzt standen sie nebeneinander in ihrem schmalen Flur, und sie reichte ihm seine Jacke. Völlig verunsichert stellte sie fest, dass Finn inzwischen sogar ihrem Blick auszuweichen schien. Als Kira einen Schritt nach vorne machte und sich vorbeugte, um ihm die Tür zu öffnen, streifte ihre Hüfte leicht seine Hand. Er zuckte merklich zurück, räusperte sich heftig und schlüpfte rasch in seine Jacke.
„Es war ein sehr schöner Abend. Gute Nacht, Kira“, sagte er mit rauer Stimme und ohne sie noch einmal direkt anzusehen, während er schon nach draußen ging.
Ja, er wich ihr aus, das spürte sie jetzt ganz genau. Ein wenig fassungslos sah sie ihn zwei, drei Schritte hinaus in die Dunkelheit machen, dann erst reagierte sie.
„Finn!“
Hätte er ihr nicht schon den Rücken zugekehrt, und wäre es nicht so dunkel gewesen, hätte sie sehen können, dass er in diesem Moment entnervt die Lider schloss und die Hände zu Fäusten ballte.
Ganz langsam nur drehte er sich schließlich wieder zu ihr um. Dennoch konnte sie in der Dunkelheit sein Gesicht auchjetzt kaum erkennen. Kira jedoch stand direkt unter der kleinen Laterne, die neben ihrer Haustür hing – und Finn konnte alles von ihr sehen. Den fragenden Blick in ihren hinreißenden Augen ebenso wie ihren mehr als einladenden Mund. Ihr Haar leuchtete flammend rot, und ihre helle, zarte Haut ließ sie zerbrechlicher wirken, als
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