Bernsteinsommer (German Edition)
heiß.‘“
Lukas’ Grinsen wurde breiter.
„Das ist für mich wahrlich verständlicher, Professor.“
„Du bist unverbesserlich, Finnegan!“
Finn lachte. Sein Bruder und seine Mutter waren praktisch die einzigen Menschen, die ihn so nennen durften, ohne dass er sofort protestierte. „Habt ihr wild geknutscht?“
„Nur ein bisschen.“ Lukas hob die Augenbrauen. „Und ‚geknutscht‘ würde ich das nicht unbedingt nennen. Sie hat mich zum Abschied geküsst.“
„Mir war klar, dass die Initiative von Goldlöckchen ausgehen muss. Du hättest wahrscheinlich noch mindestens vier ewig lange Urlaube hier verbringen müssen, bevor du endlich zur Tat geschritten wärst.“ Finn amüsierte sich köstlich, und das tat ihm gut.
„Finnegan, Finnegan, da schätzt du deinen kleinen Bruder aber vollkommen falsch ein.“ Lukas schüttelte missbilligend seinen Kopf. „Wir sind später sogar noch mal verabredet.“
„Ach was!“
„Doch.“
„Und sag jetzt nicht, diese Idee wäre von dir gewesen, Kleiner.“
„Und ob.“ Lukas stützte seine Hände auf die Hüften und setzte ein betont selbstsicheres Lächeln auf. „Sie kellnert jetzt noch gut zwei Stunden. Wenn das Abendgeschäft vorbei ist, hole ich sie ab.“
„Du willst doch wohl nicht, dass ich von hier verschwinde, oder? Gerade heute Nacht wäre das nämlich ziemlich ungünstig.“
„Keine Bange, Finn, Anna hat eine eigene kleine Einliegerwohnung über dem Gasthof.“
„Das läuft ja immer besser! Wann machst du ihr denn den schon so lange überfälligen Heiratsantrag?“
„Du bist ein Idiot!“ Lukas erwiderte das freche Grinsen seines großen Bruders, ging aber nicht weiter auf dessen alberne Neckerei ein. „Übrigens, ich sterbe fast vor Hunger, Finn.“
Finn nickte. „Ich auch. Lass uns mal einen Blick in die Tiefkühltruhe werfen, damit du angemessen gestärkt zu deiner goldblonden Versuchung kommst. Du kannst übrigens ruhig das Auto nehmen, wenn du willst. Ich brauche es heute sowieso nicht mehr.“
„Nein, lass nur, ich will vielleicht mit Anna noch ein Glas Wein trinken – und ich hatte vorhin schon drei Biere. Ich werde rechtzeitig losgehen. Der Weg ist ja nicht allzu weit.“
„Ganz wie du willst. Na komm, wir hauen uns was in die Pfanne.“
Kira legte den Skizzenblock beiseite und griff nach ihrer noch halb vollen Kaffeetasse, um einen Schluck zu nehmen. Seit Finn heute Morgen gegangen war, fühlte sie sich seltsam alleingelassen und verloren. Das Gefühl von Einsamkeit war ihr eigentlich fremd, denn sie hatte immer zu den Menschen gehört, denen es nichts ausmachte, alleine zu sein. Jetzt aber empfand sie nur diese bedrückende Leere, außerdem war ihr ständig kalt. Auchdie Arbeit hatte ihr nicht wirklich geholfen, denn es gelang ihr immer nur für wenige Minuten, sich darauf zu konzentrieren.
Finn fehlte ihr – er fehlte ihr so sehr, dass es sogar körperlich schmerzte.
Kira seufzte auf und versuchte sich an die früheren Beziehungen zu erinnern, die sie gehabt hatte, aber sie schaffte es noch nicht einmal mehr, das Bild eines anderen Mannes vor ihrem geistigen Auge entstehen zu lassen. Alles, was sie sah, wenn sie die Augen schloss, war Finns Gesicht.
Immer nur Finn.
Als das Telefon läutete, schreckte sie kurz zusammen und hoffte für einen Moment, dass er es sein würde, aber schon, als sie auf das Display sah, erkannte sie die Nummer ihres Vaters. Sie lächelte und freute sich, dass er anrief.
„Hallo Paps!“, begrüßte sie ihn. „Wie geht es dir?“
„Guten Abend, meine Kleine. Mir geht es blendend, aber ich wollte mal hören, ob bei dir auch alles in Ordnung ist.“
„Ja, Paps, mir geht’s gut.“
„Das freut mich, mein Engel. Ist mit dem Haus alles in Ordnung?“
„Ja, alles bestens, danke. Es ist wirklich gut, mal wieder hier zu sein.“
„Und sonst? Hast du Spaß mit deinen alten Freunden?“
„Ja, wir haben uns schon ein paarmal gesehen. Alles wie gehabt.“
„Wie ist der Junge, der in Werners Haus herumbastelt? Ist er nett?“
„Äh … er ist ganz in Ordnung, Paps.“
„Werner ist ziemlich angetan von ihm.“
„Ich sag ja, er ist ganz nett.“
„Du bist so einsilbig, Kira, ist wirklich alles in Ordnung bei dir?“
„Ach Papa, es ist alles gut, ich bin nur ein bisschen müde heute. Ich habe den ganzen Nachmittag gezeichnet. Ich glaube, ich muss einfach mal früh ins Bett. Das ist alles.“
„Hmmm. Sag, Kira, wie geht es Magda?“
Kira lächelte. Es war kein Geheimnis, dass
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