Bernsteinsommer (German Edition)
Schließlich holte er sich auch noch eine Tiefkühlpizza aus dem Gefrierschrank und schob sie in den Backofen. Sein Magen knurrte schon bedrohlich.
Den vor sich hin blinkenden Anrufbeantworter schwor er sich allerdings zu ignorieren, bis er wenigstens einige Stunden geschlafen hatte. Nachdenklich sah er sich in seiner kleinen Wohnung um. Er lebte hier bereits, seit er bei seinen Eltern ausgezogen war, also seit dem Ende seiner Ausbildung, und er mochte die Wohnung noch immer. Ein Schlafzimmer mit einem sehr breiten Bett darin, ein Wohnzimmer, in dem es eine gemütliche Couch, einen leicht antiquierten Sessel, eine moderne Stereoanlage und einen großen Flachbildfernseher gab, ein kleines Badezimmer und eine recht geräumige Küche: Mehr brauchte ein erwachsener und alleinstehender Mann wirklich nicht, um sich wohlzufühlen. Es ging ihm trotzdem nicht gut – und er wusste genau, warum das so war.
Kira! Verdammt!
Nachdem er die Pizza gegessen und sie mit zwei Flaschen Bier runtergespült hatte, warf er sich, so wie er war, auf das Bett und schloss endlich die Augen. Dennoch brauchte er tatsächlich noch eine volle Stunde, um endgültig zur Ruhe zu kommen. Es war egal, ob er die Augen geschlossen hielt oder nicht, da war immer nur Kira. Er sah immer nur ihr Gesicht, ihre tiefblauen Augen … und ihren herrlich anschmiegsamen Körper vor sich.
Irgendwann schlief er dann doch ein, wachte allerdings schon nach knapp drei Stunden wieder auf. Draußen war es bereits dunkel geworden. Finn rieb sich kräftig das Gesicht und erhob sich langsam. Natürlich hatte er von Kira geträumt, so heftig geträumt, dass er es jetzt mit einer ausgewachsenen Erektion zu tun hatte – und genau die hatte ihn offensichtlich auch aus demSchlaf gerissen. Fluchend erhob er sich, zog sich aus und nahm anschließend die längste und kälteste Dusche seines Lebens.
„Sieh es doch so, Kira, jetzt weißt du wenigstens, was dich die ganze Zeit an ihm irritiert hat.“
Christina Sommer nahm einen tiefen Schluck aus ihrem Rotweinglas und stellte es danach wieder ab. Seit mehreren Stunden saßen die beiden Frauen jetzt schon zusammen im Wohnzimmer von Christinas Apartment und redeten.
„Er ist so ein … Schwein!“, stieß Kira angewidert aus, beugte sich vor und griff nach ihrem Glas.
Christina verzog ein wenig ihren hübschen Mund und strich sich das halblange, honigblonde Haar hinters linke Ohr, so wie sie es oft tat, wenn sie nachdachte. „Weißt du, mein Herz, ich finde, du solltest nicht so ganz außer Acht lassen, dass er zumindest anfangs versucht hat, dich auf Abstand zu halten, oder? Ich meine, wenn ich mich da richtig erinnere, wie du die ersten Tage eurer … Bekanntschaft geschildert hast …“
„Ach, papperlapapp!“ Kira trank ihren Wein in einem Zug aus und knallte das Glas zurück auf den Tisch.
„Kira, sei ehrlich! Du bist es doch gewesen, die sofort auf ihn abgefahren ist. Der Typ hatte doch gar keine Chance, nicht zwischen deinen langen Beinchen zu landen.“
„Pah, das klingt aber verdammt obszön!“
„Und doch trifft es den Kern, Prinzessin. Du wolltest ihn unbedingt – und du hast ihn bekommen.“
„Er hätte … Tina, er hätte mir doch spätestens da die Wahrheit sagen müssen.“ Kira atmete geräuschvoll ein und schenkte sich Wein nach. „Er ist nur ein … ach … ein muskelbepackter hirnloser …“
„Du solltest nicht so viel trinken“, warf Christina trocken ein, „sonst geht es dir morgen schlecht, das weißt du doch.“
„Es macht dir doch wirklich nichts aus, mich für ein paar Tage in deinem Gästezimmer wohnen zu lassen, nicht wahr, Tina? Ich kann meinen Vater einfach nicht mehr sehen … oh, diese Arroganz … diese maßlose Überheblichkeit …“
„Sprichst du jetzt von Eddie oder doch wieder von deinem Finn?“ Christina verkniff sich ein breites Grinsen und hustete trocken.
„Hrrrr, er is nich mein Finn!“ Kira stürzte auch das nächste Glas ohne abzusetzen herunter, dann schüttelte sie sich und kämpfte gegen einen heftigen Schluckauf. „Meine Herren, ich bin … echt müde.“
„Und ziemlich angeschickert“, fügte Christina hinzu. „Komm, meine Süße, das Bettchen im Gästezimmer ist frisch bezogen und wartet schon auf dich.“
Ein wenig schwankend erhob Kira sich, ließ sich dann aber sofort zurück auf das Sofa fallen und seufzte tief und gründlich auf. „Sach bidde niemals mehr dieses bösse Wort su mir.“
„Welches Wort denn?“
„Meine Süse … brrrr!
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