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Bernsteinsommer (German Edition)

Bernsteinsommer (German Edition)

Titel: Bernsteinsommer (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susanne Schomann
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sie. „Nun ja, deine sichtbare Müdigkeit ist wahrscheinlich auch der Grund, warum du plötzlich wieder damit anfängst, am Abend noch Unmengen von Kaffee zu trinken, richtig?“
    „Frag mich danach später noch mal, okay?“ Er grinste breit. „Sag mir lieber, ob es den Kindern gut geht.“
    „Alles wunderbar. Wie gesagt, sie sind ein paar Tage bei ihrenGroßeltern. Mir tut das immer ganz gut, weil ich dann ein bisschen ausspannen kann.“
    „Das glaube ich dir. Es ist nicht immer einfach, so allein mit den Kindern und all der Verantwortung, oder?“
    „Hm, ich …“ Lena blieb mitten in ihrem Satz stecken und trank einen Schluck Kaffee.
    „Raus mit der Sprache.“
    „Seit ungefähr drei Monaten bin ich nicht mehr allein, Finn.“ Jetzt huschte ein Strahlen über ihr hübsches Gesicht.
    Da er sich Lena noch immer nur an der Seite von Mike vorstellen konnte, brauchte Finn einen Moment, um diese Neuigkeit zu verdauen, aber dann wurde ihm sofort die Absurdität seiner Gedanken bewusst. Lena Grendler war eine junge und auffallend attraktive Frau, und er konnte absolut nachvollziehen, dass es praktisch nur eine Frage der Zeit gewesen war, bis sich wieder ein Mann in sie verliebte. Außerdem wäre es schlichtweg albern, wenn er nicht auch ihr selbst die menschlichsten und normalsten Sehnsüchte und Wünsche zugestehen würde. Also legte er seine Hand auf ihre und lächelte. „Das freut mich für dich, Liebes. Kenne ich ihn?“
    Sie schüttelte ihren Kopf. „Nein, Finn, du kennst ihn nicht. Und … er hat auch Gott sei Dank gar nichts mit der Polizei zu tun.“ Sie schluckte kurz. „Das klingt jetzt vielleicht irgendwie komisch, aber ich habe ihn in einer Selbsthilfegruppe kennengelernt. Seine Frau und sein Sohn sind vor vier Jahren bei einem schweren Autounfall ums Leben gekommen. Bernd ist selbstständiger Architekt und lebt seit dem Unglück mit seiner achtjährigen Tochter allein. Wir kennen uns eigentlich schon ziemlich lange, sind uns aber erst vor einigen Monaten nähergekommen. Er ist ein wirklich netter Mann, und ich … bin … sehr verliebt in ihn.“
    „Das klingt richtig gut, Lena.“ Das glückliche Strahlen in Lenas grauen Augen ließ ihn weiterhin lächeln. „War es das, was du mir so unbedingt mitten in der Nacht sagen wolltest?“
    „Oh, oh nein!“ Lena sprang auf. „Ich bin gleich wieder da, Moment.“
    Kaum zwei Minuten später kam sie zurück in die Küche. In ihrer rechten Hand hielt sie einen einfachen weißen Umschlag. „Das wollte ich dir zeigen, aber vorher … Finn, wir müssen noch einmal über Michael sprechen.“
    Finn atmete tief ein und nickte. Wie immer schien eine tonnenschwere Last auf seiner Brust zu liegen, wenn er an Mike dachte, aber das war ohnehin schon so, seit er Lena vorhin wieder gegenübergestanden hatte; der Druck verstärkte sich jetzt nur noch etwas.
    Lena setzte sich zurück auf ihren Platz und legte den Umschlag vor sich auf den Tisch. „Erinnerst du dich an den Tag, Finn?“
    „An jede einzelne Sekunde.“
    „Weißt du noch, was du Jonas zum Geburtstag geschenkt hast?“
    „Natürlich weiß ich das noch. Es war ein kleiner, einfach zu bedienender Fotoapparat.“
    Sie nickte lächelnd. „Jonas hat den ganzen Tag damit fotografiert, weißt du noch? Michael hatte geschimpft, weil er ständig neue Filme einlegen musste, denn dieses Ding hatte noch keine Digitalfunktion, geschweige denn eine Speicherkarte. Jedenfalls warst du damals heilfroh, dass du gleich einen recht großen Vorrat an Filmen mitgebracht hattest.“
    „Ja, es war witzig. Der Kleine fotografierte einfach alles und jeden.“
    „Eben, das bringt mich zum Punkt.“ Lena wurde wieder ernst. „Bernd und ich … wir tragen uns ernsthaft mit dem Gedanken zusammenzuziehen, jetzt wo wir uns endlich gefunden haben – das wäre ja auch für die Kinder besser. Deshalb habe ich vor einigen Tagen damit angefangen, schon mal ein bisschen auszusortieren, verstehst du?“
    Finn nickte.
    „Ich habe mit dem Arbeitszimmer angefangen. Da war ich seit Michaels Tod eigentlich nicht mehr oft drin; hab höchstens mal einen Wäscheständer dort reingestellt oder so. Es war ja irgendwie … sein Zimmer. Na ja, jedenfalls habe ich denSchreibtisch leer geräumt, und in der untersten Schublade, ziemlich weit hinten, fand ich eine von diesen alten Filmrollen, die heutzutage ja kaum noch ein Mensch hat.“ Sie hielt kurz inne und schluckte hörbar. „Aus lauter Neugierde habe ich den Film entwickeln lassen.“

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