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Berthold Beitz (German Edition)

Berthold Beitz (German Edition)

Titel: Berthold Beitz (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joachim Käppner
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all die geraunten Fragen, was es denn zu bedeuten habe, dass er dem Vorstandschef Schulz sein schönes Jagdgewehr geschenkt hat, oder was dahinterstecke, dass Beitz Anfang 2010 den früheren SPD -Finanzminister und Exministerpräsidenten von Nordrhein-Westfalen, Peer Steinbrück, in den Aufsichtsrat geholt hat. Der ist freilich kein Unternehmer – und schon allein deswegen kein Nachfolgekandidat –, sondern jemand, der die Wirtschaftspolitik in Nordrhein-Westfalen in- und auswendig kennt und den Beitz noch dazu als Mann mit Rückgrat sehr schätzt. »Im Aufsichtsrat«, so Beitz, »musste einmal aufgeräumt werden. Ich erhoffe mir von Steinbrück sehr viel.«
    Cromme ist der Thronprätendent, schon seit langem. Bereits 1997, bei den Verhandlungen über eine feindliche Übernahme von Thyssen, hat Beitz dies, wie geschildert, inoffiziell und im Kreis von Vertrauten, klar ausgesprochen. Und fragt man ihn heute, ob die Nachfolge wirklich schon beschlossene Sache sei, gibt er eine eindeutige Antwort: »Ja. Ich habe ihn damals in den achtziger Jahren geholt, und er ist in der Zeit seither Kruppianer geworden. Er ist der richtige Mann.« Ein ganz anderer Typ, das gewiss, »nicht der Typ Berthold Beitz. Aber er wird dafür sorgen, dass die Firma erhalten bleibt.«
    Ohnehin wird die Stiftung nach Beitz eine andere sein. Die Macht über sie, über das Erbe Krupps, ist Beitz von Alfried Krupp faktisch auf Lebenszeit übertragen worden, aber eben nur ihm. Sein Nachfolger wird mit anderen Strukturen leben müssen, er wird sich Wahlen stellen müssen in einer Stiftung, die sein wird wie andere auch und eben kein auf Beitz zugeschnittenes Imperium mehr.
    Beitz jedenfalls denkt und handelt gern in Symbolen. Er hat Cromme bereits zu seinem Stellvertreter im Kuratorium der Stiftung ernannt – ein Titel, der praktisch wenig bedeutet, als Zeichen aber sehr viel. Und am 90. wie am 100. Geburtstag Alfried Krupp von Bohlen und Halbachs geht er nicht, wie sonst, allein zum Grab auf dem Bredeneyfriedhof. Gerhard Cromme ist bei ihm, zusammen stehen sie dort. Beitz hat den Jüngeren gefragt, ob er ihn an diesem Tag begleiten wolle. Und natürlich wollte Cromme.
    Man könnte sich nun an das Verhältnis von Alfried Krupp zu Berthold Beitz erinnert fühlen, jenes besondere, für Außenstehende nicht zu durchbrechende Verhältnis aus Treue und Vertrauen. Das läge nahe und wäre doch zu kurz gegriffen. Beziehungen dieser Art sind nicht wiederholbar, die Umstände, die Charaktere, die Lebensalter lassen dies nicht zu.
    Krupp brauchte einen Mann fürs Unangenehme, für die Führung der Geschäfte, im Grunde jemanden, in dessen Hände er einen Großteil der Dinge legen konnte, die sein Leben schon beschwerten. Er war einsam und verschlossen. Berthold Beitz war und ist dies nicht. Er braucht deshalb keinen Erzkanzler, keinen Mann fürs Praktische. Was er benötigte, waren zuverlässige Leute an den Schlüsselpositionen, ohne die kein Unternehmenslenker klarkommt. Dabei hat er erfahren müssen, dass solche Männer rar sind; teils hat er sich in ihnen getäuscht, teils täuschten sie ihn. Als Cromme damals, 1986, auf dem Besucherstuhl vor Beitz’ Schreibtisch saß und ohne den Versuch ostentativer Bescheidenheit fragte, ob denn der Chefsessel im Krupp-Vorstand noch zu haben sei, da blickte Beitz gerade auf besonders desaströse Personalien zurück. Cromme aber blieb. Die beiden haben inzwischen ein Vierteljahrhundert zueinander gestanden. Beitz hat ihn in der Rheinhausenkrise gehalten, als die halbe Welt von Rhein und Ruhr bei der Stiftung vorsprach und ihm, Beitz, nahelegte, den übereifrigen Newcomer doch bitte baldigst wieder dorthin zu schicken, von wo dieser hergekommen sei. Cromme seinerseits hat Stehvermögen bewiesen und den Konzern saniert, er hat das Vertrauen des Älteren nicht enttäuscht.
    Mitunter ist es zwischen den beiden dennoch zu Konflikten gekommen. Der ehrgeizige Cromme ist in diversen anderen Aufsichtsräten vertreten, unter anderem bei Siemens; im Gegenzug holte er 2005 den dortigen Vorstandschef Heinrich von Pierer in den eigenen Aufsichtsrat von ThyssenKrupp. 2007 aber drängt Cromme seinen früheren Weggefährten wieder aus dem Unternehmen Siemens – Pierer gilt als die Zentralfigur der Korruptionsaffäre des Münchner Konzerns. Ein Vorgehen, das gleichermaßen Beifall wie Kritik auslöst. Beitz sieht Crommes anderweitige Verpflichtungen mit gemischten Gefühlen und meint: »Er dreht an vielen Rädern. Ich habe ihm einmal

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