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Berthold Beitz (German Edition)

Berthold Beitz (German Edition)

Titel: Berthold Beitz (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joachim Käppner
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Umgebung, zugleich aber bemüht er sich, so effizient wie möglich die Forderungen der NS -Rüstungsplaner um Albert Speer zu erfüllen. Und obgleich seit 1937 Mitglied der Partei, gehört er andererseits nicht zur Nomenklatura des Dritten Reiches. In den Staaten der Kriegsgegner kennt jedes Kind den unheilvoll klingenden Namen Krupp, der Konzernchef gilt als überaus mächtiger Mann. Und doch kann nicht einmal er verhindern, dass die Gestapo Gustav Krupps geschätzten Schwager Tilo Freiherr von Wilmowsky nach dem Attentat des 20. Juli 1944 als verdächtigen Regimegegner verhaftet und ins Konzentrationslager Sachsenhausen deportiert. 1945 schließlich ist Alfried Krupp, was er nie hat sein wollen: das Gesicht des Krupp-Konzerns, jedenfalls in den Augen der Sieger. In Deutschland dagegen, so der Historiker Lothar Gall, wurde er in der NS -Zeit eigentlich »neben der dominierenden Figur seines Vaters kaum wahrgenommen«, er »blieb passiv, er ergriff keine Initiativen und nur selten das Wort«. Um Krupp scheint es geschehen zu sein, als US -Militärpolizisten am 11. April 1945 vor der Villa Hügel vorfahren und Alfried Krupp von Bohlen und Halbach ohne weitere Höflichkeiten abführen. Daran ändert auch der um Wahrung der Würde bemühte Krupp’sche Hausverwalter nichts, der das Verhaftungskommando begrüßt, als sei es zu einer Teestunde mit dem Herrn des Hauses vorgefahren: »Herr von Bohlen erwartet Sie. Würden Sie bitte nähertreten?«
    Wie selbst angelsächsische Zeitungen mit dem Abstand von einigen Jahren schreiben werden, gerät Alfried Krupp »überwiegend aus symbolischen Gründen« auf die Nürnberger Anklagebank. Der Mann, der wesentlich mehr zu erzählen gehabt hätte als sein Sohn, sitzt derweil teilnahmslos in einem Sessel im Posthaus neben seinem Schloss Blühnbach, weit entfernt von der Welt, die er nicht mehr versteht. Die Demenz ist bei Gustav Krupp 1945 schon weit fortgeschritten. Er hat mehrere Schlaganfälle erlitten und spricht, wenn überhaupt, nur noch unzusammenhängend. Man wird ihn nicht mehr vor Gericht stellen können. Dabei ist er es gewesen, der, obwohl kein Freund der Naziideologie, wie so viele geblendet war von der Macht und den außenpolitischen Erfolgen des Regimes. Er ist es gewesen, der Krupp nolens volens nah an den NS -Staat herangeführt und vor der Werksbelegschaft verkündet hat: »Hitlers gedenken wir in Verehrung und Glauben, in Liebe und Dank.« Gustav Krupp von Bohlen und Halbach ist im Jagdgut Blühnbach bei Salzburg untergebracht, seit 1916 im Besitz der Familie, Ferienhaus und Sommerresidenz, von den Besatzungstruppen requiriert. Berthold Beitz erinnert sich, was ihm Alfried Krupp berichtet hat: »Der Vater saß in Blühnbach, auf einem Stuhl, und hat immer nur geschaut, vor der Tür, in der Sonne. Einmal hat ein Jäger, ein alter Freund von ihm, gesagt: Herr Baron, da ist ein Hirsch, den können Sie schießen. Aber er hat nur gesagt: Wo? Ich sehe nichts. Er hat den Hirsch gar nicht mehr gesehen.« Bis zu seinem Tod 1950 bleibt Gustav Krupp dort in Blühnbach, ein Denkmal seiner selbst, in tiefer Umnachtung.
    Krupp, der kurze, einprägsame Name, ist in Westeuropa der Inbegriff der Kumpanei zwischen mächtigen Industriellen und einem Regime ohne Gewissen. In dieser Wahrnehmung spielt es keine Rolle, dass Krupp nur eines, wenn auch ein sehr großes deutsches Unternehmen unter vielen im Dienst der Kriegsproduktion gewesen ist. Vor allem aber hat Krupp im Krieg gar nicht die Schlüsselrolle gespielt, an welche die Alliierten glaubten. Der Konzern galt Hitlers Kriegsplanern als Waffenhersteller mit scheinbar unbegrenzten Möglichkeiten – dabei war die kleinteilige, auf eine Vielzahl von Produkten ausgelegte Fertigung gar nicht geeignet, den Wünschen der Nazis gerecht zu werden. Diese träumten bis zuletzt von gewaltigen Anlagen, die modernste Waffen am Fließband ausspuckten wie Autos bei Ford in den USA . Wie der Historiker Werner Abelshauser schreibt, haben die Krupp-Manager im Bemühen um Privilegien und Aufträge durch das Regime sogar selbst den Eindruck erweckt, kein Unternehmen sei besser als Krupp auf den Bau von Waffen für den Krieg vorbereitet. Diese, »im Wesentlichen unzutreffende Darstellung mussten der Krupp-Konzern und sein Inhaber freilich teuer bezahlen« – nach 1945. Das alliierte Tribunal in Nürnberg verurteilt Alfried Krupp 1948 vor allem wegen des Einsatzes von Zwangsarbeitern durch das Unternehmen und der Ausbeutung von besetzten Gebieten zu

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