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Berthold Beitz (German Edition)

Berthold Beitz (German Edition)

Titel: Berthold Beitz (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joachim Käppner
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Einstellungsregelungen (insbesondere über die Gehaltsregelung) unterrichtet zu werden, da«, so die dürren Worte des Sitzungsprotokolls, »andernfalls nachteilige Auswirkungen auf die bei Krupp bestehende Personalpolitik befürchtet werden«.
    Die Ursachen für das Festhalten am Alten liegen auf der Hand: Erst hat das NS -Regime Krupp in den Dienst der Aufrüstung und dann des Krieges genommen. Anschließend kamen die Befreier, die den gefürchteten Kanonenkonzern unter erneute strenge Kuratel stellten, ihn im Grunde unter der Last der Auflagen, Vorschriften und Drohungen klein halten, wenn nicht gar ersticken wollten. Im Interview mit dem amerikanischen Journalisten Gordon B. Young äußert sich Beitz 1958 über die Zeit vor seinem Antritt in Essen: »Die alten Herren von Krupp hatten gar keine Chance, ihren Kopf zu benutzen oder Initiativen zu ergreifen …« – und er fügt, wie es seinem Besucher erscheint, mit dem Lächeln eines »Gentleman Gangster« hinzu: »… selbst wenn sie es gewollt hätten.«
    Beitz greift schon 1954, unterstützt von Janssen, mit harter Hand in die Führungsstrukturen des Konzerns ein. Das halbfeudale Herrschaftssystem ist damit Vergangenheit. Das Direktorium besteht nun aus lediglich noch vier Mitgliedern und zwei Stellvertretern, und, wichtiger noch, Beitz schafft sich einen eigenen, wohlorganisierten Stab.
    Beitz hat damit in der Organisation nachvollzogen, wozu ihn Alfried Krupp per Handschlag gemacht hat. Er ist, stets in Treue zum Besitzer, dessen Mann an der operativen Spitze. »Er unternahm bei Krupp nichts ohne mich«, sagt Beitz heute. »Und wenn es etwas zu tun gab, sollte ich das machen.« Nur das Einzelunternehmen Krupp hat einen derart machtvollen Posten anzubieten, er ist einzigartig in der deutschen Industrie selbst der fünfziger Jahre.
    GOLD AUS ALEXANDRIA, ABRECHNUNG IN ESSEN
    In einem großen, eingespielten Apparat ist auch der willensstärkste Reformer verloren, wenn er über keine eigenen Truppen verfügt. In seiner Stabsabteilung sammelt Beitz deshalb Getreue um sich. »Meine jungen Leute«, pflegt er zu sagen, »lassen sich von keinem dreinreden.« Außer von Berthold Beitz natürlich.
    Einer der jungen Herren ist Kurt Schoop, geboren 1921, der erfolgreiche Werbeleiter von Edeka. Beitz kennt ihn seit einem Verbandstag der Handelskette 1953, für den Schoop Bundeswirtschaftsminister Ludwig Erhard als Redner gewonnen hat. Peinlicherweise bleibt ein Ehrengast aus, der direkt in der ersten Reihe neben dem CDU -Minister sitzen sollte. Das sieht natürlich nicht gut aus. Gleich wird die Veranstaltung beginnen, und während Schoop noch überlegt, was bloß zu tun sei, erblickt er einen sehr gut gekleideten Herrn heraneilen, der unschöne Verwünschungen über die Lufthansa und ihre Verspätungen ausstößt: Berthold Beitz. Dieser hat, wie er berichtet, mit Bundeswirtschaftsminister Erhard ins Gespräch kommen wollen, am besten in entspannter Atmosphäre vor all den Reden. Aber nun scheint es zu spät zu sein. Schoop erkennt seine Chance. »Aber das ist doch kein Problem«, versichert er dem aufgebrachten Gast, »Sie sitzen doch direkt neben ihm.« Ein starker Auftritt. Beitz heuert Schoop bald danach an.
    Und so steigt der junge Mann 1954 mit großen Erwartungen aus dem Eilzug Hamburg–Essen. Von Essen-West muss er die Straßenbahn in die Innenstadt nehmen; die Waggons sind überfüllt, Schoop klammert sich außen an eine Haltestange, mühsam seinen Koffer balancierend. So geht es rumpelnd durch die düsteren Straßen. Erschöpft will er zu Mittag essen und betritt ein sehr schlichtes Lokal namens »Zum alten Ritter«. Plötzlich geht das Licht aus – der Strom bleibt weg. Und da noch Wohnungsnot herrscht in der von den Bomben heimgesuchten Stadt, schläft er anfangs zur Untermiete auf dem Sofa einer verwitweten älteren Dame. Willkommen in Essen.
    Als nächster Mitstreiter kommt Günter Vogelsang, ein 34-jähriger Wirtschaftsprüfer aus Krefeld. Sein erster großer Coup als Wirtschaftsprüfer war es, dem Stahl-Großhändler Willy H. Schlieker sieben Millionen Mark zurückzuverschaffen, die dieser zu viel an Steuern bezahlt hatte. Seither gilt Vogelsang trotz seiner jungen Jahre in der Branche als Profi.
    Vogelsang ist zu Beginn der fünfziger Jahre mit dem Vorstandsvorsitzenden der Hamburger Vereinsbank, Hugo Frohne, ins Geschäft gekommen, für den er untersucht, wie sich beim Kauf und Bau von Handelsschiffen Steuern sparen lassen. Frohne ist sehr zufrieden mit

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