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Berthold Beitz (German Edition)

Berthold Beitz (German Edition)

Titel: Berthold Beitz (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joachim Käppner
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NS -Regimes, hatte er durch Intervention von Hitlers oberstem Rüstungsplaner Albert Speer die Leitung der technischen Werftbetriebe bei Krupp übernommen – er sollte den U-Boot-Bau im Konzern zu Höchstleistungen peitschen. Herrmanns Vorgänger Franz Stapelfeldt, der bei Speers Stab als »Versager« in Ungnade gefallen war, hatte die Gestapo mitgenommen und eingekerkert. Vielen im Betrieb galt Herrmann als rücksichtslos, intrigant und egozentrisch.
    Im Krieg also stramm dabei, hat Herrmann seine Karriere im Unternehmen fortgesetzt und seine Position während des Interregnums von Alfried Krupps Landsberger Gefängnisjahren sogar noch ausgebaut. Er fühlt sich sicher, wäre da nicht dieser neue Generalbevollmächtigte. Manchmal schreibt Herrmann »ergebenst« Briefe an Beitz, in denen er über Mitarbeiter und andere Direktoren herzieht, gegen sie intrigiert (»Das Mindeste, das geschehen muß, ist, daß R. verwarnt wird«) und dafür die eigenen Leute empfiehlt (»Er ist der richtige Mann. Er hat Hirn und Brutalität.«). Andererseits ignoriert er Beitz’ Anweisung, wonach kein Direktor mehr gleichzeitig in mehreren Krupp-Gesellschaften zum Vorstand gehören dürfe.
    Wenig erstaunlich also, dass Vogelsang beim Altdirektor Herrmann nicht auf einen warmen Empfang hoffen kann. Der junge Mann wird vorgelassen. Herrmann begrüßt ihn so lauernd wie leutselig mit einer Überraschungsfrage: »Bitte schön, Herr Vogelsang, nehmen Sie Platz. Sind Sie evangelisch oder katholisch?« Vogelsang, dem die gönnerhaft-autoritäre Attitüde des Älteren missfällt, fragt zurück: »Wie hätten Sie es denn gern?« Vogelsang erinnert sich heute mit der ihm eigenen trockenen Gelassenheit: »Und schon war ich wieder draußen.«
    Als Vogelsang Beitz nun diese Geschichte erzählt, kann der ein Lächeln nicht mehr unterdrücken. Dann wählt er die Nummer von Herrmanns Hausanschluss und sagt: »Herr Herrmann, der Herr Vogelsang ist jetzt hier bei mir im Büro. Ich habe den Mann eingestellt, und ich weiß selber nicht, ob er evangelisch ist oder katholisch, aber wissen Sie was? Es ist mir auch egal.« Durch den Hörer ist wütender Widerspruch zu vernehmen, doch Beitz beendet das Gespräch bündig: »Konfessionszugehörigkeit ist nicht das Kriterium, nach dem wir hier Leute einstellen.« Tatsächlich soll es, wie Beitz jedenfalls argwöhnt, unter den Direktoren die Praxis geben, protestantische Bewerber zu bevorzugen, was er von Beginn an als unsachlich bekämpft hat. Zu seinem Revisionschef sagt er lachend: »Wenn mir in Ihrer Lage diese Antwort eingefallen wäre, wäre ich stolz.«
    Im Jahr 1957 bekommt Vogelsang Besuch von einem Sachbearbeiter, den er als sorgsamen, umsichtigen Mann kennengelernt hat. Der Angestellte ist auf Beträge gestoßen, die regelmäßig von einer Krupp-Kasse in Essen abgehoben und dann als Ausgaben in Alexandria verbucht werden. Dort in Ägypten ist Krupp an mehreren Brückenbauprojekten beteiligt. Angeblich werde das Geld benötigt, um die heimischen Auftraggeber einzuladen, sprich: zu bestechen. Merkwürdig, denkt Vogelsang, in Ägypten haben doch eben erst die jungen Offiziere um Nasser geputscht, und wenn die jetzt schon Zuwendungen aus Essen in ihre Privatschatullen stecken, dann muss alles, was er in der Zeitung über die neuen Machthaber und ihre moralischen Ansprüche gelesen hat, Unsinn sein.
    Vogelsang schickt einen erfahrenen Prüfer an den Nil. Der Mann stößt prompt auf Ungereimtheiten. Das besagte Geld sei gar nicht an Nassers Leute geflossen. Es werde vielmehr, so habe der Herr Direktor Herrmann im fernen Essen angeordnet, in roh geschmiedeten kleinen Goldringen angelegt, also in sehr teurem Schmuck. Der Emissär, misstrauisch geworden, weiß außerdem zu berichten, dass niemand anderes als Frau Herrmann alle paar Monate nach Alexandria reise und das Gold abhole. Mitarbeiter raunen, sie fahre jedes Mal mit einer Goldkette um den Hals zurück nach Deutschland.
    Vogelsang spricht bei Herrmann vor, der ihn ungnädig empfängt. »Darf ich fragen, Herr Direktor, wofür die Goldketten sind, die in Alexandria gekauft werden? Nur um es hier richtig zu verbuchen.«
    »Das geht Sie überhaupt nichts an. Sie können nicht als kleiner Revisionschef einen Direktor kontrollieren.« Und wieder sieht Vogelsang die Tür des Direktors von außen. Diesmal jedoch wird es eng für Herrmann. Vogelsang informiert Beitz, der Aufklärung über die Verwendung des Firmengeldes fordert.
    Herrmann unterschätzt seinen Gegner

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