Bertrams Hotel
müssen Sie Verständnis dafür haben, dass wir kein Aufsehen in der Presse erregen möchten.«
»Durchaus«, versicherte ihm Inspektor Campbell.
»Und ich werde mich ein bisschen mit dem Zimmermädchen unterhalten«, sagte Vater.
»Wie Sie wünschen. Ich bezweifle allerdings, dass sie Ihnen Auskunft geben kann.«
»Wahrscheinlich nicht. Aber es könnte doch irgendeine Kleinigkeit zum Vorschein kommen. Man kann nie wissen.«
Mr Humfries warf einen Blick auf seine Uhr.
»Das Mädchen tritt seinen Dienst um sechs Uhr an«, sagte er. »Im zweiten Stock. Hätten Sie vielleicht Lust, mittlerweile Ihren Tee zu nehmen?«
»Mir recht«, erklärte Vater.
Sie verließen gemeinsam das Büro.
Miss Gorringe sagte: »General Radley wird im Rauchzimmer sein. Das erste Zimmer links vom Korridor. Dort sitzt er meist um diese Zeit mit der Times. Ich fürchte zwar«, fügte sie diskret hinzu, »dass er eingeschlafen ist. Soll ich nicht lieber…«
»Nein, nein, überlassen Sie das nur mir«, sagte Vater. »Und wo ist die andere Person – die alte Dame?«
»Sie sitzt da drüben am Kamin.«
»Die mit dem dichten weißen Haar und dem Strickzeug?«, fragte Vater, der sie sich genauer ansah. »Könnte man sich gut auf der Bühne vorstellen, nicht wahr? Eine Art Universal-Großtante.«
Er wandte sich an Campbell. »Soll ich die Sache jetzt in die Hand nehmen, Sir? Ich weiß, Sie haben eine wichtige Verabredung.«
»Ganz recht«, sagte Campbell, der den Wink verstand. »Ich glaube ja nicht, dass viel dabei herauskommt, aber man darf nichts unversucht lassen.«
Mr Humfries verschwand in sein Privatgemach, wobei er Miss Gorringe zunickte:
»Miss Gorringe – einen Augenblick, bitte.«
Miss Gorringe folgte ihm und machte die Tür hinter sich zu.
Humfries ging im Zimmer auf und ab und fragte in scharfem Ton:
»Aus welchem Grund wollen Sie Rose aushorchen? Wadell hat doch bereits alle notwendigen Fragen gestellt.«
»Ich nehme an, es ist nur Routine«, erwiderte Miss Gorringe unsicher.
»Es ist am besten, wenn Sie zuerst mit ihr sprechen.«
Miss Gorringe war ein wenig betroffen.
»Inspektor Campbell wird doch sicher…«
»Oh, Campbell macht mir keine Sorgen. Der andere aber. Wissen Sie, wer das ist?«
»Ich glaube nicht, dass er seinen Namen genannt hat. Ist wohl irgendein Sergeant. Scheint ein ziemlicher Tölpel zu sein.«
»Tölpel – dass ich nicht lache«, sagte Mr Humfries, seine übliche gewählte Ausdrucksweise vergessend. »Das ist Chefinspektor Davy, ein alter Fuchs, wie er im Buche steht. Beim Yard halten sie große Stücke auf ihn. Ich möchte gern mal wissen, was er hier zu suchen hat, warum er herumschnüffelt und den jovialen Provinzler spielt. Das gefällt mir ganz und gar nicht.«
»Sie denken doch nicht etwa…«
»Ich werde überhaupt nicht klug daraus. Aber ich sage Ihnen nochmals: Es gefällt mir nicht. Hat er noch mit jemand anders sprechen wollen außer mit Rose?«
»Ich glaube, er hat die Absicht, mit Henry zu reden.«
Mr Humfries lachte. Miss Gorringe ebenfalls.
»Bei Henry brauchen wir keine Angst zu haben.«
»Nein, wirklich nicht.«
»Und die Gäste, die Kanonikus Pennyfather kannten?«
Mr Humfries lachte von Neuem.
»Ich wünsche ihm viel Vergnügen mit dem alten Radley. Er muss sich die Lunge aus dem Hals schreien, ohne dass er etwas dabei erreicht. Soll sich ruhig mit Radley amüsieren und mit dieser komischen alten Glucke, Miss Marple. Trotzdem bin ich von seiner Schnüffelei nicht gerade erbaut…«
14
» W issen Sie was«, sagte Chefinspektor Davy nachdenklich, »von diesem Humfries bin ich nicht sehr begeistert.«
»Glauben Sie, dass da etwas nicht stimmt?«, fragte Campbell.
»Nun…« Vater wich einer direkten Antwort aus. »Sie kennen ja dieses Gefühl, das man manchmal hat. Kriecherischer Bursche. Möchte mal wissen, ob er der Eigentümer oder nur der Direktor ist.«
»Ich kann ihn ja fragen.« Campbell drehte sich um und wollte zum Empfang gehen.
Vater hielt ihn zurück. »Nein, fragen Sie ihn nicht. Kriegen Sie es heraus – ohne viel Aufhebens.«
Campbell blickte ihn neugierig an.
»Was haben Sie im Sinn, Sir?«
»Nichts Besonderes. Ich hätte nur ganz gern mehr Auskünfte über dieses Hotel. Möchte wissen, wer dahinter steckt, wie die finanziellen Verhältnisse aussehen und dergleichen mehr.«
Campbell schüttelte den Kopf.
»Wenn ich einen Ort in London nennen sollte, der über jeden Verdacht erhaben ist, so hätte ich auf Bertrams Hotel
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