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Bertrams Hotel

Bertrams Hotel

Titel: Bertrams Hotel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Agatha Christie
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getippt.«
    »Ich weiß, ich weiß«, sagte Vater. »Und wie nützlich ist es, einen solchen Ruf zu genießen!«
    Campbell schüttelte wiederum den Kopf und verließ das Hotel. Vater ging den Korridor hinunter, der zum Raucherzimmer führte. General Radley wachte gerade auf. Die Times war ihm von den Knien gerutscht und dabei ein wenig in Unordnung geraten. Vater hob sie auf, legte die Seiten fein säuberlich aufeinander und reichte sie dem General.
    »Vielen Dank, Sir. Sehr freundlich«, sagte General Radley ein wenig schroff.
    »General Radley?«
    »Ja.«
    »Entschuldigen Sie bitte«, sagte Vater mit erhobener Stimme, »ich möchte mit Ihnen über Kanonikus Pennyfather sprechen.«
    »Wie – was sagen Sie da?« Der General legte eine Hand hinter das Ohr.
    »Kanonikus Pennyfather«, bellte Vater.
    »Mein Vater? Schon seit Jahren tot.«
    »Kanonikus Pennyfather.«
    »Ach so. Was ist mit ihm? Habe ihn neulich noch gesehen. Er wohnte hier.«
    »Er wollte mir eine Adresse geben und sagte, er würde sie bei Ihnen lassen.«
    Es war schon bedeutend schwieriger, ihm diesen Satz ins Ohr zu posaunen, aber Geduld und Beharrlichkeit führten auch hier zum Ziel.
    »Hat mir nie eine Adresse gegeben. Muss mich mit jemand anders verwechselt haben. Konfuser alter Knabe. Immer schon so gewesen. Gelehrtentyp, wissen Sie. Die sind immer zerstreut.«
    Vater harrte noch etwas länger aus, kam dann aber zu dem Schluss, dass eine Unterhaltung mit General Radley praktisch unmöglich und fast mit Bestimmtheit zwecklos sei. Er kehrte in die Halle zurück und nahm an einem Tisch Platz, der neben Miss Marples Tisch stand.
    »Tee, Sir?«
    Vater blickte auf. Wie jeder andere war auch er von Henrys Auftreten beeindruckt. Obwohl ein großer und wohlbeleibter Mann, war er gleichsam wie eine Reinkarnation von Ariel aufgetaucht, der nach Belieben erscheinen und verschwinden konnte. Vater bestellte Tee.
    »Ich glaube, ich habe vorhin gesehen, dass Sie Muffins haben. Stimmt’s?«
    Henry lächelte huldvoll.
    »Ja, Sir. Und unsere Muffins sind in der Tat sehr gut, wenn ich so sagen darf. Sie finden viel Anklang. Soll ich Muffins für Sie bestellen, Sir? Indischer oder chinesischer Tee?«
    »Indischer«, sagte Vater. »Oder Ceylon-Tee, wenn Sie ihn haben.«
    »Gewiss haben wir Ceylon-Tee, Sir.«
    Henry schnippte mit einem Finger, und der blasse junge Mann, sein beflissener Diener, ging davon, um Tee und Muffins herbeizuschaffen. Henry begab sich gelassen an einen anderen Tisch.
    Du stellst etwas vor, das steht fest, dachte Vater. Ich möchte mal wissen, wo sie dich aufgegabelt haben und was sie dir zahlen. Einen schönen Batzen, wette ich, und das bist du ihnen auch wert. Er beobachtete Henry, wie er sich väterlich über eine ältere Dame beugte, und fragte sich im Stillen, was Henry wohl von ihm dachte, falls er überhaupt über ihn nachdachte. Vater fand, dass er ganz gut ins Milieu des Bertrams passe. Man konnte ihn für einen wohlhabenden Gutsbesitzer halten oder für einen etwas heruntergekommenen Peer.
    Dann standen der Tee und die Muffins vor ihm. Er biss in das Gebäck, und die Butter lief ihm über das Kinn. Er wischte sie mit einem großen Taschentuch fort und trank zwei Tassen Tee mit viel Zucker. Dann beugte er sich vor und sprach die Dame an, die am Nebentisch saß.
    »Verzeihung«, begann er, »sind Sie nicht Miss Jane Marple?« Miss Marple hob den Blick von ihrem Strickzeug und ließ ihn auf Chefinspektor Davy ruhen.
    »Ja«, sagte sie, »die bin ich.«
    »Hoffentlich haben Sie nichts dagegen, wenn ich mit Ihnen spreche. Ich bin nämlich Polizeibeamter.«
    »Wirklich? Es ist doch hier nichts Ernstliches vorgefallen?«
    Er beruhigte sie eilig in seiner besten väterlichen Art.
    »Nein, kein Grund zur Besorgnis, Miss Marple. Kein Einbruch oder dergleichen. Ein zerstreuter Geistlicher bereitet uns etwas Kopfzerbrechen, weiter nichts. Ich glaube, Sie haben ihn getroffen. Kanonikus Pennyfather.«
    »Ach so, Kanonikus Pennyfather. Er war erst kürzlich noch hier. Ja, ich kenne ihn seit vielen Jahren oberflächlich. Er ist, wie Sie schon sagten, ziemlich zerstreut.« Interessiert setzte sie hinzu: »Was hat er jetzt wieder angestellt?«
    »Nun, er ist uns abhanden gekommen, wenn ich mich so ausdrücken darf.«
    »Oje! Wo sollte er denn sein?«
    »Zuhause in seiner Pfarrei. Dort ist er aber nicht.«
    »Mir hat er gesagt, er wolle an einem Kongress in Luzern teilnehmen. Es handelte sich, glaube ich, um die Schriftrollen vom Toten Meer. Er ist

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