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Bertrams Hotel

Bertrams Hotel

Titel: Bertrams Hotel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Agatha Christie
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nämlich Fachmann für Hebräisch und Aramäisch.«
    »Ja«, sagte Vater. »Sie haben ganz Recht. Es wurde allgemein angenommen, dass er hinfahren würde.«
    »Soll das etwa heißen, dass er dort nicht erschienen ist?«
    »Ganz recht. Er ist nicht dort gewesen.«
    »Na ja«, meinte Miss Marple, »er hat sich wahrscheinlich im Datum geirrt.«
    »Sehr wahrscheinlich.«
    »Leider ist es wohl nicht das erste Mal, dass ihm so etwas passiert ist. Ich war einmal bei ihm in Chadminster zum Tee eingeladen, und da war er gar nicht zuhause. Seine Haushälterin erzählte mir bei der Gelegenheit, wie zerstreut er oft sei.«
    »Als er sich hier aufhielt, hat er Ihnen wohl nichts gesagt, was uns einen Anhaltspunkt geben könnte?«, fragte Vater auf ungezwungene, vertrauliche Art. »Sie wissen wohl, was ich meine. Vielleicht hat er von einem alten Freund gesprochen, den er getroffen hat, oder von irgendwelchen Plänen, abgesehen von dieser Luzerner Konferenz?«
    »O nein. Er hat nur die Konferenz in Luzern erwähnt. Ich glaube, er sprach davon, dass sie am 19. stattfindet?«
    »Ja, das war der Tag der Luzerner Konferenz.«
    »Ich habe mir das Datum nicht so genau gemerkt. Ich meine…« Wie viele alte Damen geriet Miss Marple hier ein wenig durcheinander. »Ich glaube, er hat den 19. erwähnt, aber es ist ebenso gut möglich, dass er den 19. meinte, dass es jedoch in Wirklichkeit der 20. war. Ich meine, er hat vielleicht angenommen, der 20. sei der 19. oder er mag auch gemeint haben, der 19. sei der 20.«
    »Oje…«, sagte Vater, ein wenig benommen.
    »Ich habe mich ungeschickt ausgedrückt«, gab Miss Marple zu. »Aber ich wollte damit sagen: Wenn Menschen wie Kanonikus Pennyfather erwähnen, dass sie an einem Donnerstag irgendwohin gehen wollen, erwartet man durchaus, dass sie gar nicht Donnerstag, sondern in Wirklichkeit Mittwoch oder Freitag gemeint haben. Gewöhnlich entdecken sie den Fehler beizeiten, aber manchmal auch nicht. Ich dachte damals schon, dass ihm so etwas wohl unterlaufen sein musste.«
    Vater blickte etwas verdutzt drein.
    »Es klingt ja so, Miss Marple, als hätten Sie schon gewusst, dass Kanonikus Pennyfather nicht nach Luzern gefahren ist.«
    »Ich wusste, dass er am Donnerstag nicht in Luzern war. Da war er den ganzen Tag hier – wenigstens den größten Teil des Tages. Deshalb habe ich natürlich angenommen, dass er eigentlich Freitag meinte, wenn er auch mir gegenüber von Donnerstag gesprochen haben mag. Jedenfalls ist er am Donnerstagabend mit seiner BEA-Tasche von hier fortgegangen.«
    »Das stimmt.«
    »Ich nahm an, er würde zum Flughafen fahren«, sagte Miss Marple. »Deshalb war ich so erstaunt, ihn wieder hier zu sehen.«
    »Entschuldigen Sie bitte, wie meinten Sie?«
    »Nun, dass er wieder hier war, meinte ich.«
    »Das wollen wir mal eben klarstellen«, sagte Vater, der sich bemühte, recht ungezwungen und betulich zu sprechen, und nicht so, als sei ihm die Sache wichtig. »Sie haben also gesehen, wie der alte Idiot – Entschuldigung, der Kanonikus, am frühen Abend mit seiner kleinen Reisetasche fortging und, wie Sie annahmen, zum Flughafen fuhr. Stimmt das?«
    »Ja, gegen halb sieben, möchte ich sagen, oder auch um Viertel vor sieben.«
    »Aber Sie behaupten, er sei zurückgekommen.«
    »Vielleicht hat er das Flugzeug verpasst.«
    »Wann ist er zurückgekommen?«
    »Nun, das kann ich wirklich nicht sagen. Ich habe ihn nicht heimkehren sehen.«
    »Oh«, sagte Vater verblüfft. »Ich hatte Sie so verstanden, dass Sie ihn tatsächlich gesehen hätten.«
    »Ich habe ihn auch gesehen, aber später. Ich wollte nur sagen, dass ich ihn nicht in dem Augenblick gesehen habe, als er ins Hotel zurückkehrte.«
    »Sie sahen ihn also später? Wann war das?«
    »Einen Moment. Es war gegen drei Uhr morgens. Ich schlief nicht sehr gut. Durch irgendein Geräusch wurde ich wach. In London gibt es so viele merkwürdige Geräusche. Ich blickte auf meinen kleinen Reisewecker, und es war zehn Minuten nach drei. Aus einem unerfindlichen Grund war ich unruhig. Schritte vor meiner Tür, vielleicht. Wenn man auf dem Lande lebt und mitten in der Nacht Schritte hört, so wird man nervös. Also habe ich einfach meine Tür geöffnet und auf den Korridor hinausgeschaut. Da sah ich, wie Kanonikus Pennyfather gerade sein Zimmer verließ – es liegt neben dem meinen – und dann die Treppe hinunterstieg. Er trug seinen Mantel.«
    »Er kam um drei Uhr morgens, mit seinem Mantel bekleidet, aus seinem Zimmer und ging die

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