Bertrams Hotel
Bertrams Hotel natürlich.«
»Es ist ein sehr gut geführtes Haus, Sir. Nie Scherereien.«
»Das ist ja schön«, meinte Vater und fügte nachdenklich hinzu: »Ich möchte mir das Hotel gern mal ansehen.«
»Selbstverständlich, Sir«, sagte Inspektor Campbell. »Wenn Sie wollen. Ich hatte selbst vor, dort gelegentlich vorbeizuschauen.«
»Dann könnte ich ja eben mitkommen«, schlug Vater vor. »Nicht um mich einzumischen, ganz und gar nicht. Aber ich möchte das Haus mal genauer unter die Lupe nehmen, und Ihr verschwundener Erzdiakon – oder was er auch ist – liefert mir einen guten Vorwand dafür. Sie brauchen mich nicht mit ›Sir‹ anzureden, wenn wir dort sind. Machen Sie sich nur recht wichtig. Ich werde die Rolle des Handlangers spielen.«
Die beiden Detektive machten sich zusammen auf den Weg, Campbell in einem eleganten Straßenanzug und Chefinspektor Davy in einem Tweedanzug, in dem er aussah wie ein Bauer im Sonntagsstaat. Sie passten ganz gut ins Bertrams. Nur Miss Gorringe sah, als sie von ihren Geschäftsbüchern aufblickte, mit ihrem scharfen Auge, dass sie nicht zu den Gästen gehörten, und schätzte sie richtig ein. Da sie selbst das Verschwinden des Kanonikus Pennyfather gemeldet und bereits eine Unterredung mit einem Sergeanten des Polizeireviers gehabt hatte, war sie auf einen solchen Besuch gefasst gewesen.
Mit einem Wink veranlasste sie die ernst dreinblickende Hilfskraft, die sich im Hintergrund zu ihrer Verfügung hielt, die routinemäßige Arbeit am Empfang zu übernehmen, während Miss Gorringe sich unmerklich etwas weiter den Tresen entlang schob und zu den beiden Männern aufblickte. Inspektor Campbell legte ihr seine Karte vor, und sie nickte.
»Möchten Sie nicht lieber mit ins Büro kommen?«, fragte Miss Gorringe. »Dort können wir uns ungestört unterhalten.«
»Ja, das wäre wohl am besten.«
»Ein schönes Hotel haben Sie«, sagte der große, korpulente, etwas grobschlächtig aussehende Mann. »Behaglich«, fügte er mit einem anerkennenden Blick auf das große Feuer hinzu. »Solider, altmodischer Komfort.«
Miss Gorringe quittierte das Kompliment lächelnd, kam hinter dem Tresen hervor und lud die beiden Männer mit einem Blick ein, ihr zu folgen. Sie öffnete eine schlichte Mahagonitür ohne Aufschrift, und sie betraten ein kleines, ziemlich ungemütliches Büro. Alle drei nahmen Platz.
»Der verschwundene Mann ist Kanonikus Pennyfather, soweit ich unterrichtet bin«, sagte Inspektor Campbell mit einem Blick auf seine Notizen. »Ich habe Sergeant Wadells Bericht gelesen. Vielleicht erzählen Sie mir nochmal mit Ihren eigenen Worten, was vorgefallen ist.«
»Ich glaube nicht, dass Kanonikus Pennyfather wirklich verschwunden ist«, sagte Miss Gorringe. »Wissen Sie, meiner Ansicht nach hat er zufällig jemanden getroffen, einen alten Freund oder Bekannten, und ist dann mit ihm zu irgendeinem Gelehrtentreffen gefahren, drüben auf dem Kontinent. Er ist doch so zerstreut.«
»Sie kennen ihn schon länger?«
»O ja, er steigt hier seit – Moment mal – oh, seit mindestens fünf oder sechs Jahren ab, möchte ich meinen.«
»Sie sind wohl auch schon ziemlich lange hier, Ma’am«, mischte sich Chefinspektor Davy plötzlich in die Unterhaltung.
»An die vierzehn Jahre«, erwiderte Miss Gorringe.
»Es ist ein hübsches Hotel«, wiederholte Davy. »Und Kanonikus Pennyfather hielt sich gewöhnlich hier auf, wenn er in London war? Habe ich Recht?«
»Ja. Er kam immer zu uns und schrieb rechtzeitig vorher, um sich sein Zimmer zu reservieren. Auf dem Papier war er bei Weitem nicht so zerstreut wie im wirklichen Leben. Diesmal bestellte er ein Zimmer vom 17. bis zum 21. November. Während dieser Zeit gedachte er ein bis zwei Nächte außer Haus zu verbringen, wünschte aber sein Zimmer während seiner Abwesenheit zu behalten. Das hat er schon ziemlich oft getan.«
»Wann haben Sie sich zum ersten Mal Gedanken um ihn gemacht?«, fragte Campbell.
»Eigentlich überhaupt nicht. Natürlich war es in gewisser Beziehung unangenehm. Sein Zimmer war nämlich ab dem 23. neu vermietet, und als ich merkte – anfangs war es mir gar nicht aufgefallen –, dass er von Lugano noch nicht zurückgekehrt war…«
»In meinen Aufzeichnungen hier steht Luzern«, warf Campbell ein.
»Ja, ja, ich glaube, es war auch Luzern. Irgendein archäologischer Kongress. Jedenfalls, als ich feststellte, dass er noch nicht wiedergekommen war und sein Gepäck geholt hatte, war mir das Ganze
Weitere Kostenlose Bücher