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Beruehre meine Seele

Beruehre meine Seele

Titel: Beruehre meine Seele Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rachel Vincent
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verzweifelt nach dem Silberstreif am Horizont eines schwarzen Himmels, der von einer finsteren Wolke des Todes verdunkelt wurde, die alles Licht verschluckte und mir eine Heidenangst einjagte.
    „Es heißt, sie hätte eine Fehlgeburt gehabt“, sagte Emma leise, und ich zuckte innerlich zusammen, als sich daraufhin ein junger Mann in grün-weißem T-Shirt auf der Bank hinter ihr umdrehte und ich seine verweinten Augen sah, in denen gleichzeitig Wut und Trauer standen. Max Kramer. Er und Danica waren seit fast einem Jahr ein Paar und sein Schmerz so schonungslos offenkundig, dass ich das Gefühl hatte, mit meiner bloßen Anwesenheit seine Privatsphäre zu verletzen.
    „Die Leute sollten besser mal nachdenken, bevor sie so einen Scheiß über jemanden erzählen“, blaffte er. Emma erstarrte für einen Moment beschämt, wie ein Kind, das beim Klauen erwischt worden war, dann drehte sie sich langsam zu Max um.
    „Max … ich … entschuldige, ich wollte nicht …“
    Er stand auf, ohne sie ausreden zu lassen, und sein kräftiger Oberkörper warf einen langen, schwarzen Schatten auf unseren Tisch. „Nur, damit ihr’s wisst, das ist alles dummes Gesülze.“ Er schrie nicht, bemühte sich aber auch nicht direkt, leise zu sprechen, sodass ihn vermutlich der halbe Schulhof hören konnte. „Danica kann gar nicht schwanger gewesen sein, denn wir waren noch nicht zusammen im Bett, okay? Also sucht euch jemand anderen, über den ihr tratschen könnt. Oder noch besser, haltet doch gleich ganz eure Klappe.“
    Wir sahen ihm nach, wie er auf die Tür zur Cafeteria zustapfte, und ein Blick auf Emmas geknickten Gesichtsausdruck genügte, um zu wissen, dass Max ihr genauso leidtat wie mir.
    „Armer Trottel“, sagte Sabine, die gerade dabei war, sich einen von Nashs Käsenachos in den Mund zu schieben. „Er glaubt anscheinend wirklich, was er sich da einredet.“ Als Mara hatte Sabine die Gabe, die in Menschen tief verborgenen Ängste zu lesen, um daraus Albträume zu konstruieren, von denen sie sich ernährte, während ihre Opfer schliefen. Doch ihre Mara-Fähigkeiten hatten nichts damit zu tun, dass sie allein aufgrund von jemandes Körpersprache und Gesichtsausdrücken erstaunlich treffsicher erahnen konnte, was in einer Person vor sich ging. Zu meinem permanenten Leidwesen.
    „Natürlich tut er das“, schnappte Emma, die entgegen ihrer sonst so friedliebenden Natur jede kleinste sich bietende Gelegenheit beim Schopf packte, um mit Sabine Streit anzufangen. Doch man konnte es ihr nicht zum Vorwurf machen. Schließlich war Emma von Sabine vor nicht ganz sechs Wochen in die Unterwelt verschleppt und um ein Haar einem Hellion ausgeliefert worden, und zwar mit Leib und Seele. Aber dieses Mal steckte offenbar mehr als das hinter ihrem Verhalten; Em war sauer auf sich selbst. Aus dem Grund, dass sie Max, dem es auch so schon schlecht genug ging, verletzt hatte. Und das allein deswegen, weil sie einfach nicht widerstehen konnte, immer alles brühwarm weiterzuerzählen, was sie aufschnappte. „Dadurch, dass irgendjemand wilde Vermutungen anstellt, werden sie nicht automatisch zur Wahrheit. Meine Tante hatte letztes Jahr eine Fehlgeburt, und die ist völlig anders verlaufen als das heute Morgen bei Danica. Bauchkrämpfe, klar, aber Blutungen hatte sie fast gar keine, geschweige denn so heftige.“
    Sabine zuckte ungerührt mit den Schultern. „Ich bin zwar kein Medizinmann, aber wenn du mich fragst, sie war hundertprozentig schwanger, nur eben nicht vom guten alten Max. Doch das Licht ist ihm noch nicht aufgegangen, wie man gerade gesehen hat.“
    „Tja, zu dumm, dich hat nämlich niemand gefragt“, stellte Emma schnippisch fest. „Also wieso kümmerst du dich nicht um deinen eigenen Kram?“
    Stirnrunzelnd blickte Sabine sie an. „Hey, schon gut, reg dich ab. Die böse Mara rennt nicht gleich los und bindet dem armen Jungen auf die Nase, dass seine Freundin zweigleisig gefahren ist.“
    „Sabine …“ In Nashs Stimme lag ein unverkennbar warnender Unterton, der normalerweise Musik in meinen Ohren war, wenn er sich gegen Sabine richtete. Die Exfreundin meines Freundes. Welche keinen Hehl daraus machte, dass sie den „Ex“-Teil nach wie vor nur allzu gern streichen würde, Waffenstillstand hin oder her.
    „Sie hat recht“, flüsterte ich hinter vorgehaltener Hand, damit mich außer den anderen an unserem Tisch niemand sonst auf dem Schulhof hörte.
    „Woher willst du …?“ Emma sah mich verwundert an, und ich

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