Beruehrt
damit sie nicht doch noch schwach wurde.
»Nein«, seufzte sie und ließ sich zu einem kurzen Abschiedskuss herunterziehen. Verflixte Inkonsequenz aber auch. Dann machte sie, dass sie hinauskam, und zog die Tür fest hinter sich ins Schloss.
11
R achel saß eine Weile stumpf in ihrer Wohnung und sah aus dem Fenster in den Park. An Schlaf war nicht zu denken, ihre Gedanken spielten in ihrem Kopf Fangen und ließen keine Hirnwindung aus. Also beschloss sie, sich den Kopf freizujoggen. Sie bereute nicht, Caleb geküsst zu haben, sie fragte sich nur, ob es auch ohne den Tee dazu gekommen wäre oder ob sie es einfach als weiteren Schritt ihres Ablöseprozesses von Grayson feiern sollte.
Ihre Theorie, dass Amelia mit Grayson und davor oder danach mit Caleb zusammen gewesen sein musste, passte wie der Wolf zum Geißlein, zumal Caleb dem nicht widersprochen hatte. Zynisch notierte sie, dass sich da eine weitere Parallele zwischen ihr und Amelia anbahnte. Und doch fehlten noch Bausteine. Stand wirklich »nur« die Eifersucht um ein verstorbenes Mädchen zwischen den Jungs? Wenn Grayson den Unfall verschuldet hatte, war es nachvollziehbar, dass Caleb nichts mehr mit ihm zu tun haben wollte. Aber umgekehrt? Und warum schwiegen alle?
In der Auffahrt begegnete sie Ron, der offenbar gerade auf dem Weg zu Helen war.
»Hey«, begrüßte er sie und lächelte offen, als sie über den knirschenden Kies auf ihn zutrabte. Er schien etwas zu überlegen, druckste einen Moment lang herum und bat dann fast schon schüchtern: »Rachel, warte. Kann ich dich mal was fragen? Es ist wegen Helen.«
Rachel trippelte auf der Stelle, um sich warm zu halten. »Hat das bis später Zeit? Ich wollte grade loslaufen und hab's ein bisschen eilig.«
»Ja, äh, klar«, sagte Ron entschuldigend. »Kein Problem, viel Spaß.«
»Danke. Dann bis später, ich denk dran, versprochen.« Sie nickte ihm freundlich zu und joggte weiter. Was konnte er nur von ihr wollen? Fast bereute sie, ihn einfach so stehen gelassen zu haben. Aber bevor sie sich mit neuen Problemen beschäftigte, entschied Rachel, wollte sie erst einmal einen klaren Kopf bekommen.
Das Laufen tat gut. Auf halber Strecke wurde sie von einem kleinen Schauer überrascht. Der Regen war warm und verbesserte ihre Laune schlagartig. Vielleicht hatte sie sich tatsächlich ein wenig in Caleb verknallt, nachdem sie ihm so viel Mist durchgehen ließ. Sie musste über sich selber schmunzeln, auch wenn es alles andere als witzig war. Das war wieder typisch, immer suchte sie sich die Kerle mit den größten Baustellen. Vielleicht sollte sie nicht Kunst, sondern lieber Psychotherapie studieren? Jedenfalls wurde es Zeit, dass das Semester endlich begann, sie etwas Vernünftiges zu tun bekam und sich ein geregelter Tagesablauf einstellte. Ihr Studentenleben erfüllte bisher alle Klischees, noch bevor die Uni überhaupt angefangen hatte. Ob es wirklich so eine gute Idee gewesen war, einen Schnitt zu ziehen und weit weg von zu Hause neu anfangen zu wollen? Manche Dinge wurde man anscheinend nicht los. Sie funktionierten wie ein gigantischer Magnet oder eine unsichtbare Leuchtreklame über dem Kopf: Therapiefälle zu mir! Ich kann es nicht lösen, aber ich bewundere dein Problem!
Als sie nach Hause kam, war eine kleine Privatparty auf der Terrasse in vollem Gange. Die Musik schallte bis zur Auffahrt herunter. Rachel bog eigentlich nur in Richtung der gut gelaunten Truppe ab, um in den völlig verschwitzten Sportklamotten die perfekte Ausrede zu präsentieren, an diesem Tag auf Nudelsalat, Bowle und Grillwürstchen verzichten zu müssen.
Sie schnupperte. Es roch allerdings sehr lecker, was Bruce und Josh da auf dem Grill gezaubert hatten. Ihr Magen knurrte und boykottierte aufs Schärfste, was sie sich so schön zurechtgelegt hatte.
Neugierig lugte sie um die Ecke. »Hey, ich dachte, ihr wolltet am Strand Boule spielen?«
»Das dachte ich auch«, brummte Ron.
Helen winkte sofort, als sie Rachel erspähte. »Haben wir auch, aber dann hatten wir Hunger und Durst und Lust auf Musik. Außerdem wollte ich zur Abwechslung gern mal relaxen, ohne von Kindergeschrei gestört zu werden.«
Ron seufzte.
»Ach komm schon, entspann dich«, erwiderte Josh und hielt ihm augenzwinkernd ein Bier hin.
»Nein danke«, sagte Ron artig. »Ich trinke nicht, schon gar nicht tagsüber.«
Josh verdrehte heimlich die Augen und schnitt Rachel eine Grimasse. Musste Helens Auserwählter denn so eine Spaßbremse sein? Sie verkniff
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