Berufen (Die Kinder des Schöpfers, Band 1) (German Edition)
Einfahrten besaßen, standen Privatkutschen.
Kinder verschiedenen Alters spielten auf der Straße mit einem Ball und als sie Crevi und Vlain kommen sahen, musterten sie sie neugierig aus großen Augen.
Vlain merkte, wie seine Schutzbefohlene den Kleinen zulächelte. Er selbst gab sich reserviert. Er hatte sich nie allzu gut darauf verstanden, mit Kindern umzugehen.
Schließlich blieben sie vor einem Backsteinhaus stehen, dessen Vorgarten von einem weißen Zaun eingerahmt wurde. Ein kleines Bäumchen begrüßte die Besucher und Blumenbüsche säumten den Weg, der zur Haustür führte.
»Sieht nett aus«, sagte Crevi und schien sich damit selbst Mut machen zu wollen.
Vlain öffnete das Gartentor und nickte ihr zu . »Nach Ihnen, Miss Sullivan.«
Sie schenkte ihm einen vie lsagenden Blick.
Er schloss das Tor hinter sich und eilte seiner Begleiterin nach. Nun packte auch ihn die Aufregung. Es war so lange her…Wenn es doch nur nicht so lange her wäre…
Vor der Tür angekommen fasste er sich ein Herz und klopfte gegen das hellbraune Holz.
» Du bist auch nervös«, registrierte Crevi zufrieden und grinste.
Er erwiderte nichts, sondern wartete, dass man ihnen öffnen würde.
Mehrere Minuten dauerte es, bis er Schritte auf der anderen Seite der Tür vernahm. Jemand schaute durch den Türspion und drückte daraufhin die Türklinke hinunter.
Verdammt, wann war er das letzte Mal so aufgeregt gewesen?
»Vlain, bist du das?«, fragte die Stimme einer älteren Frau durch die halb geöffnete Tür. Ein Augenpaar war zu erkennen.
» Mama, ja. Ich bin es«, erwiderte er halb lachend, um seine Unsicherheit zu überspielen.
Mit einem Ruck flog die Tür auf und eine ältere Dame, die etwas mehr als einen Kopf kleiner war als er, erschien darin. Ihr Gesicht war faltiger, als er es in Erinnerung hatte, dennoch unverkennbar. Sie trug ein einfaches braunes Kleid und eine Hausfrauenschürze darüber.
Ehe er sich versah, lagen sie sich in den Armen und fest drückte er sie an sich. Seiner Mutter entwich ein Schluchzen, dann sah sie ihn aus feuchten Augen an und schüttelte ergriffen den Kopf. »Wir dachten alle, wir würden dich nie wieder sehen.« Sie ließ ihn wieder los. »Warum hast du nie geschrieben?«
» Ich bin nicht dazu gekommen…«
» Wahrscheinlich hast du nur nicht daran gedacht. Vergesslich warst du ja schon immer«, tadelte sie ihn.
Erst jetzt fiel ihr Blick auf Crevi, die daneben gestanden hatte.
»Und du bringst Besuch mit!«, kommentierte seine Mutter überrascht. »Wie lange ist es her, dass du das letzte Mal ein Mädchen mit nach Hause gebracht hast?« Rasch wandte sie sich Crevi zu und lächelte. »Wie heißt du, mein Kind?«
» Crevi. Crevi Sullivan«, murmelte die junge Frau und ließ sich von seiner Mutter die Hand schütteln.
» Virginia. Moore, natürlich.«
» Mama, ist ja gut«, versuchte Vlain, sie von der ohnehin nervösen Crevi abzulenken. »Wie wäre es, wenn wir erst einmal ins Haus gehen?«
Dem stimmte seine Mutter zu und so betraten sie den Flur, in dem sie eine Anrichte mit mehreren Zeichnungen darauf willkommen hieß. Crevi, als begnadete Künstlerin, ließ gleich den Blick darüber schweifen.
» Die sind von meiner Schwester«, teilte er ihr mit. »Jántre.«
» Du hast mir gar nicht erzählt, dass sie auch gezeichnet hat.«
» Oh, du bist Künstlerin?«, hakte seine Mutter nach.
» Nur ein Hobby«, schwächte Crevi ab, wie es ihre Art war, all ihre Talente, schlecht zu reden. »Eigentlich bin ich Ärztin.«
» Ein sozialer Beruf«, stellte Virginia Moore erfreut fest.
» Ja.«
» Lasst uns doch in den Salon gehen«, drängte sie nun und schob die beiden durch die angrenzende Tür in das Gesellschaftszimmer. »Sieh mal, Isidos, wen ich mitgebracht habe!«, rief Virginia, warf den beiden einen aufmunternden Blick zu und verschwand in der Küche mit den Worten: »Ich hole schnell ein paar Plätzchen und setze Tee auf.« Ihre Röcke raschelten, als sie sich entfernte.
Crevi warf Vlain einen seltsamen Blick zu, den er nicht deuten konnte . »Was ist?«
» Nichts.« Sie lächelte plötzlich und zog ihn mit sich hinter der Ecke hervor, die ihn noch vor den Blicken seines Vaters verbarg.
Isidos Moore war ein hagerer Mann. Die Füße hochgelegt , saß er in einem alten Ohrensessel und musterte sie über den Rücken eines Buches hinweg, unter buschigen Augenbrauen hervor. »Du!«, entfuhr es ihm fast erschrocken und beinahe hätte er sein Buch fallen gelassen. »Wir haben
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