Berufen (Die Kinder des Schöpfers, Band 1) (German Edition)
Moore«, antwortete ihm statt seiner Schwester eine strenge alte Frau, die sich gemeinsam mit einem Mädchen an der Hand durch die Wohnzimmertür schob. Ihre kalten Augen sahen abfällig auf ihn hinab, wie sie es seit jeher getan hatten. Miss Bostwick ist also immer noch die Gouvernante , stellte er wenig erfreut fest. »Sie sind also aus der Versenkung zurückgekehrt?«
» Scheint so«, erwiderte er schroff und ließ sich absichtlich leicht auf seinem Stuhl nach unten rutschen, um die Frau durch sein unkonventionelles Verhalten herauszufordern.
» Bedauerlicherweise, wie ich feststellen muss.« Miss Bostwick zog die kleine Emmeline mit sich und murmelte ihr etwas ins Ohr, das er nicht genau verstehen konnte. Ihr strenger Blick musterte die übrigen Anwesenden und blieb an Crevi hängen. »Und wie ich sehe, hat sich endlich jemand dazu herabgelassen, sich an Ihre Seite zu begeben. Sie scheint ganz zu Ihnen zu passen.«
Das war zuviel! Vlain spürte wie etwas in ihm erwachte, das sich augenblicklich auf die Frau stürzen wollte. Sie mochte ihn beleidigen, doch Crevi sollte sie aus dem Spiel lassen.
» Maßen Sie sich nicht an, über meine Begleiterin zu urteilen! Sie ist einer der wunderbarsten Menschen, denen ich je begegnet bin, und eigentlich viel zu gut für mich. Sie wissen nicht im Geringsten, was es heißt, ein guter Mensch zu sein, also wagen Sie es nicht, jemanden zu verspotten, den Sie nicht einmal kennen!« Ehe er sie zurückhalten konnte, waren ihm die Worte entwischt, wie er gleich darauf schockiert feststellen musste.
Unter anderen Umständen hätte er dies auf seinen Dämon geschoben, aber der hielt sich in diesem Fall vornehm zurück.
»Miss Bostwick!«, wandte sich Vellény streng an die alte Frau, ehe diese reagieren konnte. »Sie können schon gehen, während ich noch ein wenig hier bleibe. Noah wird verstehen, dass ich ein wenig Zeit mit meinem Bruder verbringen möchte, jetzt da er zurückgekehrt ist.« Ein weiterer Blick genügte und der Protest der Frau erstickte. »Sehr wohl, Mylady.« Sie machte auf dem Absatz kehrt und verließ das Haus.
» Habt ihr schon mal daran gedacht, euch eine neue Kinderdame zu suchen?«, fragte Isidos Moore unvermittelt aus seiner Ecke.
Vellény drehte sich in seine Richtung und strich sich einige lose Strähnen aus dem Gesicht . »Selbstverständlich, aber Noah mag sie.« Dann wandte sie sich Vlain und Crevi zu und lächelte entschuldigend. »Die Frau regt mich auf! Tut mir leid, wegen ihres unmöglichen Verhaltens.« Ihre braunen Augen betrachteten Crevi. »Ich bin Vellény. Ich weiß wirklich nicht, warum sie…«
Crevi schüttelte den Kopf . »Schon in Ordnung. Ich bin Crevi.«
» Emmeline?«, Vellény stieß ihre Tochter in die Seite.
Das Mädchen sah schüchtern unter ihrem wuscheligen dunklen Haar hervor und murmelte ihren Namen.
»Komm.« Vellény zog Emmeline auf ihren Schoß und setzte sich zu ihnen. »Mensch, Vlain. Wo warst du so lange?« Ehrliche Freude über sein Auftauchen klang in ihrer Stimme mit.
» Es gab zu viel zu tun«, seufzte er. Plötzlich bekam er ein schlechtes Gewissen, Vellény so lange allein gelassen zu haben.
» Ich dachte wirklich, du hättest uns verlassen. Nachdem Jántre fort ist…hatte ich immer Angst, du würdest auch eines Tages einfach verschwinden«, drückte sie sich mit Bedacht aus.
» Das haben wir alle gedacht, Kind«, stimmte Virginia ihr zu und trat hinter ihre Tochter.
Emmeline löste sich von ihrer Mutter und lief zu Isidos hinüber, mit dem sie sich offensichtlich ausgezeichnet verstand.
»Es tut mir leid.« Vlain sah die beiden Frauen offen an. »Wenn ich gewusst hätte, dass ihr…Ich hätte eher von mir hören lassen.«
» Das stimmt nicht.« Vellény meinte es nicht böse, sondern sprach nur aus, wie es war. »Du warst schon immer ein Einzelgänger, ganz besonders nach Jántres Tod.«
» Vielleicht.« Er konnte ihr nicht widersprechen.
» Aber lasst uns über etwas Schönes reden!«, warf Virginia ein. »Wie habt ihr«, jetzt schaute sie Crevi und ihn interessiert an, »euch kennen gelernt?«
» Wir sind nur Freunde«, fühlte Vlain sich verpflichtet, dies klar zustellen.
» Ganz sicher?« Vellény zwinkerte ihm schalkhaft zu. »Nach dem, was du gerade gesagt hast…«
Crevi nickte, bevor seine Schwester weiter nachhakte . »Nur Freunde, sonst nichts. Wir haben uns bei der Beerdigung meines Vaters kennengelernt.«
Sowohl Virginia als auch Vellény bekundeten der jungen Frau ihr
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