Berufen (Die Kinder des Schöpfers, Band 1) (German Edition)
Kerzen an den Wänden in ein schummeriges Licht. Wie im Bilderbuch führte eine Treppe direkt vor ihnen in die obere Etage und schlängelte sich elegant an den Ahnenbildern der verstorbenen McDares vorbei.
Fas hätte Crevi bei dem Gedanken an das Bilderbuch gelächelt. Aber nur fast, denn in der Mitte der Halle wartete Miss Bostwick mit einem wesentlich jüngeren Mann an ihrer Seite. Sein schwarzes Haar war glatt und gepflegt zurückgekämmt. Er trug eine Weste mit Blümchenmuster und weiße Beinkleider, die einen Kontrast zu seinem dunkelbraunen Frack bildeten.
Vellény steuerte direkt auf ihn zu, griff nach seiner Hand und zog ihn überschwänglich in Richtung der Besucher. Miss Bostwick verfolgte das Ganze mit deutlichem Missfallen und verschränkte hochmütig die Hände vor dem flachen Bauch, als schäme sie sich für sämtliche Anwesende im Raum.
»Noah! Du musst unbedingt meine neue Freundin kennen lernen«, sagte Vlains Schwester mit fast kindlicher Begeisterung und lenkte ihn geradewegs in Crevis Richtung. »Das ist Crevi.«
Hastig setzte Crevi ein Lächeln auf. Der Mann blieb direkt vor ihr stehen und musterte sie. Irritiert stellte sie fest, dass er sie abzuschätzen schien, gerade so, als habe er schon tausende von Gerüchten über sie gehört. Sie öffnete den Mund und wollte etwas sagen, aber da war der Eindruck schon verflogen. Sein Mund verzog sich zu einem Lächeln und er ergriff ihre Hand. Einfach so.
Ein verwirrendes Kribbeln durchfuhr sie am ganzen Körper und fast hätte sie erschrocken einen Schritt von ihm fort gemacht . »Ich bin Noah«, sagte er, als wäre gerade nichts Ungewöhnliches geschehen. Er war ihr so nahe, dass sie den schwachen vertrauten Geruch wahrnahm, der von ihm ausging. Was zum…? Woher kannte sie dieses Odeur?
» Freut mich«, nuschelte sie.
Noah legte den Kopf schräg, wobei sich das schwarze Haar um seine Wange schmiegte und seine ebenmäßigen Züge verrieten milde Neugier, als erwarte er irgendetwas an ihr zu finden. Kurz kam ihr in den Sinn, dass er gar nicht schlecht aussah.
Da ließ er sie stehen und schüttelte Yve und Jayden ebenfalls die Hand.
Kam es mir nur so vor, als verweilte er bei mir länger? Ihre beiden Begleiter jedenfalls hatte er innerhalb von wenigen Sekunden begrüßt.
Vlain schenkte er ein Nicken, das der Dämon erwiderte.
Während Vellény ihnen mitteilte, dass sie ein Abendessen für sie vorbereitet hatten, konnte Crevi mit einem Mal an nichts anderes mehr denken als an Noah McDare. Irgendetwas stimmte mit dem Mann nicht! Sie wusste nicht einmal woher dieser Gedanke rührte, aber instinktiv glaubte sie zu spüren, dass er etwas vor ihnen verborgen hielt.
Dabei sah er nicht einmal hinterhältig oder gefährlich aus.
Er sah einfach nur gut aus.
Eigentlich sogar ganz nett.
Was also war ihr Problem?
Crevi schwirrte der Kopf. Es war dumm, diese Gedanken zu hegen.
Sie begaben sich in einen Speisesaal, nur ein paar Räume weiter, aber der Zweck der Zimmer, die sie durchquerten, blieb ihr verborgen.
Das Mahl immerhin ging gesprächiger vonstatten, als sie angenommen hatte. Hatte Crevi mit eisigem Schweigen gerechnet, so wurde sie nun vom Gegenteil überzeugt. Es sah ganz so aus, als verstünden sich Noah und Vlain prächtig und auch Jayden und Yve fanden sich schnell in die Konversation ein. Nur Vellény beteiligte sich etwas zögerlicher. Sie war es auch, die Crevis Verwirrung bemerkte.
» Crevi? Ist alles in Ordnung?« Die Frau rückte ein wenig auf sie zu, damit sie unter sich sprechen konnten.
» Ich bin nur müde«, log sie.
» Sicher? Seit dem Empfang in der Halle siehst du aus, als hättest du ein Gespenst gesehen. Wie blass du plötzlich geworden bist, als…«
Crevi unterbrach sie sofort . »Mir geht’s gut, Vellény. Ich weiß auch nicht genau, was los ist.« Sie wandte ihre Aufmerksamkeit Noah und Vlain zu.
Die beiden Männer kamen sehr gut miteinander aus. Normalerweise war daran wohl nichts Sonderbares. Wenn ihr nicht plötzlich bewusst geworden wäre, dass Noah die erste Person war, mit der Vlain sich auf Anhieb verstand oder die nichts Negatives über ihn verlauten ließ. Fast war ihr, als verbinde die beiden mehr, als ihre Schwägerschaft.
Die Zeit verstrich und sie bekam kaum einen Bissen herunter. Der Appetit war ihr seit ihrer Begegnung mit Vellénys Ehemann vergangen. Irgendetwas an seiner Art erinnerte sie an… An wen denn nur? Als er ihr ganz kurz, wie nebenbei einen Blick zuwarf, da wusste sie es. An
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