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Berufen (Die Kinder des Schöpfers, Band 1) (German Edition)

Berufen (Die Kinder des Schöpfers, Band 1) (German Edition)

Titel: Berufen (Die Kinder des Schöpfers, Band 1) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marnie Schaefers
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mehr gäbe, wäre die Quelle des Übels ausgelöscht.«
    » Ich weiß…«
    Er wusste nichts anderes zu sagen.
    Hätte er ihr widersprechen und sagen sollen, dass Crevi keinesfalls darauf aus war, die Quelle der Heilung zu zerstören? Er konnte nicht. Unmöglich.
    Liwy schluckte. »Ich kann es nicht ertragen, dich ständig so leiden zu sehen.« Hatte das Ganze seinen Tiefpunkt denn immer noch nicht erreicht?
    » Warum tust du das, Liwy?«
    » Das weißt du nicht?« Ihre Mundwinkel zuckten unsicher.
    Seine Züge erstarrten und wurden hart . »Ein schwerwiegender Fehler, Schätzchen.«
    Einen winzigen Augenblick rang Liwy mit der Fassung, worauf sie ihre Scham mit kühner Überlegenheit überspielte. Sie war zu weit gegangen . »Bis die letzte Perle sich in ihrem Besitz befindet. Das ist deine Frist. Spätestens dann…« Sie ließ den Satz unbeendet, schüttelte mitleidlos den Kopf. Eine Fratze zur Schau getragener Selbstzufriedenheit. Niemand, der sie jetzt sah, dächte auch nur im Entferntesten daran, sie könne jemals eine Träne vergießen.
    Dies war die Kunst.
    Schweigen überfiel beide.
    Vlain dachte an die bevorstehende Aufgabe. Kurz zog er es in Erwägung, die Dämonin auf der Stelle umzubringen, entschied sich nach einigem Überlegen dagegen. Es hatte keinen Sinn, sich unnötig Feinde zu machen. Noch war er auf das Wohlwollen des Häuptlings, seines Meisters, angewiesen. Liwy war nicht mehr als eine Marionette, es würden andere kommen. Nicht zuletzt würde er sich vor dem Gericht behaupten müssen.
    Er hätte die richtige Entscheidung treffen sollen, als er noch eine Wahl gehabt hatte.
    Nun war es zu spät.
    Liwy schlenderte in Gedanken versunken über den schwelenden Platz, tat als wären die Leichenberge um sie herum unsichtbar und hielt geradewegs auf einen hageren Mann zu, der mit dem Rücken an einen Pfahl gebunden war und ihr Näherkommen angstvoll verfolgte.
    » Wie hat es dir gefallen?«, fragte sie den letzten Überlebenden grinsend und verschränkte die Hände hinter dem Rücken.
    » Ich weiß nicht, wovon Sie sprechen.«
    Vlain folgte ihr mit etwas Abstand.
    »Du hast soweit gute Dienste geleistet, mein lieber Freund.« Ein listiges Funkeln trat in ihre Augen. »Damit hast du dir ein schnelles Ende verdient.«
    » Habe ich das?«
    » Du wärst erstaunt, wenn du wüsstest, wie gut du dich gehalten hast«, entgegnete sie. »Andere hätten den Verstand verloren. Du warst tatsächlich von unschätzbarem Wert, doch nun ist es Zeit Lebewohl zu sagen.« Die Schlange betrachtete ihn, als wolle sie jedes kleinste Detail seines vor Furcht verzerrten Gesichts in sich aufnehmen.
    Gönnerhaft trat sie in einer einzigen Bewegung an den Gefangenen heran und nahm sein Gesicht in beide Hände. Sie wischte ihm die Tränen von den Wangen.
    » Deine letzten Worte?«
    Plötzlich erwachte der letzte Hauch Trotz in ihrem zusammen gesunkenen Opfer. Vlain hatte dieses Phänomen der Todgeweihten schon öfters beobachtet.
    »Fahr zur Hölle, Schlange, etwas anderes hast du nicht verdient!«, spuckte er ihr ins Gesicht und gab sein Bestes, seine Hände zu befreien, bäumte sich auf und wand sich unter ihrem seelenruhigen Blick.
    Unbeeindruckt wischte Liwy sich seinen Speichel von der Wange und schmierte ihn an sein zerschlissenes Hemd. Übertrieben gelangweilt stieß sie einen tiefen Seufzer aus . »Wie einfallslos. Wirklich.« Sanft neigte sie seinen Kopf zur Seite. »Ich hab schon Besseres gehört.« Damit drehte sie seinen Nacken abrupt nach links.
    Vlain blinzelte, als es markerschütternd knirschte. Nur mit äußerster Mühe konnte er seine Abscheu verbergen . »Wir haben Besuch«, wandte sie sich an ihn. 
    » Besuch?«
    » Über den du vermutlich nicht sehr begeistert bist.« Sie hob einen Finger und deutete auf einen Fleck hinter ihm.
    Er folgte.
    Und die Welt stand still.
    Gleichermaßen entsetzte Blicke trafen sich.
    Ihm wurde schlagartig eiskalt.
    Seine Lippen formten Crevis Namen. Nur seine Zunge gehorchte ihm nicht. Es war nichts als ein hilfloses Jammern, das seinem Mund entwich. Seine Knie wurden weich wie Pudding, all sein Denken setzte aus.
    Crevi stand nur da. Sprachlos? Hilflos? Fassungslos? Enttäuscht? Sie weiß es , flüsterten die alarmierten Stimmen in seinem Kopf. Sie weiß alles.
    Nein! Wie konnte das sein?
    Verzweifelt klammerte Vlain sich an den Gedanken eines furchtbaren Traums, doch der Kloß, der sich in seinem Hals bildete war nur allzu real.
    Wie hatte das passieren können?
    Benommen

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