Berufen (Die Kinder des Schöpfers, Band 1) (German Edition)
geschehen muss.
Die Bande hat ihre Position bereits deutlich gemacht und ihren tödlichsten Mörder, den Meister entsandt, um die neue Schöpferin schnellstmöglich auszuschalten. Außerdem soll die Schlange auf freien Fuß gelassen worden sein und das kann niemals etwas Gutes bedeuten .«
Der Informantin war anzusehen, dass es sie eiskalt schüttelte, wenn sie auch nur an Liwy Venom dachte . »Die Garde hingegen«, fuhr sie bedachtsam fort, »hat sich in der Öffentlichkeit noch nicht zu dem Problem geäußert. Unter den Seelendieben soll es innere Unstimmigkeiten geben. Gemunkelt wird allerdings, dass einige von ihnen sich ohne Erlaubnis ihres Oberen in die Sache eingemischt hätten. Namen werden in den Straßen geflüstert. McDare, der Seelenberührer und engste Vertraute des Spindelmeisters selbst, soll seine Finger dabei im Spiel gehabt haben, indem er mit niederen Gardisten gemeinsame Sache machte. Vieles kursiert in diesen Tagen, auch, dass die Garde die Bande beschuldigt haben soll, die Vermittlerin bestochen und für ihre Ziele eingespannt zu haben. Tumult gibt es zwischen diesen beiden Zuhauf.«
Jetzt hob sie warnend einen Finger . »Bei all diesem Durcheinander ist es daher nicht verwunderlich, dass selbst die Regentin sich in diesen Fall einmischt, die sich für gewöhnlich höflich zurückhält, was nichtmenschliche Probleme anbelangt. Manche behaupten, sie hätte ihren populären ersten Spion entsandt, und wie jedermann weiß, ist mit Arthur Devenger nicht zu spaßen. Der Mann ist erschreckend gut darin, unerkannt zu bleiben, und schrickt vor nichts zurück, wenn es darum geht, seiner Herrin zu Diensten zu sein. Wie ihr seht, sind heutzutage sehr gefährliche Leute unterwegs…«
» Das alles«, brachte es Ennyd auf den Punkt, »klingt nicht sehr beruhigend.«
Fanny, die ihrer Bezeichnung Lauscherin zu sein , alle Ehre machte, stieß einen traurigen Seufzer aus: »Die Welt ist im Wanken, so ist das. Die Frage ist, wie lange sie diese Spielchen noch mitmacht.«
Crevi verstand nicht ganz, worauf die Frau hinauswollte, bekam aber das Gefühl, dass es nichts Gutes bedeuten konnte.
»Mehr haben wir nicht zu sagen«, bekundete Fanny.
Ennyd räusperte sich . »Noch eine letzte Frage, wenn Sie erlauben!«
» Sprechen Sie.«
» Haben Sie schon einmal etwas von einem gewissen Willem Irrwig gehört?«
Sie ließ sich den Namen auf der Zunge zergehen . »Wenn ich mich nicht irre, gibt es einen Professor an der Universität, den man Irrwig nennt. Seinen Vornamen jedoch kenne ich nicht. Ich habe nur einige Dinge von ihm gehört.«
Sie deutete Ennyds Blick richtig und grinste kurz . »Welche Dinge? Nichts Besonderes. Allerlei Belanglosigkeiten. Wirklich! Der Kerl ist ein Unhold und betreibt in seiner Freizeit Meeresforschung. Wenn das nicht alles sagt? Außerdem soll er bei den Frauen sehr beliebt sein und ein bevorzugtes Stammeslokal Das Windspiel haben, das er mindestens jeden Freitagabend aufsucht. Er war angeblich mal verheiratet, aber das glaube ich nicht. Bei den ganzen Weibern, die ihm die Bude einrennen und seinen regelmäßigen Bordellbesuchen. Und das wär’s schon.«
Das war er also, ihr leiblicher Vater. Fast war es Crevi in Gegenwart der anderen peinlich, die Lauscherin solche Dinge über Willem Irrwig aussprechen zu hören. Was würden sie denken? Sie hätte ihnen gar nicht erzählen sollen, dass der Professor ihr Vater war.
Der Dieb bedankte sich höflich.
»Nun müssen Sie den Preis zahlen«, sagte die Informantin.
Hatte Crevi es doch geahnt!
Fannys Offenheit war ihr von Anfang an nicht geheuer gewesen. Nun war sie wirklich froh, dass sie Ally bis hinunter in die Feuergrube verfolgt hatten.
Statt jedoch eine Summe zu nennen, ließ die Lauscherin sich von einem ihrer Begleiter ein Kistchen reichen, dem sie vier gläserne Behälter entnahm.
»Greift nur zu.«
Ennyd zog eines der Gläschen zu sich herüber. Da er keinesfalls beunruhigt wirkte, tat Crevi es ihm nach. Yve und Jayden folgten ihrem Beispiel.
»Der Preis ist ein Geheimnis. Von jedem von euch«, erklärte Fanny ihnen. »Ihr berührt das Glas und denkt an etwas, das nur ihr wisst. An ein Geheimnis, das ihr vor der Welt verbergt. An etwas, das ihr noch nie jemandem verraten habt. Das ist der Lohn, um den ich bitte.«
Crevi starrte auf das Behältnis vor ihr. Ein Geheimnis. Welch seltsamer Preis.
Ihre Finger glitten an dem dünnen Flaschenhälschen auf und ab. Sie scheute sich das, was ihr am schwersten auf der Seele
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