Berufen (Die Kinder des Schöpfers, Band 1) (German Edition)
Tanzen entwickelt hatte. Ferzo hatte es ihr beigebracht und sogar gemeint, dass sie viel besser wäre, als er es jemals sein könnte . »Nun, ich kann tanzen…«
» Tanzen?« Crevi schüttelte grinsend den Kopf und Yve wusste nicht, was sie daran so lustig fand. »Entschuldige. Das ist wirklich zu komisch. – Tanzen. Du solltest sehen, wie ich mich dabei anstelle. Ich schaffe es so schon kaum einen Fuß vor den anderen zu setzen ohne zu stolpern.«
Yve zog eine Augenbraue hoch . »Und das sagst du nicht nur so?«
» Natürlich nicht. Du weißt doch, als wir durch den Antiquitätenladen hierher gekommen sind, bin ich umgeknickt. So was ist bei mir an der Tagesordnung.«
Yve musste lächeln.
»So sieht’s aus.«
Ein durchdringender Ton, wie von einer großen Glocke, ließ sie aufschrecken.
»Was ist das?«, wollte Yve wissen.
» Der Gong. Er ruft die hier Lebenden zum Gebet«, antwortete Jayden.
» Gebet?«
» Sie huldigen dem Begrabenen Gott.«
» Die Menschen hier unten verehren ihren eigenen Gott?«, hakte Crevi nach.
» Ja. Sie alle.«
Yve beobachtete, wie die Menschen in Massen vom Platz hinunter strömten und den Zirkel räumten. Selbst die Ladenbesitzer strömten allesamt davon, bis sie mutterseelenallein zurückblieben.
»Gibt es denn niemanden, der nicht zur Messe geht?«
» Uns?«, neckte Jayden.
» Außer uns natürlich.« Yve verdrehte die Augen.
» Einige mit Sicherheit. Nur hier im Herzen der Stadt, kann man sich nicht erlauben, nicht zum Gottesdienst zu gehen. Das wirft ein schlechtes Licht auf denjenigen, deswegen sind sie alle fort.«
» Und du kannst dir dieses schlechte Licht leisten?«
» Ich tue es einzig und allein euch zuliebe«, bemerkte er sarkastisch.
Crevi kniff die Augen zusammen und beäugte den Soldaten noch einmal genau, um ihr Kunstwerk zu vervollkommnen. Sie blinzelte. »Kommt es mir nur so vor oder funkelt nur eines seiner Augen?«
» Nein, das habe ich vorhin schon gesehen.« Yve zuckte mit den Schultern.
Jayden trat näher an die Statue heran . »Das andere muss sich gelöst haben. Dieser Ort ist alt.« Er stemmte die Hände in die Hüften und begutachtete den Kopf des Soldaten, auf dessen Sockel sie saßen, genauer. Verglich die beiden Krieger miteinander und wurde stutzig. »Moment.«
» Was?« Yve erhob sich ebenfalls und stellte sich neben ihn.
Nun sah auch sie es. Verwirrt vergewisserte sie sich, dass die übrigen Krieger keine glitzernden Edelsteine als Augen besaßen, aber auch diese bestanden nur aus kaltem Stein.
» Was hat das zu bedeuten?«, sprach Jayden die Frage aus, die alle beschäftigte.
» Das Gedicht!«, rief Crevi plötzlich aus und sprang auf.
Yve und Jayden starrten sie verständnislos an.
»Darin geht es um Perlen. Und mein Vater erwähnt einen alten toten Freund. Es könnte eine Perle im Auge des Steinkriegers sein!«
Ihr Gesicht leuchtete vor Erregung.
10. Die Wahrheit
»Eine Perle?« Yve war nicht recht überzeugt. »Du meinst, dass dein Vater uns auf die Suche nach Perlen geschickt hat? Was sollte das für einen Sinn haben?«
» Ich weiß es nicht. Alle Hinweise deuten in diese Richtung. Oder nicht?« Crevi ließ sich nicht beirren. Anders konnte es nicht sein!
» Nun gut.« Yves Blick huschte über die Statue. Sie legte die Hände an den kräftigen Arm des Toten und zog sich daran hinauf. Überrascht verfolgte Crevi, wie die Rebellin geschickt wie eine Katze, die Füße an die richtigen Stellen setzend, die Statue erklomm und schließlich auf dem Schwertarm des Soldaten innehielt. Von dort aus krabbelte sie auf das Gesicht des Mannes zu, stützte sich an dessen Schulter ab und griff ohne zu zögern in das Perlenauge.
Ihre Finger schoben sich in die Lücken zwischen dem Stein und der Perle und zerrten sie daraus hervor . »Ha!«, rief sie aus.
An jener Stelle, an der zuvor das Auge gesessen hatte, gähnte nun ein kleines dunkles Loch . »Warte«, machte Crevi Yve auf einen weiteren Gegenstand aufmerksam. »Da ist noch etwas.« Aus der Entfernung war es kaum auszumachen, aber kurz glaubte sie, etwas weißes in der gähnenden Augenhöhle aufblitzen zu sehen.
Yve hielt inne und blinzelte in die Öffnung . »Tatsächlich.« Mit einem Finger pulte sie ein kleines Zettelchen hervor, das vor grauweißem Steinstaub starrte. »Eine Nachricht.«
Nachdem Yve wieder zu ihr hinunter gestiegen war, kam Crevi ihr gleich entgegen. Tiefe Erleichterung überkam sie. Kurzzeitig hatte sie geargwöhnt, sie wären völlig umsonst in
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