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Berufen (Die Kinder des Schöpfers, Band 1) (German Edition)

Berufen (Die Kinder des Schöpfers, Band 1) (German Edition)

Titel: Berufen (Die Kinder des Schöpfers, Band 1) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marnie Schaefers
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ihr eine Hand auf die Schulter, die sie dankbar berührte. Im fahlen Schein des Mondes lächelten wir uns an, nur um nicht weinen zu müssen.
    Ein sonderbarer Augenblick, der irgendetwas in mir zutiefst verwirrte.
    Die nächsten Tage zeigte ich ihr erneut, wie sie die Magie aus der Umgebung anwenden konnte. Sie machte Fortschritte, wenn auch langsam. Vorerst hatten wir uns auf eine neue Übung geeinigt, da sie es als zu schmerzhaft empfand, sich jeden Abend die Finger zu verbrennen. Nun übte sie sich darin, einen Stock das Fliegen zu lehren, was sich allerdings als mindestens genauso schwierig entpuppte.
    Nach drei Tagen gelang es Crevi schließlich, ihn einen Zentimeter über dem Boden schweben zu lassen, ohne dass ihr die Magie augenblicklich entglitt. »Es geht doch«, lobte ich ihren ersten Erfolg.
    Sekunden darauf sackte das Stöckchen wieder zu Boden.
    »Hm.« Ich merkte, dass es ihr schwer fiel, mein Lob anzunehmen. Sie schnitt eine Grimasse, wobei sich die Sommersprossen um ihre Nase entzückend verzogen. 
    » Du wirst besser werden«, versprach ich ihr und hob den Stock auf. »Versuch es noch einmal.«
    Erneut konzentrierte sie all ihre Gedanken darauf, den Stock in der Luft zu halten.
    » Es ist anstrengend«, keuchte sie, nachdem wir es noch einige Male probiert hatten.
    » Das ist am Anfang ganz normal. Es erfordert Zeit«, war ich ihr in diesen Momenten ganz der Mentor, den sie sich wohl erhofft hatte.
    Irgendwann teilte sie mir verschwörerisch mit, dass sie froh darüber sei die Magie von mir und nicht von Vlain zu erlernen. Folgendermaßen hatte sie argumentiert : »Wenn ich mir diese Dinge von ihm zeigen lassen würde, wäre ich die meiste Zeit bestimmt zu nervös, um mich richtig zu konzentrieren.«
    Nervös? Ich nahm es schweigend zur Kenntnis.
    »Vlain ist sehr kritisch und ungeduldig«, fügte sie rasch hinzu, als sie meine Gedanken erahnte. »Er wäre ein unnachgiebiger Lehrer.«
    » Was hast du ihm gesagt, als er dich danach gefragt hat?«, tat ich so, als hätte ich ihr indirektes Geständnis nicht gehört.
    » Ich meinte, ich wäre noch nicht bereit.« Crevi spielte an einer ihrer Locken herum.
    » Dann hast du es nur aufgeschoben?«
    » Mir wird noch etwas Besseres einfallen, wenn es soweit ist.« Sie zuckte die Achseln. »In dieser Hinsicht ist Vlain wirklich…verständnisvoll. Er wird mich nicht drängen und wenn ich nichts mehr sage, lässt er es vielleicht darauf beruhen.«
    » Und Yve?«
    Crevis Blick verriet alles . »Sie drängt mich ständig, dass ich ihr erzählen soll, was für Fortschritte ich mache. Sie versteht nicht, dass das alles nicht so einfach ist.«
    » Yve hat ein stürmisches Temperament«, meinte ich nur.
    » Ja. Das hat sie.« Sie ließ sich nach hinten gegen den Baumstamm sinken, unter dessen Wurzeln ihre Gefährten diese Nacht Schutz gesucht hatten. Es war eine kleine Höhle, die von den Ausläufern der Eiche überspannt wurde. »Aber ich mag sie.«
    » Sie ist deine Freundin«, stellte ich fest. »Du solltest sie auch mögen.«
    » Da war es wieder!«, wies sie mich tadelnd darauf hin. »So etwas sagt heute niemand mehr.« Aber sie meinte es nicht böse, viel mehr lächelte sie mich an. »Aber an deine manchmal etwas seltsamen Bemerkungen habe ich mich ja schon gewöhnt.«
    Ich sagte nichts, denn sie hatte Recht . »Ich werde mich bessern«, meinte ich halb lachend.
    » Das musst du nicht. Das gehört irgendwie zu dir.« Crevi ließ offen, was genau sie damit meinte. Aber ich wusste es, denn noch immer hatte ich ihr nicht verraten, wie alt ich war. Von meinem Äußeren ließ sie sich nicht täuschen, aber sie hakte auch nicht mehr nach.
    Wenn wir nicht übten, unterhielten wir uns und das meist über die unwichtigsten Dinge. Sie berichtete mir von ihrer Leidenschaft für die Kunst, zeigte mir ihre Zeichnungen und schließlich überredete sie mich sogar dazu, ein Portrait von mir anfertigen zu dürfen. Gespielt ernst fügte sie dabei hinzu : »Weißt du, dann kann Yve endlich sehen, dass ich mich dir nicht eingebildet habe. Sie glaubt immer noch, du würdest gar nicht existieren!« Also hatte ich lachend zugestimmt.
    Crevi hatte verlangt, dass wir kein Wort mehr über die Vision, ihre Verfolger und die Perlen verlieren würden, da sie nicht unentwegt daran denken mochte.
    Also erzählte ich ihr entweder von mir, oder sie gab ein wenig von sich preis. Mir fiel auf, dass sie dies äußerst zögerlich tat und sich ihrer Vergangenheit aus irgendeinem Grund schämte.

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