Beseelt
wie du, hätte ich Niams Wert vielleicht erkannt, bevor sie für mich verloren war. Deshalb also bitte ich dich, die Seele des Feuers zu nutzen, um den Scheiterhaufen meiner Schwester zu entzünden.“
„Ich komme deiner Bitte gerne nach, Brighid Dhianna. Es ist mir eine große Ehre.“
Schweigend trat die Gruppe gemeinsam mit ihr einen Schritt zurück und ließ die geflügelte Schamanin alleine vor dem Holzstoß stehen. Ciara wandte sich nach Süden. Sie senkte den Kopf, um sich zu sammeln. Anmutig wie eine Tänzerin näherte sie sich dann dem Scheiterhaufen in langsamen, eleganten Bewegungen, die weich wie Wasser flossen. Ihr langes dunkles Haar wirbelte um sie herum. Während sie sprach, zeichnete sie komplizierte Muster mit ihren Händen und erweckte in der Luft winzige Funken zum Leben.
„Oh Epona, ich rufe dich an
.
Göttin von allem, was wild und frei ist
.
Heute ist es die zauberhafte, traurige Göttin des abnehmenden Mondes,
zu der ich spreche
.
Göttin der Fernen Reiche, stark und düster,
steh uns bei in der Zeit des Verlustes.“
Die Stimme der Schamanin war hypnotisierend – eine perfekte Mischung aus Musik und Magie.
„Es gibt eine Zeit für das Leben
und eine Zeit für den Tod
.
Dein Sommerland ist warm, freundlich, wunderschön,
alles Übel ist fort und die Jugend erneuert
.
Es ist eine Freude, mit der Göttin auf ihren Kleefeldern zu wandern
.
So lasst uns frohlocken, weil Niam an Eponas Brust ruht,
sicher, glücklich und erfüllt.“
Sie tanzte näher ans Feuer heran. Mit hoch über dem Kopf erhobenen Händen entfaltete sie ihre Flügel, sodass sie wie Schleier wirkten.
„Oh Geist des Feuers,
erlöse sie vom Schmerz
.
Mit deiner reinigenden Flamme
heile jene, die in dieser Welt bleiben,
und reinige die Seele dieses Wesens,
das so sehr geliebt wurde
.
Führe sie schnell ins Reich unserer Göttin
.
Ich rufe dich an –
entflamme!“
Aus Ciaras Handflächen regneten silberne Funken, die den Scheiterhaufen mit herrlich weißem Licht in Brand setzten, das Brighid veranlasste, die Augen vor seiner Helligkeit zu schützen. Überraschtes Aufkeuchen erklang aus der zusehenden Menge, als die Flammen hoch und hell in den Himmel schlugen. Während das Feuer Niams Körper verzehrte, spürte Brighid die heilende Hitze, die vom Holzstoß ausstrahlte. Sie schmolz die Kälte dieses traurigen Orts in ihrer Seele, der so dunkel und eisig gewesen war, seitdem der sterbende Rabe sie mit der Stimme ihrer Mutter angekreischt hatte.
Sie sah Cu an. Er löste den Blick von den Flammen und schaute ihr in die Augen.
„Wir haben den Tod geehrt. Bist du bereit, den nächsten Schritt mit mir zu gehen und das Leben zu ehren?“, fragte sie den Krieger.
„Ich habe genug vom Tod, meine schöne Jägerin.“ Er senkte die Stimme, sodass nur sie ihn hörte: „Ich bin mehr als bereit, das Leben zu ehren.“
Ihr angespannter Gesichtsausdruck löste sich ein wenig. „Danke, Cuchulainn.“ Sie schaute von ihm zu seiner Mutter, aber wie üblich waren keine Worte nötig, damit Eponas Geliebte verstand.
„Ihr wollt es hier und jetzt tun“, sagte Etain.
„Ja.“ Brighid nickte.
„Dann soll es so sein.“
Etain trat vor und löste Ciara am Platz vor dem lodernden Feuer ab. In dem Moment, in dem die Geliebte der Epona eine schmale Hand hob, wurde die Menge sofort still.
„Heute ist der Tod durch Flammen und Gebete gereinigt worden. Jetzt werden wir den vollen Kreislauf des Lebens feiern, indem wir das heilige Ritual der Handfeste begehen. Cuchulainn und Brighid, bittet, tretet vor.“
Überraschtes Gemurmel erhob sich, als der Krieger und die Jägerin sich zu Etain gesellten. Etain lächelte. Sie sprach sie beide direkt an, verstärkte ihre Stimme jedoch so, dass sie über die gesamte Burganlage trug.
„Ihr steht heute am Beginn einer langen Reise. Auf gewisse Weise ist diese Reise uralt und sehr vertraut – die Verbindung zweier Wesen, die sich lieben und sich einander versprechen. Und auf andere Weise beginnt ihr eine Suche nach etwas Neuem und Einzigartigem – einer Liebe, die mehr auf die Seele als auf den Körper baut und die für ihre Erfüllung Mut und die Unterstützung der Anderswelt benötigt.“ Ihr Lächeln wurde breiter und wärmer. „Ihr wisst bereits, dass ihr Eponas Segen habt. Und nun bekommt ihr auch meinen.“
Sie nickte ihrem Sohn zu, und Cuchulainn drehte sich zu ihr um. Er hielt ihr seine Hände hin, und ohne zu zögern drückte Brighid ihre Handflächen auf seine. Ihre Blicken
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