Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Besessene

Besessene

Titel: Besessene Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: S Hayes
Vom Netzwerk:
ging jetzt langsamer und betrachtete ihr eigenes Spiegelbild im Schaufenster. »Hast du etwa schon genug?«
    »Wovon?«
    Sie gab mir keine Antwort und starrte weiter in die Fensterscheibe, aber dieses Mal auf mich. »Wie fühlt es sich denn an, Katy, wenn einem das Leben vor den eigenen Augen zerrinnt? Nur eine winzig kleine Welle noch und du bist nicht mehr da. Und kaum jemand wird es bemerken.«
    »Merlin lässt sich von dem Foto nicht beirren«, sagte ich. »Diese nette kleine Intrige ist dir also wohl misslungen.«
    Sie klopfte sich an die Schläfe. »Das sagt er so   … aber im Geist wird er es immer wieder sehen und auch nicht verdrängen können, sosehr er sich darum bemühen mag. Bilder haben eine solche Macht über uns, sie tauchen einfach auf, auch wenn man es nicht will.«
    »Merlin hat absolutes Vertrauen zu mir.«
    Genevieve ließ sich nicht aus dem Konzept bringen. »Schon der geringste Zweifel wächst und dehnt sich aus wie ein schlechtes Samenkorn, das irgendwann verrottet. Jedes Vertrauen ist dann zerstört.«
    Ich fragte mich, ob sie auf Nat und die fürchterlichen Sprüche auf Facebook anspielte. Auf Nat, die mich für immer verdächtigen würde, dass ich Klatschgeschichten über sie erzählt hatte. Ich ballte die Fäuste, um den Schmerz wegzudrücken.
    »Du wirst immer schwächer, Katy.«
    Ich streckte den Arm aus. »Hau einfach ab, Genevieve.«
    »Es spielt keine Rolle, wohin du gehst oder wie weit du läufst, Katy   … so oder so, du bist gebrandmarkt.«
    Dieses Mädchen war einfach nicht normal. Ihre Äußerungen wurden immer heftiger.
     
    »Ich gehe hier lang«, brummte ich böse, weil ich sie endlich abschütteln wollte.
    »Ich auch.«
    Sie hing an mir wie eine Klette und ich nahm an, dass ich sie nicht mehr loswerden würde, bevor wir die Bushaltestelle erreichten, von wo aus wir in verschiedene Richtungen nach Hause fuhren. Wir kamen an einem Wohltätigkeitsladen vorbei, blieben   – mehr als seltsam   – beide gleichzeitig stehen und starrten ins Schaufenster. Ein Schild warb für Abendgarderobe für alle Gelegenheiten. Eine männliche Schaufensterpuppe war mit einem schwarzen Anzug ausstaffiert, eine weibliche mit einem langen rückenfreien Kleid. Im Bruchteil einer Sekunde wusste ich sicher, woran Genevieve dachte, denn ich dachte an genau das Gleiche   – den Weihnachtsball im College. In diesem Jahr war das Thema Hollywood, was ich super fand, weil es bedeutete, dass Merlin im Smoking und ich wie ein Filmstar in einem Traum aus Spitze kommen würden. Ichwünschte mir sehnlichst, den Laden zu betreten, aber nur, wenn ich es alleine tun konnte.
    »Könnte sich lohnen, da mal einen Blick reinzuwerfen«, sagte Genevieve arrogant.
    »Dieses Jahr ist das Thema ziemlich schwach«, beklagte ich mich, um ihr die Lust zu nehmen. »Hollywood ist eine bescheuerte Idee.«
    Genevieve rümpfte die Nase. »Okay, wenn du nicht mitkommen willst   …«
    Sie drängte mich mehr oder weniger zur Seite und riss schwungvoll die Tür auf, doch ich ließ mich nicht von ihr abwimmeln und es gelang mir, mit ihr Schritt zu halten. Ihr Kopf drehte und wendete sich nach allen Seiten wie der einer Eule, während sie ihren Blick durch den Laden schweifen ließ, aber ich hatte bereits das fantastischste Kleid aller Zeiten entdeckt, das in der hinteren Ecke des Ladens hing. Die Schleppe fiel mir als Erstes auf. Sie war aus einem graugrünen Stoff, der in zweierlei Farben schimmerte, und erinnerte mich an den Schwanz einer Meerjungfrau. Ich ging schnurstracks darauf zu und wollte gerade den Bügel in die Hand nehmen, als ich feststellen musste, dass ihn jemand auf der anderen Seite der Stange bereits fest im Griff hatte.
    »Ich hab das Kleid zuerst gesehen«, rief eine vertraute Stimme, aber ich hielt es hartnäckig fest.
    Genevieve steckte ihr vor Ärger gerötetes Gesicht durch die übrigen Kleider auf der Stange. »Du wirst es noch zerreißen, wenn du es nicht loslässt.«
    »Lass du es doch los«, entgegnete ich kindisch.
    »Es würde dir ja sowieso nicht passen.«
    Eine ehrenamtlich tätige Mitarbeiterin musste den Tumult gehört haben, kam zu uns herübergelaufen und stellte sich zwischen uns. Sie hatte zementartiges Haar, trug rosa Lippenstift und einen Chiffonschal um den Hals.
    »Bitte, ihr zwei, es reicht jetzt.«
    Widerwillig gaben wir beide unseren Anspruch auf das Kleid auf. Die Frau hielt es in die Höhe. Es war noch schöner, als ich gedacht hatte, und schimmerte wie das Meer an einem

Weitere Kostenlose Bücher