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Besessene

Besessene

Titel: Besessene Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: S Hayes
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zu Nat zu machen. Ich sah, wie Mum im Garten die letzten noch herabgefallenen Blätter in einem kleinen Ofen verbrannte   –
die
Gelegenheit, den Anhänger ein für alle Mal loszuwerden. Als sie einen Moment nicht hinsah, warf ich ihn schnell in den Einfülltrichter, wo er getrost verglimmen konnte. Der heutige Tag kam mir vor wie ein Neuanfang.
    Der Himmel war von einem blendenden Blau mit kleinen weißen Sahnewolken und der erste Frost des Jahres überzog alles mit seiner knackig frischen Schönheit. Ich ließ mir Zeit, nahm den Weg durch den Park und blieb sogar stehen, um zuzusehen, wie die Enten im See nach Futter suchten, und einem kleinen Mädchen zuzulächeln, das Brot für sie ins Wasser warf. Ich hatte wegen Genevieve jetzt ganz auf meinen Mantel verzichtet und ihn nach hinten in den Schrank verfrachtet. Ersatzweise trug ich einen dicken Wollpullover über einem Hemd, das ich in die Jeans gestopft hatte. Meine Garderobe war nicht so umfangreich wie die von Hannah, aber seit ich abgenommen hatte,saßen alle meine Kleider besser, und anstatt wie sonst nachlässig vor mich hin zu schlurfen, kam ich mir vor, als schwebte ich nur so dahin. Es war ein berauschendes Gefühl, mich endlich einmal wohl in meiner eigenen Haut zu fühlen. Unterwegs hielt ich immer wieder in den Wolken nach Gesichtern Ausschau   – eine Angewohnheit, die ich schon als Kind gehabt hatte.
    Nats Haus machte einen seltsam verlassenen Eindruck und die Vorhänge im Erdgeschoss waren auch noch zugezogen. Ich wartete eine halbe Ewigkeit vor der Haustür, bis mir Nats Mum endlich öffnete.
    »Katy? Ach du meine Güte! Nat liegt noch im Bett und ist total erschöpft. Das müsstest du doch eigentlich auch sein. Ich bin erstaunt, dass du schon so früh auf bist.«
    Ich sah sie verblüfft an   – es war nach zwölf Uhr mittags! Da stand ich nun, Nats Kissen   – in drei Schichten Alufolie eingewickelt   – in der einen Hand und in der anderen einen riesengroßen Erdbeer-Käsekuchen, mein Beitrag zum Geburtstagsessen. Nats Mutter schien allmählich zu begreifen, dass ich keine Ahnung hatte, was sie meinte. Sie machte ein verlegenes Gesicht, ließ mich herein und sagte allerlei Beschwichtigendes   – sie würde Nat jetzt wecken gehen, damit sie es mir erklären konnte   –, um dann nach oben zu verschwinden.
    Was sollte Nat mir denn erklären? Ich war doch ohnehin spät dran. Merlin und Hannah hätten auch schon hier sein sollen, aber es war totenstill im ganzen Haus. Weit und breit keine Luftballons, keine Geschenke und keine Küchendüfte. Aus dem oberen Stock rief eine Stimme: »Du kannst jetzt raufkommen, Katy.«
    Ich stieg die Treppe hoch und öffnete Millimeter für Millimeter Nats Zimmertür. Nats Zimmer war genau wie sie   – chaotisch, schillernd, warm; ein Stilmischmasch, der irritierend hätte sein können, doch sehr gut funktionierte. Das Rollo war noch heruntergelassen und nur mit Mühe konnte ich die Gestalt erkennen, die im Bett lag. Plötzlich kam mir in den Sinn, dass Nat vielleicht krank geworden war und niemand es mir mitteilen konnte, weil ich nicht erreichbar gewesen war. Ich trat näher an ihr Bett heran.
    »Du siehst ja furchtbar aus«, sagte ich mitleidig. »Hat dich die Grippe erwischt?«
    Nat griff sich an die Stirn und krächzte etwas Unverständliches.
    Behutsam legte ich mein Geschenk auf ihr Bett. »Ich glaube, ich geh dann lieber wieder, damit du noch ein bisschen schlafen kannst. Sehr schade wegen deinem Geburtstag, aber feiern können wir auch nächstes Wochenende.«
    »Katy   – geh noch nicht.«
    Nat versuchte, sich aufrecht hinzusetzen, und ich sah sie mir genauer an   – ihre dunklen Augenringe waren das Resultat verwischter Mascara und die Blässe war auf zu dick aufgetragenes Make-up zurückzuführen, das sich auch auf ihrem Kopfkissen verteilt hatte. Ihre Haare waren wild zerzaust und ein paar bunte Luftschlangen hatten sich darin eingenistet.
    »Es tut mir ja so leid«, murmelte sie. Sie trank einen großen Schluck Wasser aus dem Glas, das neben ihr auf dem Nachttisch stand. »Wir haben stundenlang versucht, dich zu erreichen. Ich wusste selber nichts davon   … es wareine Überraschungsparty und Merlin meinte, du seist abends wieder da.«
    »Was für eine Überraschungsparty?«, fragte ich. »Hier? Bei dir?«
    »Nein   … bei Merlin.«
    »Bei Merlin zu Hause?«, wiederholte ich und wäre vor Entsetzen beinahe vom Bett gefallen.
    Ein Redeschwall ergoss sich über mich. »Seine Mum hatte

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