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Besessene

Besessene

Titel: Besessene Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: S Hayes
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und erspare es mir, konkret zu werden, doch leider sah sie mich verständnislos an.
    »Könnten Sie mir vielleicht ihr Geburtsdatum sagen, damit sie nicht um ihre Party betrogen wird? Die Arme istnämlich Waise und wir würden sie gerne ganz groß überraschen.«
    Mrs Wright schüttelte bedauernd den Kopf. »Tut mir leid, Katy, das darf ich nicht. Es verstößt gegen die Schweigepflicht. Ich darf keine Informationen über unsere Studenten herausgeben.«
    Ich stand auf und humpelte enttäuscht zur Tür. Das wäre
die
Gelegenheit gewesen, aber mein Versuch war kläglich gescheitert. Jetzt sah ich einfach keinen anderen Weg mehr, denn Genevieves Pflegeeltern auf ihr Geburtsdatum anzusprechen war zu gefährlich, sie würden sie vermutlich warnen.
    »Katy?«
    Ich blieb stehen, bemühte mich um einen sicheren Stand und drehte mich zu Mrs Wright um, die mich grinsend ansah. »Wenn du magst, Katy, kannst du ja mich nach meinem Geburtstag fragen.«
    War Mrs Wright vielleicht ein bisschen überarbeitet? Sie zwinkerte mir verschmitzt zu. »Eine unserer neuen Studentinnen hat nämlich im gleichen Monat Geburtstag wie ich, nur liegt meiner eher am Ende und ihrer eher am Anfang des Monats   – ganz am Anfang, um präzise zu sein.«
    Es war nicht schwer zu raten, was sie meinte, und ich grinste von einem Ohr zum andern.
    »Wann haben Sie denn Geburtstag, Mrs Wright?«, fragte ich erwartungsvoll.
    Sie verschränkte die Arme. »Danke der Nachfrage, Katy. Am 29.   Juni.«
    Sie hielt mir die Tür auf, als ich ging, und ich dankte ihr überschwänglich. Genevieve musste also am 1.   Juni geborensein, folglich lagen unsere Geburtstage vier Tage auseinander. Das bekräftigte meine These, dass unsere Mütter möglicherweise im gleichen Krankenhaus gelegen hatten. Noch war ich der Wahrheit nicht viel näher gekommen, aber immerhin gab es einen neuen Anhaltspunkt.
    Allerdings war da noch eine andere Hürde. Früher oder später würde ich Merlin über den Weg laufen, und da ich nervös war und in meinem Bauch die Schmetterlinge tanzten, wollte ich die Begegnung so schnell wie möglich hinter mich bringen. Als Merlin mittags in die Cafeteria kam, machte mein Herz genau den gleichen Satz wie noch vor wenigen Wochen und unsere Blicke trafen sich sofort. Er lächelte mich etwas kläglich an und mir verschlug es für einen Moment den Atem, weil er so attraktiv aussah und mir einen so sehnsüchtigen Blick zuwarf. Ich kam mir wie in einem Schwarz-Weiß-Film vor, in dem sich Held und Heldin unwiederbringlich und für alle Zeiten trennen müssen, sich aber tapfer und mit zurückgehaltenen Tränen in die Augen sehen   – und während es dem Zuschauer vor Rührung das Herz zerreißt, fährt ein Zug mit klagendem Geräusch und untermalt von trauriger Musik aus dem Bahnhof.
    Oh, werd doch endlich mal erwachsen, Katy Rivers.
    Nach dem College wartete ich oben auf der Treppe vor der automatischen Tür auf Nat, weil sie unbedingt wollte, dass ich mich von ihrer Mum nach Hause fahren ließ. Ich stellte mich in eine Ecke, um nicht von der Tür eingeklemmt oder umgestoßen zu werden, und   – gerade noch allein   – sah ich plötzlich Genevieve vor mir, die beide Arme wie eine Schranke ausstreckte, als wolle sie michschützen. Es war ein klarer Tag und wir standen uns im spätherbstlichen Sonnenschein direkt gegenüber. Ich fühlte mich wie hypnotisiert, unfähig, mich abzuwenden, und wahrscheinlich fiel mir daher auch die kaum sichtbare Narbe auf der einen Seite ihrer Nase auf. Verunsichert fasste ich mir an meine eigene Nase und spürte die kleine erhabene Stelle, an der ich eine ganz ähnliche Narbe hatte wie Genevieve und die von dem Sturz von einer Schaukel stammte, als ich etwa zehn Jahre alt gewesen war. Genevieve schob sich den Pony aus den Augen und ich bemerkte die eigentümlich sternförmige Anordnung von Sommersprossen auf ihrer Hand. Ich hatte ein ähnliches Mal, nur auf der anderen Hand   – Mum sagte immer, es sei mein Glücksbringer.
    Ich hatte Genevieve eine Woche lang nicht mehr gesehen und fast vergessen, wie schlecht ich mich jedes Mal fühlte, wenn ich ihr begegnete.
    Heute bot sie mir ein seltsames Spektrum aus triumphierendem Gehabe, Schadenfeude und nervöser Spannung.
    »Tut mir sehr leid für dich, dass du die Party verpasst hast, Katy   – wir waren alle
am Boden zerstört

    »Schon okay, Genevieve, es ließ sich nun mal nicht ändern. War aber nett von dir, die Party für Nat zu organisieren, sie hat sich wahnsinnig

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