Besessene
noch etwas einfiel: »Es gibt aber eine einfachere Lösung, Kat: Du musst ihren Geburtstag rauskriegen.Deine Theorie ist nämlich nur stimmig, wenn ihr beide im Abstand von wenigen Tagen geboren worden seid.«
»Du bist genial«, sagte ich dankbar. »Obwohl … direkt fragen kann ich sie nicht, weil sie mich bestimmt anlügen wird.«
»Sorry, aber die Lösung dieses Problems muss ich leider dir überlassen, Kat. Dir wird schon etwas einfallen.«
Sobald Luke sich verabschiedet hatte, ging ich nach oben in mein Zimmer, legte mich ins Bett und zog die Schublade meines Nachtschränkchens auf. Eine Sache hatte ich vor Luke verheimlicht – meine fixe Idee bezüglich Genevieves Anhänger. Es war bestimmt keine Einbildung – tatsächlich fühlte sich der Anhänger jedes Mal schwerer an, wenn ich ihn in die Hand nahm, als wüchse er simultan zu Genevieves Macht. Warum gelang es mir nicht, ihn loszuwerden? Ich konnte es mir selbst nicht erklären, doch es war so, als würde es durch irgendetwas verhindert. Und während ich unter meiner Decke lag und über alles nachdachte, was in der letzten Zeit geschehen war, warf der Anhänger unheimliche Schatten an die Wand in meinem Zimmer.
Du bist gebrandmarkt, Katy.
Mir fiel die Frau des Pfarrers wieder ein und wie sie behauptet hatte, sie könne Genevieves Präsenz in ihrem Haus noch immer so spüren, als habe sie damals, vor all den Jahren, etwas von sich zurückgelassen. Vielleicht war sie ja auch gebrandmarkt? Luke hatte für alles eine rationale Erklärung, aber auch er konnte mich nicht davor bewahren, dass ich mich vor dem smaragdgrünen Glasfürchtete. Mum hatte dem Anhänger Einlass in unser Haus verschafft und ich hatte das seltsame Gefühl, dass ich ihn nur loswerden würde, indem ich ihn Genevive zurückgab. Ich hatte es ja schon einmal erfolglos versucht, doch jetzt wusste ich, was zu tun war.
Kapitel 28
L uke musste für eine Woche auf einen Workshop fahren, bot mir aber vorher an, mich am ersten Tag des neuen Trimesters mit dem Auto zum College zu bringen. Er setzte mich genau in dem Moment vor dem Eingang ab, als Genevieve sich einem Grüppchen von Studenten näherte, die gerade draußen vor dem College standen und dann auf mich zugelaufen kamen, um mir zu helfen. Genevieves eifersüchtiger Blick, als mir einer von ihnen die Tasche abnahm, ein anderer meinen Ordner trug und alle Witze über meinen Fuß rissen oder sich die Krücken von mir borgen wollten, war mir den Schmerz in meinem Knöchel mehr als wert. Normale Schuhe konnte ich nicht tragen, da mein Fuß noch zu stark angeschwollen war, und so diente mir ein Paar von Mums flachen Slippers als Ersatz, die an mir wie riesige Schiffe aussahen. Sie waren so scheußlich, dass es fast schon wieder cool war, auf alle Fälle aber ein Gesprächsthema. Ich humpelte auf direktem Weg in meinen Kursraum und ließ mich da mit meiner Arbeit nieder, erleichtert, meinen Fuß entlasten zu können.
Miss Clegg kam lächelnd zu mir herüber. »Ich habe eine Mitteilung von unserer Sekretärin für dich, Katy. Du möchtest dich bitte bei ihr im Sekretariat melden. Bestimmt nureine Formalität, um sicherzugehen, dass du keine akrobatischen Übungen machst, solange du noch verletzt bist.«
Allmählich gewöhnte ich mich an die Krücken, obwohl ich Muskeln dafür brauchte, von deren Existenz ich nicht mal ahnte, und meine Arme höllisch wehtaten. Die Sekretärin, Mrs Wright, bot mir einen Stuhl an und las mir aus einer Sicherheits- und Gesundheitsschutzbestimmung all jene Punkte vor, die mir untersagt waren. Meine Augen mussten vor Langeweile schon etwas glasig ausgesehen haben, denn sie entschuldigte sich bei mir und meinte, das alles sei ja ohnehin eine Selbstverständlichkeit. Während sie mit mir sprach, fiel mir ein, was Luke zu mir gesagt hatte.
»
Die Lösung dieses Problems muss ich leider dir überlassen, Kat. Dir wird schon etwas einfallen.
«
Wer, außer Mrs Wright, hatte schon Zugang zu Genevieves Studentenakte? Das konnte die Gelegenheit sein, auf die ich gewartet hatte.
»Dürfte ich Sie um einen Gefallen bitten?«, sprudelte ich hervor, während ich mich mit übertrieben schmerzverzerrtem Gesicht von meinem Stuhl erhob. »Unsere Neue, Genevieve, ist so ein nettes Mädchen, aber sie ist sehr zurückhaltend und verrät niemandem, wann sie Geburtstag hat, weil sie keinen Wirbel um sich möchte.«
Hier unterbrach ich mich erwartungsvoll und hoffte, Mrs Wright habe meinen Wink mit dem Zaunpfahl verstanden
Weitere Kostenlose Bücher