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Besessene

Besessene

Titel: Besessene Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: S Hayes
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monströsen wadenlangen Rock und einer Schärpe im Schottenmuster.
    »In fünfundzwanzig Jahren«, witzelte Nat, »trägt Katy dieses Kleid zum Dinner des Golfclubs.«
    Hannah kicherte. »Oder zum Ball des
Frauenclubs.
«
    Ich zwickte beide in die Arme. »Auch wenn ich sechzig bin, werd ich mich nicht so anziehen. Dann ändere ich mir mein Polyesterkleid in einen Mini um und stapfe in Doc Martens durch die Gegend.«
    Nat feixte. »Katy, die Höllenomi.«
    »Die hatten letzte Woche noch richtig cooles Retrozeug«, sagte ich. »Kommt, gehen wir rein, dann zeige ich es euch.«
    Es sah so aus, als ob der Laden jeden Moment schließen würde, denn die beiden Verkäuferinnen waren gerade dabei, die Kasse zu leeren und die Einnahmen zu zählen. Ich sah rasch auf die Kleiderständer, wusste aber auf den ersten Blick, dass das Meerjungfrauenkleid nicht mehr hier hing, weil es so unverwechselbar war.
    »Jemand muss es gekauft haben«, sagte ich mit einem enttäuschten Seufzer.
    Eine Stimme rief zu uns herüber. »Als Sie das Kleid anprobiert haben, wusste ich, dass Sie noch mal wiederkommen würden   … ich habe es für Sie zurückgelegt. Eigentlich hätten wir es gar nicht ausstellen dürfen, weil es viel zu kaputt ist.«
    »Aber ich habe es gar nicht anprobiert«, antwortete ich gereizt. »Das war das Mädchen, mit dem ich hier war.«
    Jetzt erkannte ich auch die Verkäuferin wieder, die Dame, deren Frisur so steif vor Haarspray war, dass nicht einmal Windstärke zehn ihr etwas anhaben konnte. Sie kam zu mir herüber, starrte mich an und sagte leise: »Wenn Sie nicht möchten, dass Ihre Freundinnen davon erfahren, dann geht das schon in Ordnung. Es bleibt unser kleines Geheimnis.«
    Ich dagegen wurde jetzt lauter. »Nein, wirklich   … das war nicht ich. Ich war mit einem anderen Mädchen hier   … sie ist mittelgroß, hat rote Locken und ist schlank und hübsch.«
    Die Verkäuferin presste die Lippen aufeinander. »Ich erinneremich sehr wohl an das andere Mädchen, aber Sie waren es, die das Kleid anprobiert hat. Ich mag ja alt sein, aber so jemanden wie Sie behält man im Gedächtnis.«
    Ich streckte den Arm von mir und deutete auf eine Stelle im Laden. »Nein. Ich stand da drüben und habe zugesehen.«
    »Wenn Sie meinen.« Sie lachte und ich merkte, dass sie es nur sagte, damit ich meinen Willen hatte. Sie verschwand im hinteren Teil des Ladens und ich dachte, wie albern es war, sich über den Vorfall zu ärgern. Die Verkäuferin war schon alt und hatte vielleicht schlechte Augen oder einfach auch kein gutes Gedächtnis mehr. Was spielte es schon für eine Rolle, dass sie Genevieve mit mir verwechselte? Als sie zurückkam, nahm ich missmutig das Kleid entgegen.
    Nat kam mit verwundertem Gesicht zu mir herüber. »Was ist denn los?«
    »Die Dame hat mich mit Genevieve verwechselt«, murmelte ich. »Selbst dann noch, als ich ihr gesagt habe, dass Genevieve sehr hübsch und schlank ist und rote Locken hat.«
    »Da hast du dich gerade leider selbst beschrieben«, sagte Nat.
    Ich drehte mich zu ihr herum. »Mich selbst beschrieben? Mich kann man ja wohl kaum als schlank und hübsch bezeichnen.«
    Nat sah mich mit einem seltsamen Blick an. »Wie du meinst.«
    Hannah strich zärtlich über das Kleid, als wäre es ein Schoßhündchen, und schob mich dann in RichtungUmkleidekabine. Es war eiskalt im Laden und ich stand da und schlang die Arme fest um mich. Ich zögerte, das Kleid anzuziehen, denn es hatte Genevieve gepasst, nicht mir, und sie hatte eine völlig andere Figur als ich. Ich brauchte eine Ewigkeit, um aus meinen Klamotten zu kommen, und schlotterte so sehr, dass ich eine Gänsehaut bekam. Der Laden war alt und feucht, ich entdeckte Schimmel auf der zerschlissenen orangefarbenen Tapete und meine Füße klebten an dem hässlichen Blumenteppich fest.
    »Kommst du da auch irgendwann mal wieder raus?«, rief Hannah ungeduldig.
    Der Spiegel in der Umkleide war gesprungen, sodass ich mich nur bruchstückhaft sehen konnte. Zögernd trat ich hinter dem Vorhang hervor und Hannah befestigte geduldig die Träger an meinem Kleid, bevor sie mich zu dem Spiegel führte, der im Laden hing.
    »Katy geht zum Ball«, verkündete sie lautstark und tat so, als ob sie eine Fanfare blasen würde.
    Ich stand wie angewurzelt da und starrte mich mit weit aufgerissenen Pupillen an, als würde ich einen Geist sehen. Das Kleid war mir auf den Leib geschneidert. Es saß perfekt und die Person, die mir entgegenblickte, sah ganz und gar nicht

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