Besser so als anders
angerufen, und zwar nachdem er von Bee erfahren hatte, dass Tom Hannah verlassen hatte und in die Nähe seiner Familie nach Boston gezogen war. Bee hatte ihm erklärt, Hannah sei am Boden zerstört. Und auch Rob war am Boden zerstört gewesen, weil Hannah die Trennung von Tom offenbar so zusetzte. Tom Keating, den Hannah nach ihrer ersten Begegnung »den Strebertrottel«genannt hatte. Doch bald schon hatte sie ihn in der Clique willkommen geheißen und ihn zu den gemeinsamen Filmabenden oder Tagesausflügen mit Vicki, Vickis Freund Rich und Bee eingeladen.
Nachdem Rob das College geschmissen hatte und nach Texas zurückgekehrt war, nahm Tom fast mühelos seinen Platz in Hannahs Leben ein, lud sie zuerst ins Kino ein und kam dann auf spätabendliche Plaudereien und irgendwann auch auf »alles, außer« bei ihr vorbei. Ab Oktober ihres letzten gemeinsamen Jahrs am College war er sogar ihr fester Freund, was wohl hieß, dass er nun der Dritte war, der es über »alles, außer« hinaus geschafft hatte.
Tom hatte Rob sogar angerufen und ihn um seinen Segen gebeten, als wäre Hannah sein Besitz. Hätte Hannah von diesem Telefonat erfahren, hätte sie sicher einen Wutanfall bekommen.
»Tom, mach doch einfach, was du willst«, hatte Rob gesagt und versucht, so gleichgültig wie möglich zu klingen. Er war gerade in seine neue Wohnung in Austin gezogen, als ihn Toms Anruf erreichte. Schwitzend stand er inmitten seiner Umzugskartons und zündete sich schnell eine Zigarette an. »Hannah war doch nicht meine Freundin.«
»Mann, das weiß ich doch, aber sie mochte dich sehr. Und ich weiß, dass sie dir viel bedeutet hat. Das hat sie mir gesagt. Sie hat auch mal gesagt, dass ihr beide vielleicht ein Paar geworden wäret, wenn Bee nicht in dich verknallt gewesen wäre und du nicht vom College abgegangen wärst und so.«
Diese Mitteilungen verwirrten Rob total. Er war nicht nur geschockt, weil es Hannah mit ihm so ernst gewesen war, sondern auch, weil sie über ihre Gefühle mit Tom gesprochen hatte.
»Na ja, Tom, das ist ja alles ziemlich schmeichelhaft«, kommentierte er etwas herablassend. »Schön, dass Hannah unsere gemeinsame Zeit genossen hat. Aber mal ehrlich, ich bin in Texas. Also, vögle sie oder mach, was immer du willst.«
»Es geht doch gar nicht um Sex, Rob. Ich mag sie wirklich.«
»Tom, das war doch nur Spaß, also meinen Segen hast du.«
Er legte auf, griff nach einem Buch voller Kaffeeflecken, das er soeben ausgepackt hatte, und pfefferte es an die Wand.
Hannah und Tom blieben während ihres letzten Studienjahrs zusammen und auch nach dem Abschluss, denn Tom bot an, mit Hannah nach New York City zu gehen. In ihren gelegentlichen Mails an Rob schrieb Hannah, sie hätten drei Jahre in Queens gewohnt und seien dann nach Brooklyn gezogen. Tom hatte einen ganz interessanten Job als Politikberater in einer Agentur in der Nähe der City Hall gefunden. Alles lief hervorragend, bis er irgendwann feststellte, dass er das Großstadtleben satthatte und nach Boston in die Nähe seiner Familie ziehen wollte. Er wollte dort richtig in die Politik einsteigen und in seinem Heimatbezirk kandidieren; dafür musste er sich in Massachusetts niederlassen. Hannah jedoch hatte kein Interesse daran, New York wieder zu verlassen, sie wäre allenfalls nach Los Angeles gegangen.
Rob wusste nicht viel über ihre Trennung. Weder darüber, ob Hannah Tom angefleht hatte zu bleiben, noch ob eine Möglichkeit bestand, dass die beiden doch wieder zusammenfänden. Er hatte sie ein wenig verlegen angerufen, nachdem er von der Trennung erfahren hatte. Aber Hannah hatte einen Freundeskreis, der für sie da war. Und er war weit weg und kaum auf dem Laufenden.
Seit dem Ausflug nach Cape Cod hatte Rob Hannah nicht mehr gesehen. Die jüngsten Telefonate erinnerten ihn daran, wie schlagfertig Hannah war und wie sehr sie ihn zum Lachen bringen konnte – und dieser Tage lachte er nur selten. Wenn er jetzt so darüber nachdachte, war Hannah ihm immer eine gute Freundin gewesen. Sie hatte ihm beim Studium geholfen, ihn gezwungen, für die Prüfungen zu lernen, obwohl beide wussten, dass er sie ohnehin verschlafen würde. Sie hatte ganze Nächte damit verbracht, ihn nach seinen Eltern auszufragen. Nach seinem Vater, den er nie kennengelernt hatte, und nach seiner Mutter, die die meiste Zeit mit ihrem Freund durch die Welt gereist war, als er noch ein Teenager war. Hannah hatte sogar einmal Robs Wohnung geputzt, als er eine Erkältung hatte und nicht
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