Besser so als anders
ist wegen Liz, damit sie hier ihre Anfälle haben kann«, sagte Rob zu Ben, einem seiner engeren Freunde in Austin, der manchmal auf ein Bier vorbeikam, wenn er nicht bei seiner Frau oder mit seiner Band auf Tour war.
»Wie romantisch«, lautete Bens Kommentar.
Als Rob beschlossen hatte, an Bees Hochzeit teilzunehmen, hatte er auch an Liz gedacht und sich gefragt, wie er sie über das Wochenende unterbringen sollte. Er hätte seinen Bruder bitten können, nach Austin zu kommen und auf sie aufzupassen. Jeremy wohnte in Dallas und suchte immer nach Möglichkeiten, seiner Familie zu entkommen.
Doch genau wie er nie ein Flugticket nach Maryland gebucht hatte, hatte er auch nie seinen Bruder angerufen. So war es vielleicht ohnehin besser, dachte Rob. Er traute Jeremy nicht. Vielleicht würde er den Hund allein lassen und sich mit seinen alten College-Kumpels treffen.
Rob schüttelte den Kopf und griff zum Telefon. Nein, es war gut, dass er in Austin geblieben war. Aber vielleicht sollte er trotzdem Hannah zurückrufen, ihr noch ein paar aufmunternde Worte sagen und sich nach den alten College-Freunden erkundigen. Er nahm sein Handy, rief die einzige Nummer auf, die in seinem Adressbuch eingespeichert war, und wählte sie erneut.
Nancy Phil
D ie Fahrt von Baltimore nach Annapolis zog sich hin. Nur ungefähr dreißig Meilen trennten die beiden Städte in Maryland, doch das warme Wetter brachte selbst im September den Verkehr durcheinander.
Phil tuckerte durch die einzelnen Ortschaften auf seinem Weg und lauschte aufmerksam den Verkehrsnachrichten. Glen Brunie. Severn. Parole, ein Ort, in dem nach seiner Vorstellung nur Exknackis wohnten. In ein paar dieser Ortschaften war Phil während seiner Zeit an der Highschool, als er Basketballturniere spielte, schon mal gewesen, doch die Jahre danach hatten jede Erinnerung an sie ausgelöscht.
Seit Phil nach dem College nach Baltimore gezogen war, hatte er die Stadt nur noch selten verlassen. Er lebte nur zwanzig Minuten von seinem Geburtsort entfernt, in dem auch heute noch seine Mutter mit einem Neufundländerwelpen wohnte, der Nachfolger ihres letzten Neufundländers, welcher wiederum den vorherigen ersetzt hatte.
Phil hatte sich vor knapp sieben Jahren zu seinem zweiunddreißigsten Geburtstag eine Eigentumswohnung gekauft, die nur ein paar Minuten von seinem Arbeitsplatz in den Camden Yards entfernt war, dennoch ging er niemals zu Fuß zum Stadion. Er empfand seine Heimatstadt als weniger sicher als New York oder ein paar andere Städte, die er aufgrund der Baseballspiele gesehen hatte.
Phil war knapp einen Meter neunzig groß und hatte breite Schultern, die ihm für seine Arbeit im Stadion zugutekamen, denn dort war er für die Sicherheit zuständig. Doch auf der Straße hatte er immer das Gefühl, dass seine Holzfällerstatur ihn zur idealen Zielscheibe machte. Die meisten hielten ihn für einen hartgesottenen Burschen, was aber gar nicht stimmte.
Zum ersten Mal während der Fahrt entdeckte Phil nun ein Schild nach Annapolis, was hieß, dass er es wohl noch rechtzeitig zur Hochzeit schaffen würde. An sich eine gute Sache, obwohl Phil die Zeremonie lieber geschwänzt hätte und gerade noch rechtzeitig zum Empfang erschienen wäre. Er ging nur auf diese Hochzeit, weil seine Mutter verhindert war. Eigentlich war er gar nicht eingeladen. Seine Mutter Nancy MacGowan war eine gute Freundin der Mutter des Bräutigams, die beiden inzwischen sechzigjährigen Frauen waren damals unzertrennlich gewesen, als sie noch in derselben Stadt gewohnt hatten und Phil ein Teenager gewesen war. Die Fees, die Familie des Bräutigams, hatten zwei Jahre lang in einem Vorort von Baltimore gewohnt und von dort ihr Familienunternehmen von North Carolina bis Maryland und Virginia ausgebaut. Jetzt taten die Frauen ihr Bestes, sich so oft wie möglich zu treffen, doch das ergab sich leider nur hin und wieder.
Nancy war außer sich gewesen, als sie die Hochzeitseinladung erhalten hatte. Sie freute sich nicht nur darauf, ihre alte Freundin Barb wiederzusehen, sondern auch deren Sohn Matt, auf den sie aufgepasst hatte, als er noch ein Baby war, und so hatte sie sich auch schon Monate zuvor Gedanken über ihr Outfit gemacht. Für Nancy ergab sich nur selten die Gelegenheit, den Ort zu verlassen, ganz zu schweigen davon, ein Kleid zu tragen oder neue Leute kennenzulernen.
Dann, vor zwei Tagen, hatte sich Nancy eine Erkältung eingefangen. Eine Erkältung oder auch eine Darmgrippe, vermutete Phil.
Weitere Kostenlose Bücher