Besser so als anders
eine entsprechende Einrichtung zu bringen.«
»Nein«, erwiderte Nancy mit wenig Überzeugungskraft in der Stimme. »Noch nicht, Barb.«
»Du wirst es tun müssen, und ich werde dir dabei helfen.«
Phil hörte, wie seine Mutter einen tiefen Seufzer ausstieß. Normalerweise weinte sie lautlos, ihre Augen füllten sich zwar mit Tränen, aber sie sprach deutlich. Doch in jenem Moment ließ sie unter Wimmern und Schluckauf alles heraus.
Nancy würgte bei dem Versuch zu atmen. Phil ging so leise er konnte in die Hocke, umfasste mit den Armen seine Knie und versuchte, sein eigenes Schluchzen zu unterdrücken. Er wusste, dass er die Tränen nicht wegen seines Vaters vergoss, der im Schlafzimmer neben ihm laut schnarchte. Seit über einem Jahr hatte er die Tatsache akzeptiert, dass er den Dad, mit dem er aufgewachsen war, bereits verloren hatte. Es tat ihm um seine Mutter leid, um Nancy, die Heilige. Das Leben hätte leichter für sie sein sollen. Schon bald würde auch Phil sie verlassen, um aufs College zu gehen. Und auch Barb wollte wieder nach Raleigh zurückkehren. Phils Mom würde ganz allein sein.
In jener Nacht, nachdem Barb die Haustür hinter sich geschlossen hatte, schwor Phil sich leise, seiner Mutter immer beizustehen, denn er hatte begriffen, dass sie seinen Vater schon vor Jahren in ein Pflegeheim hätte geben können. Als er allein in seinem Zimmer war, weinte er um sie und nahm sich vor, immer für sie da zu sein, egal, was kommen würde. Er würde sooft es ging vom College nach Hause fahren und Maryland nicht verlassen, solange sie dort wohnte. Und deshalb war er jetzt auch hier, inmitten lauter Fremden auf dem Rasen eines Country Clubs. Phil war das personifizierte Pflichtbewusstsein.
Nancy hatte Phil vor seiner Abreise ein paar Details zur Hochzeit erklärt. Barbs Sohn Matt hatte die Braut an der juristischen Fakultät der University of North Carolina in Raleigh kennengelernt. Sie kam aus Ellicott, Maryland, und wohnte nur ungefähr zwanzig Minuten entfernt von dem Ort, an dem Phil aufgewachsen war. Sie war äußerst wohlhabend. Ihr Vater war ebenfalls Anwalt. Wahnsinnig spannend, hatte Phil sarkastisch gedacht, während seine Mutter fortfuhr, ihm weitere Hintergrundinformationen zu liefern. Phil konnte nicht verstehen, wie Leute wie Matt Fee in Kanzleien, Banken und Firmen arbeiten und jeden Tag aufstehen und zur Arbeit gehen konnten, ohne in Depressionen zu verfallen. Phil liebte seinen Job, ganz egal, was sein Umfeld davon hielt. Er war Sicherheitschef im Stadion, und dabei ging es nicht nur darum, Leute rauszuschmeißen oder ihnen das Rauchen zu verbieten. Doch Außenstehenden war nur schwer beizubringen, dass seine Beschäftigung sehr viel mehr beinhaltete als das.
Als Sicherheitschef überwachte Phil ein Team von hundertdreißig Leuten, die vier mitreißende Stunden lang für bis zu fünfundvierzigtausend Baseballfans zuständig waren. Der Job verlangte höchste Konzentration und Koordination, und die Arbeit wurde jedes Jahr anspruchsvoller. An manchen Abenden war Phil für die Sicherheit eines ganz bestimmten Profispielers zuständig, meistens Leuten wie Alex Rodriguez, um sicherzustellen, dass er ungehindert überall hinkam, nicht von Fans belagert oder von Hooligans angegriffen wurde. Phil war zudem für die Sicherheit prominenter Baseballfans zuständig. In der vergangenen Saison, als die Red Sox in der Stadt waren, kamen in letzter Minute ein paar berühmte Schauspieler samt Gefolge aus Boston, um sich das Spiel in der Vip-Lounge anzusehen. Das Management der Orioles, seines Teams, kam dem Wunsch gern nach und freute sich über die prominente Werbung. Phil setzte sich zu den Promis aus Boston und sorgte dafür, dass niemand auf dem Weg nach draußen und wieder hinein belästigt wurde. Er erzählte gern die Geschichte, wie ein prominenter Schauspieler während des gesamten Spiels nichts gegessen hatte, obwohl die Besitzer Ladungen von Fast Food hatten ankarren lassen.
»Und darum bin ich nicht berühmt, wisst ihr«, pflegte Phil zu seinen Freunden zu sagen, während er seinen Bauch streichelte. »Ich leide nämlich leider nicht unter Essstörungen.«
An manchen Abenden sorgte Phil höchstpersönlich für die Sicherheit in der Familienzone und achtete darauf, dass niemand sich betrank oder in der Gegenwart von Kindern den Stinkefinger zeigte. Und er machte sich stets auf alles Unerwartete gefasst, das unweigerlich bei jedem Spiel eintreten konnte und seinen Job manchmal dem eines
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