Besser so als anders
plötzlich von Return of the Mac übertönt, das so laut aus dem Radio schallte, dass der Wagen zu zittern begann.
»Verdammt noch mal!«, schrie Rob auf und schaltete es sofort ab. Doch dann stellte er es wieder an, drehte es leiser und hoffte, dass die Musik Liz irgendwie beruhigen würde. Sie liebte Musik. Als es ihr noch besser ging, hüpfte, ja galoppierte sie immer zu Musik herum, vor allem wenn er Bob Dylans Hurricane auflegte. Bei dem Gedanken machte er das Radio wieder aus und fing selbst an, den Song zu trällern, in der Hoffnung, dass Liz ihn erkannte.
» Pistol shots ring out in the barroom night. Enter Patty Valentine from the upper hall .«
Er machte weiter mit der Ballad of a Thin Man und Are You Ready? , einem Song aus Dylans religiösem Album Saved , bei dem Liz stets vor Begeisterung zu hecheln begann, als ginge es dabei um ihre eigene religiöse Erweckung.
» Are you ready to meet Jesus? Are you where you ought to be?«
Rob war nicht religiös, doch als er den Text sang, füllten sich seine Augen mit Tränen. Irgendwie ließ das alles nichts Gutes ahnen. Er fragte sich, ob Liz dasselbe fühlte. Er sang weiter und wischte sich mit dem Handrücken die Tränen von den Wangen.
Im Rückspiegel sah er, dass Liz die Augen geschlossen hatte. Die sachten Bewegungen ihres Brustkorbes zeigten ihm, dass sie noch atmete. Vielleicht schlief sie. Oder vielleicht hörte sie ihm auch zu. Rob beschloss, wieder ihren Lieblingssong Hurricane zu singen, lallte dabei die Worte und versuchte Dylans nasale Stimme nachzuahmen.
Als er bei der dritten Strophe angekommen war, erreichte Rob den Behindertenparkplatz direkt vor der Klinik. Er brauchte nur ein paar Sekunden, um Liz zu schnappen – sie atmete noch, wenn auch nur sehr flach, hatte aber die Augen geöffnet – und hievte sie aus dem Audi. Sie schien fast vergnügt, als Rob mit ihr durch das Wartezimmer stürmte, ohne zu wissen, wo er eigentlich hinrennen sollte.
Für einen Samstagabend war es in der Tierklinik ungewöhnlich voll. Familien mit jaulenden Kötern und neugeborenen Welpen starrten ihn entsetzt an, als er mit dem blutenden Hund an ihnen vorbei hastete. Eine Tierärztin, die er zuvor noch nie gesehen hatte, schlank und mit dunklen Haaren, stellte sich ihm vor einem Behandlungszimmer in den Weg.
»Kann ich Ihnen helfen?«
»Sie blutet! Ein Medizinschränkchen ist auf sie gefallen. Und sie hat Hundeepilepsie.«
Bevor Rob fortfahren konnte, hatte die Frau bereits sanft ihre Hände unter Liz’ Körper geschoben und sie ihm aus den Armen genommen. Rob folgte ihr einen schmalen Gang entlang zu einem leeren Zimmer mit grün karierter Tapete. Die Ärztin legte Liz auf einen schmalen grünen Behandlungstisch mit Plastikbezug und Papierrolle am Kopfende, der aussah wie jener bei Robs eigenem Arzt.
Die hübsche Tierärztin fuhr mit ihren Händen an Liz’ Bauch herab und hielt bei der Wunde inne. Rob beobachtete, wie eine andere Frau in einem Arztkittel das Zimmer betrat und Handschuhe anzog.
»Sir, Sie warten besser draußen«, sagte die zweite Frau und sah Rob mitfühlend an.
»Wird sie denn wieder gesund?«, fragte Rob.
»Das kann ich noch nicht sagen«, antwortete die Tierärztin, während die andere Frau Rob aus dem Zimmer schob und sich die Türen zwischen ihm und Liz schlossen.
Hannah
B itte lass mich nicht allein«, sagte Hannah schmollend und warf einen Blick auf Vickis neuen Freund mit den grau melierten Haaren, der nur ein paar Meter entfernt stand und auf sie wartete.
Hannah verstand nicht, warum und seit wann Vicki mit diesem älteren Mann so vertraut war, den sie ihr kurz als Bees Onkel vorgestellt hatte. Seit dem College war es gar nicht mehr Vickis Art gewesen, einen Mann an sich heranzulassen, der so völlig offensichtlich nur mit ihr schlafen wollte.
»Wir sitzen doch nur zwei Tische weiter weg, falls du was brauchen solltest«, antwortete Vicki beschwichtigend. »Wenn du glaubst, dass du durchdrehst, nimmst du dir einen Stuhl und setzt dich zu uns.«
» Wir ?«, flüsterte Hannah und warf Bees Onkel einen missbilligenden Blick zu. Er stand nur ein paar Schritte von ihnen entfernt und hielt zwei Gläser Rotwein in den Händen. Ausdruckslos starrte er auf einen Tisch vor ihm und stieg dabei unruhig von einem Fuß auf den anderen. Hannah machte ein finsteres Gesicht und sah wieder ihre Freundin an, die den Typen immer noch anlächelte.
»Was heißt wir ? Du und Bees Onkel? Wie alt ist der überhaupt? Sechzig?«
»Er ist … «,
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