Besser so als anders
eines Aufreißers auf einer Hochzeit. Sie fühlte sich sicherer, wenn sie ihn nur aus dem Augenwinkel ansehen musste.
Jimmy hatte ausschließlich über Football am College geredet, seit er nach seinem Trinkspruch an den Tisch zurückgekehrt war. Nun musterte er Vicki und Joe mit hochgezogenen Augenbrauen.
»Sie wohnen in Las Vegas?«, fragte er Joe sehnsüchtig.
»Allerdings«, antwortete Joe stolz.
Vicki überlegte, ob sie ihm unter dem Tisch einen Tritt versetzen sollte, doch nur Hannah oder Bee hätten diese verschlüsselte Botschaft verstanden. Sie wippte mit ihrem rechten Fuß unter dem Tisch und versuchte sich zu konzentrieren.
»Lassen Sie sich nicht zu sehr davon beeindrucken«, sagte Joe nun zu Jimmy Fee. »Wenn man in Las Vegas wohnt, ist das anders, als wenn man nur auf Besuch kommt. Auch in Vegas gibt es einen Alltag. Ich zahle meine Rechnungen. Wasche meine Wäsche.«
»Aber Alter, die Frauen! Die sind da doch völlig außer Rand und Band! Ich meine, selbst die verheirateten«, sagte Jimmy und prustete laut.
Vicki blickte auf den leeren Stuhl neben ihm, wo seine stille, aber bildhübsche Freundin gesessen hatte.
»Sie ist auf dem Klo«, beantwortete Jimmy Vickis unausgesprochene Frage. »Sie geht heute Abend bestimmt schon zum fünften Mal. Ich schwöre, immer wenn sie was trinkt, verbringt sie den ganzen Abend auf der Toilette.«
»Sie ist sehr hübsch«, sagte Vicki und schluckte. Joe nickte zustimmend. Jimmy Fees Freundin war zweifellos genauso auffallend gut aussehend wie er.
»Soll ich Ihnen mal was verraten?«, fragte ihr Tischnachbar grinsend und beugte sich vertraulich zu ihnen vor. »Es ist genau so, wie man sagt: Zeigen Sie mir eine Frau, die alle vögeln wollen, und ich zeige Ihnen einen Mann, der es satthat, sie zu ficken.«
Vicki schlug sich die Hand vor den Mund und stieß ein entsetztes Lachen aus. Sie spürte, wie Joe ihr unter dem Tisch einen Tritt versetzte. Sie trat zurück.
Hannah
H annah begriff, dass sie ein Problem hatte, als sie bemerkte, wie der Tisch sich zu bewegen, genau genommen sich zu biegen begann und sich die Tischplatte verflüssigte, ähnlich wie auf einem Gemälde von Dalí. Sie streckte die Arme mit den Handflächen nach unten aus, als wollte sie sich auf ein imaginäres Möbelstück stützen. Dann fühlte sie sich etwas sicherer, doch als sie wieder aufblickte, schien sich einer der Tische neben der Tanzfläche nach links zu neigen, seine Platte schien zu tropfen, was nur bedeuten konnte, dass Hannah Halluzinationen hatte. Sie schloss die Augen und hoffte, ihre Orientierung wiederzufinden, doch die Dunkelheit hinter ihren Augenlidern verstärkte nur das Gefühl der Unsicherheit. »Vicki ist in Zimmer 140«, sagte sie zu sich selbst.
»Sie kippt gleich um«, hörte Hannah eine männliche Stimme hinter sich murmeln.
Sie machte ein finsteres Gesicht, als ihr klar wurde, dass sie die Stimme kannte. »Lass mich«, flüsterte sie, als sie spürte, wie Tom, der sich ihr von hinten genähert hatte, seine Hand auf ihre Schulter legte.
»Immer langsam, Hannah. Beruhige dich«, antwortete er leise, sodass er bei der Lautstärke der Band kaum zu verstehen war.
Hannah hatte diese leise Stimme schon immer geliebt. Instinktiv lehnte sie sich an ihn in der Hoffnung, so auf den Füßen zu bleiben, zog sich dann aber sofort wieder zurück.
»Lass mich in Ruhe«, fauchte sie, während sie ihm den Rücken zuwandte.
»Los, lass uns ein wenig an die frische Luft gehen«, sagte Tom und trat schnell vor sie, sodass er ihr ins Gesicht blicken konnte. »Ich finde, wir sollten reden.«
Hannah nickte benommen, blinzelte und gab sich geschlagen. Ihr linkes Auge fühlte sich trocken an, ihr rechtes schien sich mit Tränen zu füllen. Als sie wieder aufsah und sich einen Weg von der Tanzfläche hinaus suchen wollte, erspähte sie im hinteren Teil des Zeltes Jaime, die Lehrerin, die sie und Tom unverwandt anstarrte.
»Warte mal«, sagte Hannah wütend und sah Tom an. » Ich brauche keine frische Luft, sondern du!«
Sie schwankte, und ihre Knie zitterten. Tom blieb wie angewurzelt vor ihr stehen und sah sich prüfend nach allen Seiten um, ob irgendwer sie beobachtete. Ermutigt stieß Hannah Toms Arme von sich, als er versuchte, sie zu stützen, und wies dann mit dem Zeigefinger auf ihn. »Du willst mit mir reden? Gut. Aber tu nicht so, als würde ich deine Hilfe benötigen.«
Die Band spielte nun lauter, doch nicht laut genug, um zu verhindern, dass Bee Hannahs Tirade
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