Besser verhandeln - Das Trainingsbuch
»Hallo, Champ!« Das wirkte wie ein Signal, und ein wahres Tollhaus brach los. Alle, die sich in der Sporthalle versammelt hatten, umdrängten mich, schrien durcheinander und versuchten meine
Aufmerksamkeit auf sich zu ziehen. Ich bemühte mich, ihnen zuzulächeln, brachte es jedoch nicht fertig. Mein Gesicht schien zu einer seltsamen Maske gefroren zu sein.
Mr. Spritzer schob jetzt seine Hand unter meinen Arm, bahnte uns einen Weg durch die mich umdrängenden Burschen und führte mich in sein Büro.
»Später, Jungens, später!« überschrie er die ändern. »Wartet mit eurem Geschrei bis nach dem Match!« Stumpf und fühllos ließ ich mich von ihm in sein Büro führen.
17
Das heisere Gebrüll der Menge drang bis in die Umkleidekabine und schlug erregend an meine Ohren. Dieses Schreien klang wie schweres monotones Meeresrauschen und war so alt wie die Zeit. So schrien die Menschen im Dschungel, wenn zwei wilde Tiere miteinander kämpften; sie schrien so, als Cäsar im Kolosseum seine Feste feierte. Fünftausend Jahre hatten dieses Schreien nicht verändert.
Auf dem Massagetisch liegend drehte ich meinen Kopf so, daß ich meine Ohren mit den Armen bedeckte, um das Getöse zu verringern, ganz ausschalten konnte ich es jedoch nicht. Es war da, wenn auch etwas schwächer, so daß ich's gerade noch hören konnte. Würde ich den Kopf aber nur ginz wenig drehen, käme es im selben Augenblick wieder zurück.
Jetzt ertönte ein scharfes Summgeräusch. Ich fühlte Mister Spritzers Hand auf meinem Rücken. »Das gilt uns, mein Junge.« Ich setzte mich auf und schwang meine Beine über den Massagetisch. Ich hatte das Gefühl, als läge mir ein Bleiklumpen im Magen. Ich schluckte heftig.
»Nervös, mein Junge?« fragte Spritzer. Ich nickte.
»Das geht vorüber«, sagte er zuversichtlich, »jedem Boxer geht's so, wenn er zum erstenmal in den Gardens kämpft, 's liegt hier in der Luft.«
Ich fragte mich, was er wohl sagen würde, wenn er alles wüßte. Es war nicht der Ort, der mich fertig machte, es war das Match, das ich verlieren mußte.
Wir traten aus der Ankleidekabine und standen am Rand einer Rampe, von der aus ich in die Gardens sehen konnte. Es war ein Meer unbekannter Gesichter, die auf das Resultat eines soeben beendeten Kampfes warteten. Sam war irgendwo draußen und -Fields. Und Nellie. Selbst sie war gekommen. Nur meine Eltern die waren nicht gekommen.
Das Gebrüll der Menge wurde wieder lauter, als die Entscheidung bekanntgegeben wurde. »Los, Danny«, sagte Spritzer. Wir schritten die Rampe hinunter, auf eine blendend weiße Lichtflut zu: das war der Ring.
Ich hörte sie schreien. Einige riefen meinen Namen. Stumpf folgte ich Spritzer, mit gesenktem Kopf, mein Gesicht von einem riesigen weißen Handtuch umrahmt, es sah beinahe so aus wie die Scheuklappen eines Pferdes. Dicht in meiner Nähe hörte ich Zeps aufgeregtes Atmen. Seine Stimme übertönte das Gebrüll der Menge. »Schau, Danny!« rief er aufgeregt, »dort sitzt Nellie!« Ich hob den Kopf und sah, wie sie mir zulächelte, mit einem zitternden, süßen und ängstlichen Lächeln. Dann verschwand sie in dem Meer der anderen Gesichter.
Ich stand jetzt vor dem Ring und kletterte durch die Seile. Nach dem Halbdunkel auf der Rampe blendete mich das grelle weiße Licht. Ich blinzelte. Der Ansager rief jetzt meinen Namen, und ich trat in die Mitte des Rings. Ich vernahm zwar seine Stimme, hörte aber nicht zu. Ich kannte seine Ansage bereits auswendig. »Trennt euch sogleich, wenn ich es sage. bei einem Knockout hat sich der Angreifer sofort in die nächste neutrale Ecke zu begeben. Und jetzt geht zurück in die euch bestimmte Ecke und kommt wieder heraus, um zum Kampf anzutreten! Möge der bessere Mann gewinnen.«
Haha! Das war ein Witz. Möge der bessere Mann gewinnen! Ich schlüpfte aus meinem Bademantel. Die fünfhundert Dollar in meiner Tasche waren der Bleiklumpen in meinem Magen.
Spritzer flüsterte mir ins Ohr. »Mach dir keine Sorgen, mein Junge, das Ärgste, was passieren kann, ist, daß du das Match verlierst!« Ich sah ihn überrascht an. Er wußte nicht, wie recht er hatte. Meine größte Sorge war ja nur, daß mir jemand in der Ankleidekabine die fünfhundert aus der Hosentasche stehlen könnte. Um das Match brauchte ich mir keine Sorgen zu machen, ich hatte den Sieger bereits bestimmt.
Ich sah mich neugierig im Ring um. Während ich in der Mitte gestanden hatte und dem Schiedsrichter zuhören sollte, hatte ich mir den Burschen,
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