Besser verhandeln - Das Trainingsbuch
abzuwischen. »Außerdem haben wir keinen Platz, um die Waren auszuteilen.« Beim Klang von Sarahs Stimme blickte ich auf. »Im Hinterzimmer hast du genug Platz«, sagte sie, »es ist ganz unbenutzt, und du könntest sogar einen Eisschrank hineinstellen.«
»Aber, Sarah«, protestierte er, »woher sollen wir die Zeit nehmen? Und glaubst du wirklich, ich brauche bloß zu den Jungen hinzugehen, und sie werden gleich gelaufen kommen, nur weil ich es so haben möchte?«
»Ich schaffe dir die Burschen herbei«, sagte ich rasch. Sarah sah erst mich an, dann wandte sie sich ziemlich herausfordernd an ihren Bruder. »Nun, also?« sagte sie. Er zögerte einen Moment und antwortete nicht. Sie sah ihn lächelnd an. »Was ist denn los, Ben?« fragte sie, »du hast doch immer gesagt, du möchtest einmal einen ordentlichen Batzen Geld verdienen. Das ist die erste günstige Gelegenheit, die sich dir bietet. Oder machst du dir nichts mehr aus Geld?« Verlegenes Grinsen breitete sich über sein Gesicht, dann sah er mich dankbar an. »Okay, Danny«, sagte er, »wir wollen's versuchen. Manchmal vergesse ich, daß ich ja nicht mehr alles allein machen muß.«
Ich sah auf meine Uhr. Es war beinahe finster, also gerade die richtige Zeit, daß alle Jungen bereits aufgetaucht sein konnten.
Die letzte Stunde hatte ich auf einer Bank gesessen und zugesehen, wie ein stetiger Strom dieser Jungen unter dem Brettersteg verschwand. Ich zündete mir eine Zigarette an, stand auf und stieg die Steinstufen hinunter, die zum Strand führten. Stimmengemurmel drang zu mir, während ich mich bückte, um unter den Brettersteg zu gelangen. Ich lachte geräuschlos vor mich hin. Ich hatte recht gehabt. Der rascheste Weg um eine Bande Jugendlicher aufzustöbern, ist es, herauszubekommen, wo sie ihr geliebtes Grapspiel spielen. Etwas zwanzig von ihnen waren eifrig dabei, sich auf einem Betonstreifen, der sich hinter den Ruheräumen befand, dem Spiel hinzugeben. Nur wenige waren in meinem Alter, die meisten waren wesentlich jünger. Ich drängte mich in den inneren Kreis vor. Einer der Jungen war eben im Begriff zu würfeln. Eine Menge Münzen lag auf dem Beton herum. Nachlässig ließ ich eine Fünfdollarnote auf den Betonstreifen fallen. »Ich halte jede Wette«, kündigte ich an.
Alle Gesichter wandten sich mir zu, und ich sah sie aufmerksam an. Sie blickten mich nicht feindselig, sondern bloß neugierig an. Hier gab's also keinerlei Schwierigkeiten. Ein Fünfer war für diese Burschen eben eine Menge Geld. Der Junge mit den Würfeln in der Hand stand auf. »Wer sind Sie?« fragte er mit einem leichten Anflug von Ärger.
Ich lächelte, und die Zigarette hing mir lose im Mundwinkel. »Einer, der am Würfeln einen Narren gefressen hat«, erwiderte ich leichthin.
Er starrte erst mich an, dann die andern. Dann wandte er sich wieder höflich an mich: »Nehmen S' Ihren Zaster wieder weg, Mister. So hoch können wir nicht spielen.«
Ich kniete mich hin, nahm den Fünfer und sah ihn dabei von unten her an. »Wie hoch ist euer höchster Einsatz?«
»Ein halber Dollar«, antwortete er.
Ich fuhr mit der Hand in die Tasche und kam mit einer Handvoll Kleingeld wieder zum Vorschein. »Los, laß sie
rollen«, sagte ich, »ich bin kein Snob.«
Er kniete sich wieder hin, und die Würfel rollten aus seiner Hand. Sie stießen hart an die Mauer, prallten ab und rollten aus. Ich beteiligte mich an einigen Wetten und begann dann ein Gespräch mit einem neben mir stehenden Burschen. »Arbeitest du am Strand?« fragte ich.
Der Junge nickte bloß, denn seine Aufmerksamkeit galt den Würfeln.
»Verdienst du was dabei?« fuhr ich freundlich fort. Er drehte sich zu mir um und sah mich scharf an. »Wollen Sie sich über mich lustig machen?« fragte er.
Ich schüttelte den Kopf. »Ich mach mich nicht lustig«, erwiderte ich nachdrücklich, »aber ich weiß, daß damit eine Menge Geld zu machen ist. Ich wollte bloß wissen, ob ihr Jungens auch genügend davon abbekommt.«
»Was quatschen Sie daher?« fragte der Junge. »Wir kriegen bloß zwanzig Cent für 'n Dollar und können noch von Glück sagen, wenn wir am Tag sechs Eier verdienen.«
Ich starrte ihn an. Eds war ja für uns noch günstiger als ich vermutet hatte. »Ihr werdet da schamlos ausgebeutet«, sagte ich mit Nachdruck. »Die Rockaways zahlen vierzig für'n Dollar und verlangen keine Vorauszahlung.«
Er sah mich ironisch an. »Vielleicht machen sie's dort so, aber hier auf Coney Island nich.«
»Ich kenne ein
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