Besser verhandeln - Das Trainingsbuch
Junge, der auch Danny Fisher hieß, der vor zwei Jahren weggegangen und in Wirklichkeit niemals zurückgekehrt war.
Das war es, was geschehen war. Die Jahre und die Einsamkeit hatten zwischen uns einen Keil getrieben, und kein Gefühl, von welcher Seite immer, konnte diesen Riß in mir jemals wieder heilen. Mit innerem Widerstreben fühlte ich, wie mich tiefe Trauer überfiel. Was war uns da verlorengegangen! Die wichtigsten Dinge und unsre innige Vertrautheit, die wir nie wieder finden konnten! Ich beugte mich nieder und küßte sie auf den Scheitel. »Verzeih mir, Mama«, sagte ich. Aber niemand wußte in Wirklichkeit, wofür ich um Verzeihung bat.
Ich richtete mich auf und sah zu Papa hinüber. Er war bis in die entfernteste Ecke des Zimmers gegangen. Dort war er stehengeblieben, den Blick auf mich gerichtet. Seine Augen sahen verängstigt und furchtbar einsam aus. Da ließ ich Mamas Hand los und lief zu ihm hinüber. Außer meinen Schritten und Mamas Schluchzen war nichts zu hören. Ich streckte Papa die Hand entgegen. »Hallo, Papa!«
Er sah mich zögernd an, doch nach einem Moment ergriff er meine Hand. »Hallo, Danny.« Seine Stimme zitterte, blieb aber beherrscht.
»Wie ist's dir immer gegangen, Papa?« fragte ich. »Ganz gut, Danny«, erwiderte er kurz.
Und dann fehlten uns die Worte. Im Zimmer begann sich eine gewisse Spannung fühlbar zu machen. Ich nickte jetzt Sam zu. Er nickte zurück, sprach aber kein Wort. Die andern starrten mich schweigend an. Meine Enttäuschung wuchs mit jeder Sekunde. In Wirklichkeit machte es nichts aus, ob ich zurückgekommen war oder nicht. Es war ungefähr so, wie ich mir's vorgestellt hatte. Dennoch sagte ich jetzt voll Bitterkeit: »Ich war zwei Jahre weg« - meine Augen wanderten langsam von einem Gesicht zum ändern -, »und keiner von euch fragt mich, was ich in diesen zwei Jahren gemacht, was ich empfunden habe?«
Mama weinte noch immer leise vor sich hin, aber niemand antwortete mir. Ich drehte mich langsam zu meinem Vater um und sah ihn kalt an. »Wirst auch du mich nicht fragen? Oder interessiert es euch tatsächlich nicht?«
Papa antwortete nicht. Da trat Mimi auf mich zu, nahm meinen Arm und sagte zärtlich: »Natürlich interessiert es uns.
Es ist nur, weil wir so überrascht sind, daß wir nicht wissen, was wir sagen sollen.« Ich blickte Papa noch immer an und fühlte, wie mich eine eisige Ruhe überkam. Ich hatte recht behalten: etwas war in jener Nacht zerbrochen, als die Türe vor mir erbarmungslos verschlossen blieb. Es war dahin, und was die Jahre für uns auch noch bereithielten, nichts vermochte es je wieder zurückzubringen. Ich hatte mir gewünscht, sie wiederzusehen - und auch wieder nicht. Jetzt war auch das nicht mehr wichtig - denn ich stand hier, mitten unter ihnen, und war ein Fremder.
»Komm«, sagte Mimi, »setz dich und erzähl uns, was du alles getan hast. Wir alle haben dich schrecklich vermißt.« Ich sah über sie hinweg durch das Zimmer. Nellie stand noch immer auf der Türschwelle, von allen vergessen, und sah uns mit weitgeöffneten, schmerzerfüllten Augen an. Irgendwie fühlte ich, daß es nicht ihre eigene Qual war, die sie erlitt, sondern meine. Ich sah sie lächelnd an, wandte mich aber sogleich wieder zu Mimi. »Ich kann nicht bleiben«, sagte ich behutsam, denn ich wollte sie nicht kränken. Sie zumindest hatte sich Mühe gegeben. »Ich muß wieder gehen. Ich habe noch vieles zu erledigen.«
»Aber, Danny, du kannst doch jetzt nicht schon gehen«, protestierte sie. Tränen traten ihr wieder in die Augen. »Du bist doch eben erst zurückgekehrt.«
Mein Blick wanderte wieder durchs Zimmer zu Nellie. »Ich bin nicht zurückgekehrt«, sagte ich ruhig, »ich meine, nicht wirklich zurückgekehrt. Ich habe es bloß versucht.«
»Aber Danny.« Mimi weinte an meiner Schulter. Ich wußte, was sie bewegte, aber es hatte jetzt alles keinen Sinn mehr. Sie weinte um etwas, das unwiederbringlich verloren war. Ich legte meinen Arm um ihre zuckenden Schultern und schritt mit ihr durchs Zimmer. »Bitte, Mimi, hör auf«, flüsterte ich, »du machst alles nur noch schlimmer.« Ich führte sie zu der Couch, dann stellte ich mich neben Nellie. Ich nahm sie bei der Hand und wandte mich wieder meiner Familie zu. »Der einzige Grund, weshalb ich heute abend gekommen bin, ist meine Frau hier«, sagte ich leise, »sie hat geglaubt, wir müßten euch mitteilen, daß wir heute früh geheiratet haben.«
Ich sah ihre Gesichter, ihr Mienenspiel -
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