Besser verhandeln - Das Trainingsbuch
hinein, rührte mit einem Löffel um und drehte den Selterswasserhahn wieder ab. Sie steckte eine Zigarette in den
Mund, als ich den Coke vor sie hinstellte. Ich reichte ihr ein Streichholz; während ich es hielt, tanzten Lichter in ihren Augen. »Danke, Danny.« Sie sah mich glühend an. »Nichts zu danken«, sagte ich und reichte ihr einen Strohhalm. Sie nahm ihn geziert aus meiner Hand und rührte damit langsam in ihrem Glas. »Die sollten in der U-Bahn Verkaufsstände haben, wo man einen Coke bekommt, wenn man in einer so heißen Nacht wie heute durstig ist«, sagte sie, bevor sie zu trinken begann. Ich grinste. »Das war' mir aber gar nicht recht«, sagte ich und übertrieb meinen südlichen Akzent, weil man von Barmixern allgemein annimmt, daß sie aus dem Süden stammen. »Dann bekam ich nie was von Ihnen zu sehen. <<
Sie lachte geschmeichelt und schob ihren Busen noch etwas weiter vor. Ich quittierte diese Bewegung mit dem erwarteten begehrlichen Blick, ehe ich mich am Bartisch entlang zu Jack begab. Denn das gehörte mit zu den Spielregeln. Die Mädchen, die einem am Bartisch vis-avis sitzen, erwarten es. Bei dem Leben, das sie führen, ist's ihre Art, die ersehnte Anerkennung zu finden. Romanze an einem Soda-Automaten! Für zehn Cent ist's wahrhaftig billig. »Ein Uhr vorbei«, sagte ich, »kann ich Schluß machen, Jack?« Jack sah von der Registrierkasse auf und zur Wanduhr hinüber. Er nickte, dann wanderten seine Augen sofort wieder zu dem Mädel. »Ja, Danny«, sagte er grinsend, »anscheinend sind's deine blonden Haare und die blauen Augen, auf die alle so scharf sind.« Ich winkte bescheiden ab. »Unsinn«, antwortete ich, »'s ist mein unverfälscht amerikanisches Aussehen.«
Er schüttelte den Kopf. »Ich weiß nicht, was es ist, aber von fünf Mädels, die hier reinkommen, gehn vier an mir vorbei und setzen sich in deine Abteilung. Und diese einladenden Blicke, die sie dir zuwerfen! Mensch! Ich könnt die ganze Zeit vor Neid zerspringen!« Ich grinste. »Sei nicht eifersüchtig, Jack. Vielleicht reiz ich die Bienen, aber du kriegst den Zaster!«
»Ehrlich, Danny?« fragte er, »du gibst dich mit ihnen nie ab?«
»Du kennst mich doch, Jack. Ein verheirateter Mann mit einem Kind hat keine Zeit, rumzuziehen. Außerdem hätte ich auch nicht das Geld dazu.« Im Spiegel hinter dem Bartisch sah ich jetzt wieder das Mädel. Sie lächelte mir zu, und ich erwiderte es mechanisch. »Außerdem ist's besser, sich von diesen Miezen fernzuhalten.« Er grinste wieder und sah auf seine Registrierkasse hinunter. »Ich glaub dir kein Wort«, erklärte er in freundschaftlichem Ton, »aber 's ist okay. Du kannst jetzt mit dem Aufräumen beginnen.« Ich kehrte zu meinem Bartisch zurück und schrieb den Kassenbon für das Mädel. Sofort, nachdem sie ausgetrunken hatte, ließ ich ihn vor ihr auf den Tisch fallen. »Danke, Miß.«
Ich steckte die fünf Cent ein, die sie für mich hinlegte, ehe sie von dem Barhocker kletterte, und wandte mich wieder meiner Arbeit zu. Es war ein Uhr fünfzehn, aber ich brauchte keine Uhr, um es zu wissen. Ich war völlig erschöpft. Meine Füße brannten, ich war hundemüde und mein Rücken schmerzte nach den sieben Stunden und fünfzehn Minuten, die ich seit sechs Uhr nachmittags ständig auf den Beinen gewesen war. Aber, zum Teufel, sagte ich mir, während ich die Pumpe betätigte, es ist ein Job, und in diesem Herbst 1939 erhielt man nicht so leicht eine Stellung, obwohl in Europa Krieg war. Ich mußte es wissen, denn ich hatte lange genug suchen müssen.
Fast drei Jahre, um genau zu sein. Natürlich hatte ich inzwischen verschiedene Jobs gehabt, aber sie waren nie von Dauer. Irgend etwas ereignete sich immer. Es war nicht ganz so schlimm, solange Nellie noch arbeiten konnte. Dadurch wurde es uns möglich, doch irgendwie auszukommen. Als aber Vickie kam, veränderte sich unsre Situation wesentlich. Wir waren kopfüber in etwas hineingestürzt und hatten gegen die Zeit und die Wirtschaftskrise anzukämpfen.
Ich erinnerte mich an den Tag, an dem Nellie von der Arbeit nach Hause kam und mir sagte, daß sie ein Baby erwarte. Ich mußte ein sehr komisches Gesicht gemacht haben, denn sie
streckte die Hand aus und berührte meinen Arm.
»Danny, du bist nicht sehr erfreut, was?« fragte sie, und Schmerz stand in ihren dunklen Augen. »Doch, ich freue mich«, sagte ich kurz. Sie trat näher. »Was ist's dann?«
»Ich hab mir bloß überlegt, woher wir das Geld nehmen sollen.«
»Du
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